Warum existiert das Gefühl von Langeweile überhaupt und warum fällt es uns so schwer, zu warten und/oder den Moment wahrlich zu genießen?
Schon ewig hatte ich das Gefühl von Langeweile nicht mehr verspürt. Jetzt, wo ich das Abitur erfolgreich absolviert habe, kommt sie wieder und verfestigt sich zunehmend, aber schleichend in meinen Alltag. Eigentlich ist Langeweile etwas, das hauptsächlich nur in der westlichen Welt vorkommt. Im Osten, vor allem in Indien und Orten, in denen der Buddhismus und Hinduismus gelehrt wird, ist man sich bewusst, dass Langeweile nicht für sich an besteht, sondern nur für uns. Warten wird dort als heilig angesehen, im Prinzip wird die ''Langeweile'' genossen. Ich frage mich, wie es hier so weit kommen konnte. Wie gern würde ich nur da sitzen und den Moment genießen, nichts tun, still sein, aber ich kann es einfach nicht. Nachdem ich meine Pflichten morgens routinemäßig erledige, packe ich meistens viel Essen, Bücher, Stift & Papier etc. in den Rucksack, um an den See zu fahren und sich die Zeit freiwillig und genüsslich zu vertreiben, aber wenn ich dann erst einmal angekommen bin, sitze ich da und verspüre plötzlich ein seltsames Gefühl von Unbehagen. Ich rühre nichts von den mitgebrachten Sachen an, obwohl ich es gerne wollen würde. Ich schaffe es mich nicht zu freuen, über die Tatsache, dass ich am See sitze und das tun kann, was ich will. Die meisten Leute würden das wohl als Urlaub bezeichnen. Das Gefühl von Unbehagen ist so stark, dass ich mir wünsche wieder heim zu sein und meinen Routinen nachzugehen. Ich habe das Gefühl, in diesen Sachen mehr aufzugehen als in meiner eigentlichen Freizeit. Das ist sehr schade, früher war das noch nicht so, ich erinnere mich noch gut an diese Zeiten. Vielleicht liegt es daran, dass ich kein Ziel mehr wie das Abitur habe, außer mich ''selbst zu finden'', aber da komme ich auch nicht wirklich voran. Vielleicht hilft auch Meditation und Sport, und ich muss ehrlich sagen: In den Momenten, in denen ich meditiere, fühle ich das Gegenteil von Unbehagen, ich fühle mich bewusst präsent und verspüre etwas sehr wertvolles, was mich in etwas großem Ganzen einordnet. Es fällt mir nur unglaublich schwer diesen Prozess des Meditierens einzuleiten. Ich würde es gerne öfter tun, still sein, die ''Langeweile genießen'', aber gewisse unbekannte Matrixstrukturen halten mich davon ab, obwohl ich ganz genau weiß: das ist das Richtige für dich ist und das führt dich wieder zu deiner Mitte. Ich hoffe ich konnte euch mein ''erste-Welt-Problem'' nahelegen. Wie entkomme ich den künstlichen Matrixstrukturen, die mich davon abhalten, das zu tun, was ich wirklich im tiefsten Innern will? Warum werde ich nicht mehr glücklich oder fühle mich unerfüllt bei eigentlich genussvollen Freizeitbeschäftigungen? Was ist das für ein Unbehagen und woher kommt es? Warum wird das Warten in unserer Gesellschaft als so lästig empfunden? (...) Im Prinzip geht es immer um den gleichen Kern, ich könnte etliche Fragen formulieren zu dem Thema. Ich hoffe ihr habt nette Denkanstöße für mich und die Welt, und bedanke mich schon einmal im voraus! Liebe Grüße
3 Antworten
Ich habe etwas psychologisches und spirituelles Wissen und Erfahrungen erworben und versuche eine hilfreiche Antwort zu geben.
Ich glaube, was du beschreibst ist für uns hier im Westen normal. Warum sonst daddeln so viele Menschen in jeder freien Minute mit ihrem Handy 'rum oder lassen sich mit Musik volldröhnen anstatt das Nichtstun zu genießen? Die Antwort ist wohl: Weil sie das Nichtstun nicht genießen können. Wenn es keine starken äußeren Reize gibt, ist man mit sich selbst konfrontiert, und wenn im eigenen Geistbewusstsein Unfrieden ist, fühlt man sich unbehaglich. Ablenkung davon, wie z. B. der Berufsalltag, kann angenehmer sein als mit den "Gespenstern" im eigenen Geist konfrontiert zu sein. Die "Gespenster" kommen oftmals aus dem Unbewussten, es ist uns häufig nicht bewusst, dass wir nicht im Hier und Jetzt verweilen, sondern das jetzige Erleben durch unsere psychischen Konditionierungen beeinträchtigt ist. Spirituelle Lehrer sagen, wenn wir ganz im Hier und Jetzt sind, wären wir glücklich.
