Warum hat das Wort Chemnitz diese Schreibweise?

3 Antworten

Nach allem was ich weiß, ist der Name von einer slavischen Wurzel ‘Stein’ abgeleitet, z.B. makedonisch камен kamen ‘Stein’. In diesem Fall ist es leicht möglich, daß die Zweite Lautverschiebung k→ch hier Anwendung fand und das Wort im Deutschen wirklich als [xemnit͡s] oder so ähnlich ausgesprochen wurde. Im Frühneuhoch­deutschen wurden die meisten dieser Fälle wieder auf k zurückgebogen, und vielleicht hat man im Fall von Chemnitz die alte Schreibung aus Tradition beibehalten, obwohl sie nicht mehr zur Aussprache paßte.

Diese Rücknahme der zweiten Lautverschiebung trat sehr häufig ein, und normaler­weise merkt man das nicht. Solche Fälle erkennt man aber daran, daß sie sowohl im Englischen als auch im Deutschen [k] haben, z.B. König/king oder kann/can. Im Mittel­alter wurden diese Wörter in manchen Regionen bzw. Dialekten mit ch geschrieben und vermutlich auch mit [x] ge­spro­chen. Ein Beispiel aus dem Nibelungenlied (Hand­schrift A):

ich wilz sus versvehen, ob ich ertwingen chan
dich mir ce einem gisel;
ich will es so versuchen, ob ich erzwingen kann
dich mir zu einer Geisel (das Wort war im Mittelhochdeutschen maskulin)
so will ich es so versuchen, ob ich dich zwingen kann
dich mir als Geisel zu ergeben

In dieser Strophe aus Handschrift C haben wir eine riesige Menge an ch-Schreibungen

Ze Giselher cherte Wolfhart in den strit.
do slvch ir ietweder vil manige wunden wit.
so rehte chreftichliche er zv dem chunige dranch,
daz imz blvt vndern fvzen al vbers hobet spranch.
Zu Giselher kehrte sich Wolfhart in dem Streit
da schlug jeder viele manche Wunden weit
so recht und kräftigst er zu dem König drang
daß ihm das Blut unter den Füßen all übers Haupt sprang
Dann wandte sich Wolfhart im Kampf Giselher zu
und sie schlugen einander große Wunden
so ungestüm und stark drang er auf den König ein
daß das Blut unter seinen Füßen auf seinen Kopf spritzte

Diese mittelalterlichen ch-Schreibungen waren nicht sonderlich normiert; in Hand­schrift A steht an dieser Stelle zv dem kunige, also ‘König’ mit k statt ch. Vermutlich war die Zweite Lautverschiebung k→ch in manche Dialekte vorgedrungen und in an­dere nicht, und jeder Schreiber wählte irgendeine Mischung aus Aussprachen aus verschiedenen Dialekten.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

MinusDrei651  28.03.2025, 17:15
Im Mittel­alter wurden diese Wörter in manchen Regionen bzw. Dialekten mit ch geschrieben und vermutlich auch mit [x] ge­spro­chen

Im Alemannischen ist es nach wie vor so.

Ich müsste nun meine Sprache genau checken (wobei ich bei weitem nicht mehr so im tiefen Alemannisch drin bin) aber ich vermute jedes k am Silbenanfang ist ein CH

îchuufe - einkaufen (ei = î, k = ch, au = (langes) u (uu), -en (Endung) = e)

Können = chenne

Kann = chá

Gekommen = g'chumme /g'cho'

Jedoch muss man nochmal zwischen den CH unterscheiden. Beide Arten werden im allemanischen im Rachen gebildet nicht wie im Standard-Deutschen, das CH des I Typs mit der Zunge.

Es gibt also 2 verschiedene Rachen CH

Einfach mal I A I A I A mit dem Rachen-CH "fauchen" dann kommt schon das richtige i-CH ^^ oder versuchen "ich" mit einem a-ch sprechen und dann Wechseln zwischen ich und ach

Witt dü it e Weng usm Loch uus chumme, said's Chatzli züer d'Muus im Huus. Lierb abba dumm said s'Dierli: "I chumm!" Un chuum ischs g'cho', do hët's Chratzli schu' d'Muus g'no'.
Caymary 
Beitragsersteller
 28.03.2025, 14:18

Vielen Dank! Das ist eine sehr logische Erklärung.

Bei Cham in Bayern oder Chur in der Schweiz ist es auch so. Irgendwann wurde es wohl erstmals verbindlich so geschrieben und dabei blieb es.

Der Name leitet sich zwar vom altsorbischen ab, jedoch wohnten dort nicht nur Altsorben, so dass sie den Namen ihrem eigenen Sprachgebrauch anpassten.