Warum wird in Hosea 1:2 so etwas schlimmes gesagt?

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Die Propheten der Bibel waren nicht nur Redner, die Gottes Urteile und Weisungen weitergaben, sondern sie mussten manchmal auch Schauspieler sein, um Gottes Willen zu demonstrieren. Hosea musste nun Gottes Erleben mit dem untreuen Volk Israel bildlich darstellen, indem er eine permanente Ehebrecherin heiraten musste als Gleichnis dafür, was Israel für Gott war. Israel ist sozusagen Gottes Ehefrau, die aber anderen Götzen nachhurt und Gott beleidigt. Dieses Bild würden die Israeliten verstehen und hoffentlich viele zur Umkehr zum Gott Israels bringen.

Im Walvoord-Bibelkommentar steht dazu:

"Am Beginn der Wirksamkeit Hoseas befahl der Herr ihm, eine ehebrecherische Frau zu heiraten. Dieses Verhältnis, das durch die Untreue auf seiten der Frau gekennzeichnet ist, sollte die Untreue Israels gegenüber dessen Bundesverhältnis mit dem Herrn deutlich machen (vgl. Hos 2,4-25). Hosea war diesem Befehl Gottes gehorsam und heiratete Gomer, eine Tochter von Diblajim.

Die Umstände der Heirat Hoseas haben schon zu vielen Diskussionen geführt. Manche Ausleger glauben, daß diese Ehe nur visionär oder allegorisch, nicht aber tatsächlich zu verstehen sei. Auf diese Weise möchte man der angeblichen moralischen Schwierigkeit eines heiligen Gottes, der seinem Diener befiehlt, eine Frau zu heiraten, die als Ehebrecherin verrufen ist, aus dem Wege gehen. Aber der Bericht in Hosea ist durch und durch Erzählung, kein Bericht einer Vision oder eines rein symbolischen Aktes (vgl. Hos 3). Der Herr hat manchmal von seinen Propheten verlangt, Dinge zu tun, die viele als jenseits ihrer Aufgaben und Verpflichtungen ansehen würden (vgl. z. B. Jes 20,1-4; Hes 4,1- Hes 5,4).

Die Ausleger, die von einer wörtlich zu verstehenden Ehe ausgehen, sind sich nicht einig darüber, welchen Status Gomer hatte, bevor Hosea sie heiratete. Manche glauben, daß Gomer eine P*ostituierte gewesen sei, bevor sie heiratete. Eine Modifikation dieser Sicht ist, daß sie eine typische junge Israelitin war, die an einem kanaanitischen Ritus der sexuellen Einweihung in der Vorbereitung auf die Ehe teilgenommen hatte (Wolff, Hosea, S. 14-15). Andere denken, daß Gomer vor ihrer Eheschließung sexuell rein gewesen sei, später aber zur H*re wurde. Das Buch Hosea selbst gibt uns nicht genügend Informationen über die vorehelichen sexuellen Verhältnisse Gomers. Der Ausdruck "ehebrecherische Frau" (wörtl.: "Frau des Ehebruches") beschreibt nicht ihren Zustand zu Beginn der Ehe, sondern charakterisiert ihre Untreue. Wir können also über den Zustand Gomers bei ihrer Eheschließung nichts aussagen.

Sowohl die Sprache von Hos 1,2 als auch der folgende Kontext schließen sich hier an. Der Ausdruck ist anderen hebräischen Formulierungen ähnlich, die von dem Charakter einer verheirateten Frau reden (z. B. "Frau seiner Jugend", "eine zänkische Frau" [wörtl.: "eine Frau des Zankes"], "eine Frau von edlem Charakter"; zu diesen und anderen Beispielen siehe Francis I. Andersen und David Noel Freedman, Hosea: A New Translation, Introduction and Commentary, S. 159). Das hebräische Wort z+nUnIm (hier übers.: "ehebrecherisch") spricht an anderen Stellen im Buch Hosea von Israels Tun unter dem Bild einer verheirateten Frau (vgl. Hos 2,4.6; 4,12; 5,4). Auch der folgende Kontext (Hos 1,2 b; Hos 2,4-3,5) redet von der Untreue, die sowohl von der Ehefrau des Herrn als auch der Hoseas gilt, nicht von dem, was die Bräute vor ihrer Ehe getan haben. Der Befehl des Herrn sollte also vermutlich so verstanden werden: "Geh und nimm dir eine Frau, die sich als untreu erweisen wird."

Der Herr sagte Hosea auch, daß er sich Kinder der Untreue nehmen solle. Hier ist nicht von Kindern die Rede, die Gomer vor ihrer Ehe mit Hosea von einem anderen Mann bekommen hätte. Der hebräische Ausdruck ist elliptisch, wobei das zweite Verb ausgefallen ist. Der Befehl könnte so umschrieben werden: "Geh, nimm dir eine ehebrecherische Frau und habe mit ihr Kinder der Untreue." Die Kinder sind die in Hos 1,3-9 erwähnten. "Untreue" muß nicht unbedingt bedeuten, daß sie die Folgen des ehebrecherischen Tuns von Gomer sind. Daß Hosea in Vers 6 und 8 nicht ausdrücklich als Vater erwähnt ist, macht diesen Schluß noch nicht zwingend. In 1Mo 29,32-35 wird der gleiche Ausdruck, der in Hos 1,6.8 erscheint ("sie empfing wieder und gebar"), ebenfalls ohne Erwähnung des Vaters (Jakob) benutzt, da er durch den Kontext als Vater eindeutig identifiziert ist (wie bei Hosea, V. 3; vgl. Andersen und Freedman, Hosea, S. 168). "Kinder der Untreue" kann auch einfach bedeuten, daß sie in dem Gesamtzusammenhang (aber nicht als direkte Folge) der Untreue Gomers geboren wurden. Es geht bei diesem Ausdruck um den Charakter der Mutter, nicht um den der Kinder. Andersen und Freedman verstehen ihn elliptisch: "Kinder (von einer Frau) der Untreue" (Hosea, S. 168). Er ist anderen hebräische Formulierungen ähnlich, in denen der Ausdruck im wesentlichen den Charakter der Eltern, nicht den der Kinder, meint (vgl. b+nL hann+ZUrIm, wörtl.: "Söhne der Jugend", d. h. "Söhne, die jungen Eltern geboren wurden"; Ps 127,4; und ben z+qVnIm, wörtl.: "Sohn des Alters", d. h. "ein Sohn, der alten Eltern geboren wurde"; 1Mo 37,3).

In Hos 1,2 ist das Land, das für die, die in ihm leben, steht (vgl. Hos 4,1), als Frau personifiziert, die schuldig der niederträchtigsten H*rerei ist. Dieser hebräische Ausdruck ist sehr betont. Er macht das Ausmaß deutlich, mit dem sich Israel von dem HERRN entfernt hat."