Warum gibt es cis/trans - Isomerie bei Cycloalkanen?

indiachinacook  20.07.2022, 16:05

Was meinst Du? Bei Cycloalkanen gibt es keine cis/trans-Isomerie, dazu würdest Du mindestens zwei zusätzliche Substituenten (oder evtl. eine Doppelbindung) brauchen.

2 Antworten

Von Experte LeBonyt bestätigt

Also, Du redest nicht von Cycloalkanen, sondern von substituierten Cycloalkanen. Die­se Art der Isomerie kann nur auftreten, wenn ein Cycloalkan mindestens zwei Sub­sti­tuenten trägt.

Cyclopropan C₃H₆ ist planar in dem Sinn, daß alle Ringatome in einer Ebene liegen (durch drei Punkte kann man ja immer eine Ebene zeichnen). Drei der Wasserstoff­atome liegen über dieser Ebene, die drei anderen drunter. Da die beiden Seiten des Ringes aber gleichwertig sind, sind immer noch alle sechs H-Atome äquivalent.

Wenn Du ein H-Atom durch Cl (oder CH₃ oder sonstwas ersetzt), dann spielt es keine Rolle, auf welcher Seite Du den Substituenten anbringst. Aber dieser Substituent teilt nun die verbleibenden 5 H-Atome in zwei Gruppen: Zwei, die auf derselben Seite wie der Substituent stehen (cis), und drei auf der anderen Seite (trans).

Für einen zweiten Substituenten an einem anderen C-Atom gibt es also zwei Möglich­keiten, welches H-Atom er ersetzt, und daher existieren zwei Isomere von z.B. 1,2-Dichlorcyclopropan: Eines davon hat beide Substituenten auf derselben Seite (trans), und es weist eine Spiegelebene zwischen den beiden substituierten C-Atomen auf (es ist also achiral, Punktgruppe Cₛ). Das andere hat die Substituenten auf verschiedenen Seiten des Ringes; es ist chiral (Punktgruppe C₂) und kommt daher zusätzlich noch in zwei Enantiomeren vor.

(Hättest Du zwei verschiedene Substituenten, dann wäre auch das trans-Isomer chi­ral und käme in Form eines Enantiomerenpaares vor)

Für höhere Ringgrößen ist die Sache grundsätzlich gleich; die Ringe selbst sind zwar nichtplanar und beweglich (es gibt äquatoriale und axiale Positionen), aber das spielt für die cis/trans-Isomerie keine Rolle: Diese Beweglichkeit der Ringe kann zwar äqua­to­riale und axiale Positionen durcheinanderwürfeln, aber nichts an den Positionen ober­­halb und unterhalb des Ringes verändern. Deshalb kann man sich in diesem Zu­sam­­men­hang die Ringe immer als planar vorstellen, wie es z.B. in der Kohlenhydrat­che­mie auch oft gezeichnet wird.

Es gibt auch eine andere Möglichkeit, sich das ganze zu veranschaulichen, und zwar über absolute Konfigurationen: trans entspricht dann einer R,S-Konfiguration (oder S,R, aber bei gleichen Substituenten ist das natürlich dasselbe). Beim cis-Isomer liegt dagegen entweder S,S oder R,R vor, daher sind diese Biester immer chiral.

Die zweite Vorstellung ist etwas komplizierter, aber beantwortet sofort die Frage, war­um Konformationsänderungen und Drehungen um Einfachbindungen nichts an der cis/trans-Isomerie ändern können: Die absolute Konfiguration ist ja eine geome­trische Eigenschaft eines einzelnen C-Atoms und niemals durch Molekülbewegungen zu ver­än­dern (dazu müßte man ja ein C-Atom planarisieren, und das geht nicht).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
BernetS 
Fragesteller
 20.07.2022, 16:38

Deine Antwort sind jedes Mal super nützlich , danke vielmals!

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Denke einmal über die Bedeutung des Wortes "Cyclo-" nach.

m.f.G.

anwesende

BernetS 
Fragesteller
 20.07.2022, 16:38

Sorry, habe mich falsch ausgedrückt!

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