Was haltet ihr von Leuten die versuchen Akademiker klein zu reden?

10 Antworten

Akademikerinnen und Akademiker machen ja auch nur ihre Jobs.

Ich sehe hier verschiedene Hauptprobleme.

Es gab bis vor wenigen Jahren noch weitaus strengere Grenzen zwischen Studierten und Nichtstudierten. Der familiäre Hintergrund ist bis heute die "sicherste" Voraussetzung, um selbst einen Studienabschluss zu machen oder eben auch nicht, eine Durchlässigkeit von einer "Arbeiterschicht" in eine "Akademikerschicht" war schwer bis unmöglich. Ältere Jahrgänge kennen unter den Akademikern am ehesten noch den Dorfpfarrer, den Arzt oder den Ingenieur aus der Firma, der vom Büro aus die Produkte entwickelt und Fertigungsprozesse plant. Das sind oft Jobs, die mit der "harten Lebensrealität" der Facharbeiterinnen und Facharbeiter nicht viel zu tun haben und daher "abgehoben" wirken. Es fehlt bei älteren Leuten schlichtweg das Bild von der beruflichen Tätigkeit.

Die Leute, die nicht studiert haben, wollen sich gut und in der Gesellschaft gebraucht fühlen (und haben natürlich auch ein Recht darauf, weil sie es auch sind). Ärzte, Anwälte oder Ingenieure genießen in der Gesellschaft sowieso schon ein hohes Ansehen und werden für wichtig gehalten. Oftmals wird das aber bei weniger elitären Jobs wie dem Klempner oder dem Maurer scheinbar vernachlässigt. Jemand, der eine derartige Tätigkeit macht, fühlt sich dann auch mal gezwungen, die Wichtigkeit des eigenen Berufs hervorzuheben, insbesondere wenn man mit jemandem zusammenkommt, der studiert hat.

Zu guter letzt sind handwerkliche Berufe tatsächlich etwas auf dem Rückmarsch, unter anderem dem demografischen Wandel geschuldet. Ich sehe hier aber auch eine Fehlentwicklung im Schulsystem. Haupt- und Realschulen, die früher gute Facharbeiterinnen und Facharbeiter hervorbrachten, die sich mit 30 ein Haus leisten und eine Familie ernähren konnten, bereiten ihre Schülerinnen und Schüler heute kaum noch auf richtige Berufe vor. Andererseits werden Kinder, deren Eltern noch ein bisschen was von sich halten, direkt aufs Gymnasium gestopft, obwohl sie mit einer mittleren Reife und einer Berufsausbildung ein vollkommen begabungsgerechtes, erfüllendes Erwerbsleben erwarten würde.

Was soll daran Akademiker klein reden sein? Das beschreibt doch eher was wir insgesamt als Gesellschaft brauchen. Das ist kein: "Hauptsache Doktortitel aber zu blöd eine Glühbirne reinzudrehen, typisch Akademiker, alles nur Theoretiker, die nix gebacken kriegen."

Ich denke wir haben da durchaus Probleme. Viele Leute studieren z.B. obwohl sie gar nicht in die Forschung wollen, sondern danach was praktisches machen wollen, wofür es auch eine Ausbildung gibt, weil wir das Studium teilweise als höherwertig ansehen. Damit bilden wir dann aber ein wenig am Bedarf vorbei.

Da haben wir verschiedene Probleme. In wie weit wir das Studium und die Ausbildung als Gesellschaft bewerten, als auch Eingruppierungen und das mögliche Gehalt.

Dann haben wir natürlich Themen wie Geisteswissenschaften, BWL und co. die ebenfalls massiv überlaufen sind für den realen Bedarf den wir an Leuten mit diesen Kenntnissen haben.

Gerade BWL usw. ist eh ein Thema für sich. Während wir immer produktiver geworden sind in den letzten Jahrzehnten und immer weniger Mitarbeiter brauchen um Sachen umzusetzen ist der Bereich der Verwaltung, Organisation und Management explodiert und hat sich verdreifacht.

Wir haben in Deutschland also täglich Millionen Menschen in Meetings sitzen, wo dann 10 Leute sitzen, 2 Leute sich unterhalten und der rest nix beitragen kann oder mitnehmen wird. Wären die erwähnten Bereiche so groß wie vor einigen Jahren und wir würden diese Mitarbeiter auf die restlichen Bereiche verteilen, dann wären wir btw aktuell ca. bei einer 15 Stunden Woche, während wir das gleiche produzieren wie nun.

Eigentlich ist der Mangel in einigen Berufen noch kein großes Problem. Klar die Unternehmen müssen Aufträge ablehnen und könnten sonst mehr Gewinn machen aber es ist nicht so als bleibt in Deutschland alles stehen und liegen und wichtige Arbeiten können nicht ausgeführt werden, weil es niemanden gibt, der die Arbeit machen würde, klar verschiebt sich hier und da was oder man muss eben nach einem anderen Unternehmen schauen.

Bzgl. KI. Ich denke das wird alles aktuell ordentlich überbewertet, was den Zeit Horizont angeht, wann KI wirklich Jobs ersetzt. Es wird aber definitiv produktive Leute, die sich damit auseinander setzen deutlich produktiver machen und die Schere zwischen Leuten die weniger leisten und mehr leisten auseinander reißen.

Aber die Gesellschaft wird sich schon wandeln. Wir machen immer groß Panik bei sowas, eigentlich passiert das aber alles automatisch. Klar gibt es Verlierer bei sowas, genauso wie Gewinner und viele für die sich ein wenig was ändert.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Softwareentwickler/Projektleiter seit 2012

Ich finde man sollte die Leistung von Jedem Menschen anerkennen. Egal ob Akademiker oder Handwerker. Im Endeffekt tragen wir alle zum Sozialsystem bei.

Das klingt für mich nicht nach kleinreden. Würde dem sogar zustimmen, dass nicht jeder Akademiker habe werden kann und werden sollte.

Dass man damit aber schlechtere Chancen als in handwerklichen Jobs haben soll, würde ich bestreiten, selbst nach der Entwicklung mit der künstlichen Intelligenz. Das ist aber stark von dem Studiengang abhängig. Für Japanologie würde ich das jetzt nicht unterschreiben.

Woher ich das weiß:Hobby – An dem großen Ganzen interessiert

Das eine schließt das andere nicht aus. Ich bin Druckermeister und Betriebswirt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Druckermeister und BWL Studium