Warum können die neuen Flagschiff Handys besser Nacht fotografieren als mein?

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Das mit den Farbwerten bei Fotokameras habe ich so noch nie gehört, bist du dir da wirklich sicher? Denn am Ende kann das Foto sowieso nur als RGB (Red Green Blue) dargestellt werden. Gelb wäre eigentlich nur bei YMCK für Printdesign nötig. „Super Spektrum“ klingt für mich eher nach einem Marketingname für einen Farbraum, der in manchen Bereichen, wenn überhaupt, mehr Farben darstellt.

Nicht desto trotz werden Nachtaufnahmen nicht durch bessere Farbräume oder andere Farbinterpretationen besser, sondern bei Handy Kameras vor allem durch Post Processing mit geschickten Aufnahmen. Die Möglichkeit, alleine durch den Sensor bessere Fotos bei Dunkelheit zu machen, erfordert massive Innovationen, die sich für die Handyhersteller nicht wirklich lohnen. Man bedenke zusätzlich, dass die Handylinse extrem klein ist und dort nur wenig Licht hineinfällt. Somit ist die Blendenzahl schon geringer und alles automatisch deutlich dunkler.

Zum Überlisten der Physik wird sich dabei einigen Tricks beholfen: Jedes Mal, wenn du ein Foto machst, wird im Hintergrund nicht nur ein Foto, sondern ganz viele mit unterschiedlichen Einstellungen gemacht. So kann man zum Beispiel eine Aufnahme mit geringer Belichtungszeit, aber dadurch scharfe Kanten dank neuronalen Netzen mit einem Foto mit langer Belichtungszeit, dadurch aber unscharfen Kanten, intelligent kombinieren und neu zusammensetzen. Deshalb hilft es auch gerade bei schlechtem Licht, das Handy einige Sekunden vor, als auch nach dem Auslösen noch möglichst still zu halten. Zusätzlich können neuere Smartphones für die Kanten außerdem auch Leidar Scans mit einbeziehen, die unabhängig von der Helligkeit Ergebnisse liefern. Insgesamt werden also sehr viele Optimierungen intern betrieben, die das Bild am Ende besser machen, als es sonst jemals normal aus der Kamera kommen könnte.

Die ISO ist übrigens die Lichtempfindlichkeit eines Sensors. Es gibt 3 große Werte, die die Helligkeit von Bildern beeinflussen. Man kann sich die drei auch als Superhelden vorstellen, sie haben jeweils Stärken und Schwächen bzw. Nebeneffekte. Möchtest du bei Dunkelheit möglichst viel Licht aufnehmen, kannst du die Blende weiter öffnen (Verschlussöffnung in der Linse, im Handy allerdings fest verbaut). Dadurch wird das Bild heller und der unfokussierte Bereich gleichzeitig auch unschärfer. Das hat einen künstlerischen Effekt, die Handylinsen sind für den allerdings viel zu klein, deshalb wird bei Potraits Modi die Unschärfe künstlich über maschinelles Lernen hineingerechnet. Die kleine Blende von Handy Kameras ist also im Vergleich zu großen Kameras sehr winzig und macht deshalb deutlich dunklere Bilder. Zum Ausgleich kann man die Verschlusszeit erhöhen, wie lange Licht nach dem Auslösen auf den Sensor trifft. Dadurch wird das Bild heller, allerdings verwackelt man zwangsläufig auch mit der stillsten Hand ab ca. 1/120s oder länger. In dunklen Situationen bleibt einem dann nur noch die Möglichkeit, für mehr Licht die ISO zu erhöhen. Dadurch wird das Bild heller, weil der Sensor an sich mehr Licht aufnimmt, jedoch ist dieser somit auch anfälliger für Störungen, also Bildrauschen. Das verschlechtert die Bildqualität deutlich. Je höher die ISO, desto mehr Bildqualität geht also verloren. Deshalb spielt es auch nicht eine Rolle, wie hoch die ISO deines Sensors sein kann, sondern wie viel Bildrauschen er bei welchem ISO-Wert hat und wie gut verschiedene Bilder mit unterschiedlichen Einstellungen zu einem guten Bild kombiniert werden können.

Woher ich das weiß:Hobby