Theologische Unterschiede zwischen orthodoxem und katholischem Christentum?

2 Antworten

Die Glaubenslehre beider Kirchen hat die Bibel, mündliche Überlieferungen sowie Traditionen beziehungsweise Dogmen als Grundlage. Es kommt jeweils das Nicäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis zur Anwendung, in der katholischen Kirche teils auch das apostolische.

Theologisch bestehen wenig Unterschiede zwischen den beiden Kirchen: Beide glauben an einen dreifaltigen Gott (Vater, Sohn und Heiliger Geist) sowie die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. In beiden Kirchen spielt die Gottesmutter Maria eine wichtige Rolle. Die Praxis der Heiligenverehrung in orthodoxer und katholischer Kirche insgesamt weist geringe Unterschiede auf.

In der orthodoxen Kirche sind Ikonen fester Bestandteil des Glaubens, die Gotteshäuser verfügen meist über eine Ikonostase. Damit ist eine Wand gemeint, an der Ikonen angebracht sind und eine Unterteilung zwischen Altarraum und Kirchenschiff herstellt. In der römisch-katholischen Kirche werden auch Statuen und lebensnahe Gemälde ausgestellt.

In der katholischen Kirche erfolgt seit 1969 die Messe in der jeweiligen Landessprache. Die Predigt nimmt eine zentrale Bedeutung ein. In der orthodoxen Kirche ist die Bedeutung der Predigt vergleichsweise weniger groß. Neben Lesungen aus der Bibel ist wegen der Ikonen der visuelle Aspekt wichtiger Bestandteil des orthodoxen Gottesdienstes.

In katholischen Kirchen werden Musikinstrumente im Gottesdienst benutzt, in den Orthodoxen Kirchen wird nur gesungen. Ist auch irgendwie theologisch begründet, ich hab aber vergessen warum.

An der Spitze der katholischen Kirche steht der Papst als Oberhaupt, er ist der Bischof des Bistums Rom. Das leiten die Katholiken aus der Bibel ab.

In der orthodoxen Kirche gibt es mehrere Patriarchen, die dem Bischofskollegium vorstehen und offiziell “Erste unter Gleichen” (primus inter pares) sind. Nur Männer können das Priesteramt ausüben – dies ist eine Parallele zur katholischen Kirche.

Im Großen und Ganzen sind die religiösen Vorstellungen ähnlich. Detailunterschiede gibt es zum Beispiel bei der Auffassung der Beichte, oder der Menge der Sakramente. Oder was beim Abendmahl ganz genau passiert.

Aber es ist nichts völlig Grundlegendes strittig. Gläubige beider Konfessionen dürfen im Urlaub oder in Sondersituationen zur jeweils anderen Fraktion. Solange sie normal in ihrer Heimatgemeinde zum Gottesdienst gehen. Wobei da die Katholiken lockerer sind. Die Orthodoxen sehen fremdgehen immer noch nicht wirklich gerne.

RStroh  30.10.2022, 23:04

Danke für die verständliche Ausführung.

0

Einen wichtigen theologischer Streitpunkt hast du ja schon genannt. Ein weiterer ist das sogenannte filioque (=und aus dem Sohn). Das ist ein Zusatz, den katholische und evangelische Christen an einer Stelle dem Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel hinzufügen. Dort heißt es: "Ich glaube an den Heiligen Geist, der [...] aus dem Vater (und dem Sohn) hervorgeht". Das filioque war in der ursprünglichen Textfassung nicht enthalten, hat sich jedoch in der katholischen Kirche durchgesetzt. Orthodoxe Christen lehnen es hingegen ab.