Was empfindet ihr beim Anblick eines Gemäldes?
Hallo,
gestern hörte ich, was eine Schauspielerin im Film (Rolle: Künstlerin/Malerin) über ihre Gefühle beim Anblick eines Bildes sagte. Jetzt würde mich einmal interessieren, was reale Künstler, Kunstliebhaber empfinden. Wärt ihr so nett?
Mal mein Empfinden:
Picasso:
Ich sah damals ein Bild aus der blauen Periode. Viel Blau und empfand diese Zeichnung mit geometrischen Formen eher als irritierend.
Van Gogh:
Damals sah ich ein naives Bild (so heißt es doch?) - Bäuerinnen auf dem Feld. Es gefiel mit, weil es hell und sonnig war. Aber auch, weil es etwas darstellte, was ich kannte und verstehen konnte. Ich weiß aus Büchern und Filmen, wie es früher in der Landwirtschaft zuging und habe selbst mal beim Bauern zur Erntezeit geholfen. Diese Erinnerungen/Empfindungen kamen hoch.
Was genau sollen Gemälde bewirken? Was bewirken sie bei Euch?
Danke
5 Antworten
Das hängt von dem Kunstwerk ab, das ich gerade betrachte. Manche Kunstwerke begeistern mich in dem Moment, in dem ich sie betrachte, aber bei anderen kann es dauern, bis ich die Idee oder die Stimmung, die der Künstler vermitteln wollte, zu schätzen weiß. Ich beginne damit, die kleinsten Details zu betrachten - Pinselstriche, Farbwahl, Komposition -, dann schaue ich mir den Negativraum an, denn man kann viel lernen, wenn man Dinge betrachtet, die nicht im Mittelpunkt stehen, und dann trete ich einen Schritt zurück und sauge das gesamte Werk in mich auf. Manche Kunstwerke machen mich traurig, manche streitlustig, manche bringen mich zum Lächeln, und manche entführen mich in eine andere Welt. Ich bewundere die Fähigkeit des Künstlers, etwas zu schaffen, und ich bin dankbar, dass einige so offen sind, ihr Inneres und ihre Verarbeitung der Welt um sie herum mitzuteilen. Ich schätze die Lektionen, die ich über mich selbst oder andere lernen kann, wenn ich ein Kunstwerk aufnehme.
Bei Van Gogh empfinde ich z. B. oft eine Kombination aus 1) Freude 2) Sehnsucht 3) Wärme und 4) Trauer (angesichts seiner Geschichte). Beispiel, die Caféterrasse am Abend:
Manche Gemälde machen mir auch Lust, sofort selbst etwas zu kreieren. Schaffen, zeichnen, malen. Dann fühle ich mich fast unruhig, bis ich endlich zu meinen eigenen Materialien komme und loslege.

Frage: was genau ist ein Negativraum?
Negativer Raum in der Kunst ist der Bereich innerhalb, zwischen und um Objekte herum. Also nicht das gemalte Objekt selbst. Zum Beispiel ist der negative Raum der Bereich zwischen einer Tasse und ihrem Griff. Es ist auch der Raum zwischen einem Objekt und den Rändern der Leinwand, d.h. der Raum um ein bestimmtes Objekt.
Der negative Raum ist normalerweise der Teil des Bildes, den man gar nicht anschaut.
Das einfachste Beispiel ist das Schreiben auf Papier. Die Worte springen uns an, der Hintergrund nicht. Demnach sind Wörter positiver Raum, während der Hintergrund den negativen Raum darstellt. Bilder sind nicht anders. Sieh dir dazu das untenstehende Titelbild oben an: Der Vogel hebt sich vom Hintergrund ab. Dies macht ihn zum positivem Raum, während der verschwommene Hintergrund negativer Raum ist. Die Situation ist vergleichbar mit den Wörtern auf einem Blatt Papier. Dein Auge zielt automatisch auf den positiven Raum.
In diesem Bild ist das H durch den negativen Raum dargestellt, der durch zwei Pfeile abgegrenzt ist: https://i.pinimg.com/564x/b5/29/db/b529dba0869f4da88233c52ee161ca4f.jpg
Oder schau dir mal dieses Bild an: https://assets.pixolum.com/blog/wp-content/uploads/2019/09/negativer-raum-emotionen-800x533.webp
Da ist das Motiv deutlich die stehende Person. Aber das Bild hätte niemals den gleichen emotionalen Effekt, wenn dort nicht so wahnsinnig viel negativer Raum drum herum wäre (Nebel, weiter Himmel, auch der Boden), der Gefühle von Abgeschiedenheit, Ruhe und Einsamkeit vermittelt.
