Verstaatlichung der Betriebe in der DDR?

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Von Druckmitteln kann man da nicht reden.

Das System selbst war so ausgelegt, dass der Staat, nicht die Wirtschaft, das Sagen hatte und mit Gründung der DDR, also eines sozialistischen Staates, auch die Betriebe verstaatlicht wurden.

Das war der gewollte Unterschied zum kapitalistischen System. Mit der Möglichkeit des Eingreifens durch den Staat wollte man ausufernden Reichtum vermeiden und mehr Gerechtigkeit gewährleisten.

Viele, die dagegen waren und viel zu verlieren hatten, sind in den Westen gegangen. Andere sind geblieben und haben die Verstaatlichung akzeptiert.

Trotzdem gab es in begrenztem Rahmen selbständige kleine Betriebe, wie private Friseure, Bäckereien, Drogerien, auch Handwerksbetriebe, kleine Dienstleistungsbetriebe mit einigen Mitarbeitern, um vor Ort die Bevölkerung schneller versorgen zu können.

nonentity  15.01.2011, 14:07

Ergänzung:

In dem VORORT der Stadt im Osten, in der ich lebe, gab es zu DDR-Zeiten 4 private Bäcker, 3 private Fleischer, 4 private Friseure, 2 private Drogerien, 1 private Arztpraxis, 2 Schuhmacherwerkstätten, 2 private Schneiderwerkstätten, 1 Dienstleistungseinrichtung, 1 privaten Kürschner (Pelzverarbeitung)...

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Es gab verschiedene Verstaatlichungsschwerpunkte. Als erstes wurden Firmen von Nazis und Kriegsverbrechern enteignet und teilweise auch zu Reparationszwecken gegnüber der Sowjetunion verwendet, danach ging es mit größeren Unternehmen weiter. Den Abschluß fand die Verstaatlichung mit dem "sozialistischen Frühling" in der Kleinindustrie 1972. Danach gab es nur noch Genossenschaften (in der Landwirtschaft und im Handwerk) und Volkseigene Betriebe. Privatbetriebe durften nur noch sehr wenige Beschaftigte haben, 3 oder 6, das weiß ich nicht mehr genau. Diesen Verstaatlichungen lagen Staatsratsbeschlüsse zu Grunde, also politische Entscheidungen. Viele ehemalige Betriebsinhaber haben in ihren "eigenen" Betrieben nach der Verstaatlichung noch als Betriebs- oder Produktionsleiter weitergearbeitet, das ist manch einem sehr schwer gefallen. Dieser Prozess war übrigens auch insofern schrittweise, dass Ende? der 60er Jahre die Privatbetriebe eine staatliche Beteiligung akzeptieren mußten. Es wurden auch ökonomische Hebel eingesetzt. So hatten VEB einen besseren Zugang zu Rohstoffen, durften bessere Löhne zahlen, hatten deshalb evtl. bessere Arbeitskräfte, wurden nicht so extrem besteuert, konnten also bessere soziale Bedingungen für ihre Mitarbeiter schaffen. In der Landwirtschaft fand der sozialistische Frühling 1960 statt, da wurden die noch privat wirtschaftenden Bauern durch extreme Agitation und auch mit Hinweisen auf evtl. Repressalien zum Eintritt in die LPG-en gezwungen. Übrigens gab es in der Landwirtschaft auch Volkseigene Betriebe und Volkseigene Güter. Die Güter waren normale Landwirtschaftsbetriebe, die VEB eher reine Massenproduktionsbetriebe, z.b. Mastbetriebe für Schweine.

Und ob es Druck gab. Dieser Staat konnte das ganze Leben zerstören.

Es blieben nur manchmal ganz kleine Betriebe wie ein Bäcker oder ein Fleischer. Unser Friseursalon war zwar im Haus der Frau, lief aber über die staatliche PGH. Der Dorfkonsum war staalich.

Ein paar private Handwerker gab es, das waren aber viel zu wenige. Die Warteschlangen waren extrem lang, man musste erstmal an die rankommen, und dann gab es auch noch die Materialknappheit.

Bereits 1945 wurde in der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, eine Bodenreform durchgeführt. Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und allgemein Betrieben mit mehr als 100 Hektar wurde entschädigungslos der Grundbesitz weg genommen. Auch viele hochprofitable Betriebe wurden im Rahmen von enteignet und in Staatseigentum überführt. In diesen Fällen benötigte man keine "Druckmittel", es wurde einfach das neue Gesetz angewendet. So entstand das Volkseigentum . http://www.aus-der-ddr.de/artikel/dasvolkseigentumverteidigen-aid_141.html

Enteignung durch den Staat ist übrigens auch heute noch möglich. Im März 2009 wurde das Rettungsübernahmegesetz beschlossen, nach dem die Enteignung von Banken möglich ist, wenn ein drohender Bankrott eine Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes darstellt.

Wie andere Schreiber schon sagten: Es wurde nicht alles verstaatlicht. Gerade kleine Betriebe blieben privat, die Einverleibung und Verwaltung hätte sich nicht gerechnet. Der Verwaltungsaufwand, 100 kleine Bäcker in Leipzig zentral zu "organisieren", war ohne Datenverarbeitung und telekommunikativ vernetzte Bäcker wohl nicht zu realisieren.

Großbetriebe wurden bereits unter der Besatzungsmacht verstaatlicht. Kleinere Betriebe (mit höchstens 100 Angestellten) erst 1972. Damals lief eine ganze Verstaatlichungswelle. Die ehemaligen Besitzer wurden dann als Betriebsdirektoren angestellt. Und aus Namen wie "Schneider & Berger" wurde dann "VEB Getränkekombinat" oder so ähnlich.

Nur kleine Handwerksbetriebe oder Händler durften weiterhin privat bleiben.