Was gibt einer Geschichte Tiefe?

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Indem man nicht nur an der Oberfläche kratzt. Unvergessen bleibt das, was berührt. Um mal ein paar Dinge dazu kurz anzureißen:

Innere Konflikte statt nur äußerer Action

Oberflächlich passiert vielleicht ein Kampf, ein Verrat, eine Reise.
Aber was macht das mit den Figuren innen drin?
Was reißt sie auseinander? Welche Werte prallen aufeinander? Was fürchten sie und warum?

Naruto ist nicht tief, weil er kämpft - sondern weil wir verstehen, dass er gegen Einsamkeit kämpft, gegen Ausgrenzung, gegen sein inneres Gefühl von Wertlosigkeit.

Ambivalente Figuren

Die wirklich tiefen Geschichten haben selten glasklare Helden oder Bösewichte, sondern Figuren mit Widersprüchen.

  • Der Held tut was moralisch Fragwürdiges.
  • Der Antagonist hat nachvollziehbare Motive.
  • Die Nebenfigur wächst einem ans Herz, obwohl sie ständig Mist baut.

Je mehr Grautöne du zulässt, desto echter fühlt sich alles an - und desto länger bleibt es im Kopf.

Ein universelles Thema, das durchlebt wird

Tiefe entsteht oft, wenn eine Geschichte ein Thema wirklich durchkaut.
Nicht nur: „Liebe ist schön“, sondern: „Was bedeutet es, jemanden zu lieben, der dich zerstört?“ oder „Was macht dich aus, wenn du alles verlierst, was dich definiert hat?“

Das Thema ist wie ein roter Faden, aber nicht platt - sondern durch alle Handlungsstränge, Entscheidungen und Entwicklungen hindurch präsent.

Emotionale Wahrhaftigkeit

Lügen deine Figuren sich selbst an? Brechen sie unter Druck zusammen? Zeigen sie Schwäche?
Können Leser*innen sich denken: „Oh wow, so hab ich mich auch schon mal gefühlt“, auch wenn die Situation völlig anders ist?

Das ist Tiefe. Wenn du beim Lesen schluckst, weil es dich erwischt.

Veränderung

Nichts ist tiefgründiger als echte Transformation.

Nicht: "Sie ist am Anfang nett und am Ende auch nett."
Sondern: "Sie war überzeugt, dass Stärke bedeutet, keine Hilfe zu brauchen und hat gelernt, sich verletzlich zu zeigen."
Oder: "Er wollte Macht, aber hat verstanden, dass Kontrolle ihn nur einsam macht."

Tiefe = Entwicklung + Schmerz + Erkenntnis.

Es kommt natürlich auch immer ein bisschen auf das gewählte Genre an, aber Tiefe entsteht immer dort, wo man tiefer gräbt. Kein Schwarz-weiß-Denken, keine billigen Klischees, keine ausgemalten Schablonen.
Tiefe entsteht, wenn Figuren Dinge tun, die sie selbst nicht verstehen. Wenn Entscheidungen wehtun, aber trotzdem getroffen werden. Wenn ein Lächeln nicht Freude zeigt, sondern Verzweiflung kaschiert.

Tiefe heißt, dass der Leser nicht einfach zusieht - sondern mitleidet, mitdenkt, mitzittert.

Es heißt, dem Schmerz Raum zu geben, ohne ihn gleich aufzulösen.

Und manchmal heißt es auch, den Leser ohne Antwort zurückzulassen - aber mit einer Frage, die noch lange nachhallt.

Liebe Grüße

Woher ich das weiß:Hobby – Ich schreibe selbst / habe mich mit dem Thema viel befasst