Was beinhaltet der Zeitpfeil von Stephen Hawking?

3 Antworten

Der Zeitpfeil speziell in der kurzen Geschichte der Zeit beinhaltet einen (der vielen) Irrtümer Hawkings, von dem er in den letzten Jahren immer mehr vorsichtig zurückrudert.

Hawking ist/war ein führender Verfechter des physikalischen Determinismus bzw. des Reduktionismus. Dieser gründet sich auf die klassische Physik nach Newton und Einstein. Innerhalb der klassischen Dynamik bzw. deren Gesetze ist die Zeit quasi ein geometrischer Parameter (4. Dimension). Es wird nicht zwischen Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit unterschieden. Zeit ist daher gar nicht real existent sondern kann als Illusion, als Teil eines Modells verstanden werden.

Einfaches Beispiel: Weg = Geschwindigkeit * Zeit, s = v * t.
Damit kann man sowohl den bereits zurückgelegten als auch den zukünftigen Weg berechnen, das macht keinen Unterschied.

Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltungssatz) macht Aussagen über die Menge (Quantität) von Energie.
Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik macht Aussagen über die Umwandelbarkeit (Qualität) von Energie. Demnach kann Energie nur entwertet werden. Aus wertvoller Energie (z.B. potentielle Energie, kinetische Energie u.a), die in jede beliebige andere Energieform umgewandelt werden können, wird im Laufe der Zeit wertlose Energie (Abwärme, Wärme bei Umgebungstemperatur), die in keine andere Energieform mehr umgewandelt werden kann. Dieses Phänomen, dass alle Energie letztlich in Abwärme endet und nie ein umgekehrter Vorgang möglich ist, begründet den thermodynamischen Zeitpfeil.
Dieser Zeitpfeil wird in der klassischen Dynamik (klassische Physik) weitgehend ignoriert, so auch bei Hawking, der ihn nur beiläufig der Vollständigkeit halbe erwähnt.
Die Deterministen bzw. Reduktiuonisten behaupten, der 2. Hauptsatz und der thermodynamische Zeitpfeil wären nur eine Illusion, die der "Grobkörnigkeit" des Universums geschuldet sei. Damit ist gemeint, dass letztlich unser mangelndes Detailwissen über das Universum zu Näherungslösungen zwingt und dadurch der 2. Hauptsatz "entstehen" würde. Eigentlich sei die Zeit aber immer noch eine Illusion.

Als Reduktionist behauptet Hawking auch, es müsste eine Weltformel (engl, auch TOE oder GUT) geben, nach der er suchen würde.

Nun kam aber Ilya Prigogine mit seiner Theorie Dissipativer Strukturen, für die er 1977 den Nobelpreis erhielt. Darin zeigt er, dass Deterministen/Reduktionisten wie Hawing sich irren würden, indem sie dem 2. HS den naturgesetzlichen Charakter absprechen würde. Dass der Zeitpfeil keine große Rolle spielen würde, gälte ausschließlich in der Nähe des Thermodynamischen Gleichgewichtes, also innerhalb "toter physikalischer Systeme".
Fernab des thermodynamischen Gleichgewichtes, also bei allen lebenden Systemen (dissipativen Strukturen), sei der Zeitpfeil real existent und nicht nur eine Näherungslösung. Da sei Zeit auch keine Illusion mehr sondern ganz konkret von der Entropieproduktion (sprich der Entwertung von Energie) abhängig. Der physikalische Determinismus bzw. Reduktionismus ist widerlegt, denn tatsächlich sei das physikalische Universum indeterministisch und irreduzibel.

Mit der von Prigogine behaupteten Irreduzibilität, der er auch konkret mathematisch und experimentell nachgewiesen hat, sei auch die Suche Hawkings nach der Weltformel hinfällig, da es sie aus prinzipiellen Gründen gar nicht geben könne.

Nun hat sich die Theorie Dissipativer Strukturen in der modernen Wissenschaft ganz allgemein weitgehend durchgesetzt. Hawking gehörte lange zu den "ewiggestrigen" Physikern, die nicht vom Determinismus abrücken wollten. Erst in den letzten Jahren gab er gelegentlich in Nebensätzen zu, dass der Zeitpfeil wohl doch real existent sei und er auch die Suche nach der Weltformel aufgegeben habe.

Was also in der kurzen Geschichte der Zeit steht, wird selbst von Hawking aktuell nicht mehr vollumfänglich vertreten, er hat dazugelernt.

Das Wort »Zeitpfeil« steht für die Richtung der Zeit im Sinne der Frage, welche Zeitrichtung überhaupt »vorwärts« (d.h. in Richtung dessen, was wir Zukunft nennen) ist, und vor allem, warum.
Viele Naturgesetze sind zeitsymmetrisch, etwa die Gravitation. Ein Körper, der in Vakuum hochgeworfen um beim Steigen abgebremst wird ist die exakte zeitliche Spiegeung eines fallenden und dabei Körpers.
Zeitlich asymmetrisch ist hingegen Dissipation. Ein Körper, der z. B. in Luft fällt oder steigt und dabei Energie als Wärme an seine Umgebung abgibt, oder gar einer, der aufprallt und zerbricht, hat kein zeitlich gespiegeltes Gegenstück. Das bringt Hawking auf den Begriff thermodynamischen Zeitpfeils: Vorwärts ist die Zeitrichtung, in der die Gesamt-Entropie eines geschlossen Systems zunimmt. Geordnete Strukturen entstehen dabei in offenen Systemen, die Energie niedriger Entropie aufnehmen und solche mit hoher wieder abgeben können. Zu solch geordneten Strukturen gehören auch unsere Erinnerungen, weshalb die durch den thermodynamischen Zeitpfeil als solche charakterisierte Vergangenheit auch die Zeit ist, am die wir uns erinnern können.

Bin im Moment sein Buch (eine kurze Geschichte der Zei) am lesen. Leider erst im achten Kapitel und noch nicht im neunten. Das neunte Kapitel heißt "Der Zeitpfeil". Hol Dir das Buch doch? Würde sich auf jeden Fall lohnen.

Jaoehme98 
Fragesteller
 16.06.2016, 12:33

ich habe das neunte Kapitel und verstehe es nicht. Kannst du es mir vielleicht erklären, wenn du es gelesen hast?

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sgn18blk  16.06.2016, 12:42

Ja klar, gib mir eins zwei Tage Zeit, dann werde ich antworten. Aber ich gehe davon aus, dass sich dann schon hier jemand gemeldet hat. Trotzdem kann ich nochmal antworten, mach ich gerne.

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