Sieh dir dazu das untenstehende Titelbild oben an: Der Vogel hebt sich vom Hintergrund ab.
Sorry, wollte das Bild mit dem Vogel einfügen, hat nicht geklappt. Aber die beiden Links reichen eigentlich eh als Beispiele!
Beim Shift mußte ich wirklich zweimal hinsehen. Hingegen beim anderen Bild ist mir Sekunden nach der Person der Wald aufgefallen.
Ich vermute einmal, dass eigene Vorlieben auch die Wahrnehung stark beeinflussen.
Erneut danke ich Dir für deine Hilfe und Mühe!
Natürlich kommt es auf das Gemälde an.
Ich male hauptsächlich Landschaften und da kann man besonders viel Symbolisches einbauen.
Traurigkeit, Melancholie, Stärke, Schutz, Freude usw.
Wahrscheinlich liegt hier mein Unverständnis. Traurigkeit bewirken wohl düstere Farben. Doch Stärke, Schutz - wie kann ich dies bei Gemälden bzw. aus Gemälden erfahren?
Das hängt immer vom ganz konkreten, einzelnen Bild ab.
Da kann ich leider keine pauschalen oder generell auf einen Künstler/Periode bezogenen Antworten geben.
Das ist mir klar. Daher habe ich ja auch zwei Beispiele gebracht. Trotzdem Danke.
Das kommt ganz auf das Gemälde an.
Ich erlebe es meist eher von der emotionalen Seite. Wenn ich ein Gemälde ansehe, dann gefällt es mir oder nicht, oder etwas dazwischen. Es kann sein, ich denke "Wow, das ist ja der Hammer!" und ich bin voll beeindruckt.
Ich betrachte es genauer und vor allem, wenn es alte Gemälde sind, bin ich beeindruckt von der an eine Fotografie grenzende Genauigkeit. Da schaue ich mir quasi jeden einzelnen Pinselstrich an.
Aber auch moderne Kunst kann mich beeindrucken, weil mir die Gesamtkomposition gefällt. Und da muss mir niemand kommen mit "Das könnte ich auch", denn das stimmt nur in der Theorie.
Hier nur ein Beispiel aus dem Kunsthaus in Zürich, das ich sehr genau betrachtet habe, weil es mich sehr beeindruckt hat:

Ah, Panini und das Innere des Petersdoms!
Panini hat Rom ja sehr verherrlicht. Das Gemälde mag ich auch sehr. Wenn man genau hinschaut, seiht man, dass der Künstler viele Figuren eingefügt hat, die selbst gerade die Architektur betrachten. Und so sind wir als Bildbetrachter quasi eingeladen, sich dieser Erkundung des riesigen Raums anzuschließen und "mit im Bild zu sein". Sehr clever. :)
Interessant, ich muss mir das wohl beim nächsten Besuch nochmals genauer zu Gemüte führen. Mittwochs ist der Eintritt dort immer kostenlos, vielleicht klappt es mal wieder.
Ich hatte auch die Wasserllilien von Monet fotografiert, aber man sieht auf dem Bild gar nicht, wie riesig das ist.
Ich rede eigentlich gar nicht darüber. Ich sage immer: "Ich kann in Bildern baden."
Deine Beschreibungen sind legitim und haben ihre Berechtigung. Ich fahre diesbezüglich niemandem über den Mund.
Ich fahre diesbezüglich niemandem über den Mund.
Falls du den Eindruck hast, dass ich das gewollt habe - nein, wollte ich nicht. Ich frage höflich nach Eurer Meinung.
Mußt du nicht. Aber warum antwortest du dann, wenn du keine wirkliche Antwort geben willst? Dies Verhalten habe ich noch nie verstanden ...
Ich schätze Meinungsfreiheit und liebe die Toleranz. Das drückte ich auch in meiner Antwort aus! Nun habe ich mich doch erklärt. Bin halt gutmütig und hilfsbereit.
Vielen, vielen Dank für deine Antwort. Ich kann zwar einiges nicht nachvollziehen, da mir scheinbar etwas fehlt (bin eher sachlich und analytisch), doch deine Antwort hilft mir, Bilder etwas besser zu verstehen bzw. die Aussagen anderer Menschen.
Frage: was genau ist ein Negativraum?