Mein Qi Gong-Lehrer hatte einmal einen Erleuchteten aus Fernost hier zu Gast und er war einmal in unserer Qi Gong-Gruppe. Das war eine sehr interessante Erfahrung für mich. Er sagte u. a., das Erste was er nach seinem "Wake Up" erkannte war: "Es gibt kein Problem!"
Sport wird meiner Meinung nach als angenehm empfunden, weil das Denken dabei zur Ruhe kommt, man ist mehr im Hier und Jetzt, im Körper verankert, und fühlt sich deshalb wohler.
Was fängt man am Besten mit seiner freien Zeit an, solange man noch nicht erleuchtet ist? Die "Normalos" in unserer westlichen Gesellschaft sorgen für Sinnesfreuden, (Essen, Sex, Musikhören usw.), starke äußere Reize, z. B. mit Krimis, und andere Arten um das Ego zu befriedigen, z. B. durch lästernde Gespräche über Andere. Spirituelle Menschen haben es schwerer, Zufriedenheit zu finden. Auf jeden Fall ist es ratsam, sich einer praktizierenden Gruppe anzuschließen, die sich wöchentlich trifft. Ich bin Buddhist und kann zur Gruppensuche diesen Link empfehlen: www.buddhismus-deutschland.de Unter dem Menüpunkt SERVICE gibt's die Möglichkeit zur GRUPPENSUCHE und VERANSTALTUNGSSUCHE. (Wenn ich etwas aus meiner Erfahrung hinzufügen darf: http://intersein.de)
Auch andere Methoden sind der Persönlichkeitsentwicklung dienlich. Als Beispiel fällt mir Qi Gong oder Tai Chi ein.
Vielleicht hattest du am See nicht die "richtigen" Bücher dabei? Kennst du das Buch Jetzt! von Eckart Tolle? Oder "Lebendig durch Achtsamkeit" aus dem Waldhaus Verlag?


Der Mensch ist zum Menschen geworden nicht durch herumsitzen, sondern weil er seine Existenz durch seine Hände Arbeit erhalten musste. Da kam keine Langeweile auf. Und Arbeit bedeutet, für Andere etwas zu schaffen oder sich selbst und etwas dafür zu empfangen. Stell Dir also eine Aufgabe, hilf anderen Menschen ohne nach dem Verdienst zu fragen und Du wirst innerlich wieder aufgebaut. Wenn Du nur für Dich etwas tun willst, geh in die Volkshochschule und belege einen Kurs, der Dich interessiert.
Ein Psychologe hatte mir einmal erklärt: "Das Herz ist die Quelle für wahre Liebe. Die Quelle muss fließen, sonst verstopft sie." Wenn beim Nichtstun Unbehagen auftritt, ist die Quelle zu der Zeit offenbar verstopft. Wie kann man sie wieder zum Fließen bringen? Ein meditativer Weg ist z. B. die Metta-Meditation, - unbedingt beginnend mit metta für sich selbst, sonst wird das nichts.
Eine weitere Möglichkeit ist, etwas Gutes zu tun, für Andere zu sorgen. Ich hatte mal eingehütet, dabei Gartenarbeit gemacht und 2 Katzen betreut. Nach diesen 2 Wochen Aktivurlaub fühlte ich mich erholter als nach einem Faulenzurlaub. Erfüllende Erfahrungen habe ich auch mit einem Besuchsdienst gemacht, als ich 1x wöchentlich eine alte blinde Frau in einem Wohnheim besuchte, um ihr dort für ein paar Stunden Gesellschaft zu leisten.
Findest du solche u. ä. Aktivitäten, die von Herzen kommen, interessant? Wäre das eine Alternative zum Sich-am-See-unbehaglich-fühlen? ;-) Ich weiß, das hat nicht mehr direkt etwas mit deiner Frage zu tun, aber vielleicht findest du Gefallen daran? Im Netz gibt's mehrere Freiwilligenportale, z. B. www.betterplace.org. In vielen Städten gibt es Freiwilligenagenturen, die Ehrenämter vermitteln. Eine Sterbebegleitung wäre auch etwas Ehrenvolles, dafür bekommt man vorher sogar eine Ausbildung. Aber ich höre jetzt auf, jeder findet seinen Weg.