Staaten Westeuropas mit dem Deutschen Reich vergleichen?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es kommt auf die Zeit und Gesichtspunkte, auf die sich der Vergleich bezieht, an.

Ich schreibe ohne Anspruch auf erschöpfende Behandlung einen Versuch.

Herrschaftsanspruch:

Das Heilige Römische Reich war nach einem im Mittellader verwurzelten ideellen Herrschaftsanspruch das größte europäische Imperium (Reich) und gottgewollt. Der deutsche König galt darin in der Nachfolge von Herrscher der Franken (wie Karl der Große, der an das antike römische Kaisertum anknüpfte und sich 800 in Rom vom Papst krönen ließ, obwohl es noch ein Kaisertum des Oströmischen Reiches/Byzantinischen Reiches gab) als Herrscher über das Deutsche Reich, Burgund und Reichsitalien als einzig berechtigter Anwärter auf die Kaiserkrone. Es gab eine Kaiserkrönung durch den Papst, zum letzten Mal 1530. Im Kaisertitel stecke ein universaler Anspruch auf Führung über die gesamte Christenheit und eine Vorrangstellung. Anspruch und Wirklichkeit lagen aber weit auseinander.

Die Könige westeuropäischer Staaten wie Frankreich, England und Spanien verstanden sich auch als Vorkämpfer der Christenheit und ihre Herrschaft als gottgewollt. Sie hatten aber keinen universalen Anspruch und wurden nicht vom Papst gekrönt.

innere Geschlossenheit:

Bei Frankreich, England und Spanien war die innere Geschlossenheit deutlich größer als beim Heiligen Römischen Reich.

Das Heilige Römische Reich war in eine Vielzahl von Einzelstaaten unterschiedlicher Größe mit eigenständiger Herrschaft aufgeteilt, deren Gebiet in manchen Fällen über mehrere Gegenden zerstreut und daher nicht zusammenhängend war.

Art der Monarchie:

In Frankreich, England und Spanien gab es Erbmonarchie mit innerhalb ihrer Staaten in ihrem Anspruch auf Königsherrschaft kaum umstrittenen Herrscherfamilien (Dynastien), im Heiligen Römischen Reich Wahlmonarchie mit König und Kaiser als von Kurfürsten gewähltem Herrscher, wobei zwar ab 1438 fast immer jemand aus der Familie der Habsburger gewählt wurde, aber auch jemand aus einer anderen Familie gewählt wurde und Zugeständnisse an die Kurfürsten günstig erschienen konnten (z. B. hatte Kaiser Karl V. 1519 als Hauptkonkurrenzen König Franz. I, von Frankreich gehabt, auch König Heinrich VIII. bewarb sich und ein Kurfürst, Herzog Friedrich III. von Sachsen, war zeitweilig vorgeschlagen worden, Karl hatte rund 850000 Gulden an die Kurfürsten zahlen lassen, wovon die Handelsfamilie Fugger den größten Einzelbetrag aufbrachte).

moderne Staatlichkeit:

In den Staaten Westeuropas entstand ein institutioneller Flächenstaat. Das königliche Herrschaftssystem wirkte in einem geschlossenen Territorium (einem zusammenhängenden Gebiet) durch eigene Institutionen und Beamte, die nach seinen Vorgaben Rechtsprechung und Steuererhebung ausübten und Gehorsam erzwingen konnten.

Im Heiligen Römischen Reich kam diese Entwicklung nicht dem Gesamtstaat und seinem Herrscher zugute. Viele Fürsten haben innerhalb des lockeren Organisationsrahmen des Heiligen Römischen Reich eigene Territorialstaaten entwickelt und die moderne Staatlichkeit (institutioneller Flächenstaat) hat vor allem ihrer Macht genützt. Als Landesherren haben sie eine Landesherrschaft aufgebaut und langfristig vielfach die Macht der Landstände zurückgedrängt.

Macht der Zentralgewalt:

Im Heiligen Römischen Reich war die Macht der Zentralgewalt gegenüber den Teilen ziemlich beschränkt. Die Könige/Kaiser hatten im Verlauf des Mittelalters gegenüber den Fürsten an Macht verloren. Es gab einen Dualismus (sich gegenüberstehende Zweiheit) von Königtum/Kaisertum und Fürsten/Reichsständen. Ein König/Kaiser war stark auf seine Hausmacht angewiesen. Um sich im Gesamtreich eine gut funktionierende Zentralgewalt durchzusetzen, war ein Mitwirken der Fürsten/Reichsstände nötig. Denn der König/Kaiser besaß keine eigenständigen Machtmittel, um Reichsangelegenheiten zu regeln. Versuche zur Stärkung der Zentralgewalt brachten in dieser Hinsicht wenig Erfolg. Die Erhebung einer Reichssteuer wurde bald aufgegeben.

In den Staaten Westeuropas wie Frankreich, England und Spanien hatten die Herrscher große Macht über den Gesamtstaat. Sie konnten in ihm einen militärischen und bürokratischen Machtapparat aufbauen. Die Zentralgewalt hatte wirksame eigenständige Machtmittel und war verhältnismäßig wenig auf die Mitwirkung von Teilgewalten angewiesen.

ahsar2 
Fragesteller
 21.01.2021, 15:19

Vielen Dank! Bezieht sich diese Antwort auf den Informationtext?

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Albrecht  21.01.2021, 15:22
@ahsar2

Ja, sie bezieht sich darauf. Bei den einzelnen Angaben sind auch einige Tatsachen hinzugefügt, z. B. zur Kaiserwahl 1519.

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ahsar2 
Fragesteller
 21.01.2021, 15:34
@Albrecht

Okay, vielen lieben Dank!😊

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Deine Karte zeigt aber nicht das Deutsche Reich, sondern das heilige römische Reich deutscher Nation.

Es gab damals eine Ständegesellschaft mit Fürstentümern und freien Städten. Der König/Kaiser war damals meist ein Wanderkönig, d.h. er ritt von Pfalz zu Pfalz um sein Reich zu kontrollieren. Meist wurde er von den Fürsten gewählt, aber es etablierten sich Herrschaftsfamilien heraus, wie z.B. die Karolinger, die viele Könige stellten.

Ich finde die von der Leyen könnte auch mal ruhig durch ihre Länder reiten (muss ja nicht unbedingt auf dem Pferd sein) und sich überall sehen lassen! Die Briten sind der ja schon durchgegangen! Das kommt davon!

Der Deutsche Nationalstaat entstand erst sehr spät 1871.

Vorher waren es kleine Einzelstaaten welche sich dann unter Führung des Militärstaates Preussen zusammengeschlossen haben, Ader Staaten wie Frankreich od Russland waren schon lange Nationalstaaten ein Sonderfall war die Dopplmonarchie Österreich - Ungarn

ahsar2 
Fragesteller
 20.01.2021, 22:14

Naja, ich sollte Aspekte nennen😅

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Schlauerfuchs  20.01.2021, 22:15
@ahsar2

Vor 1871 und auch auf der Karte war es ein Loser Staatenverbund.

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