Sicherungstechnik Toprope?

3 Antworten

Die meisten Kletterhallen machen einen Kurs zur Pflicht oder zumindest einen Sachkundenachweis. Das ist auch gut so, weil an einer korrekten Sicherung das Leben deines Kletterpartners hängt.

Sichern ist zwar nicht schwer, wenn du es ein paar mal richtig gemacht hast, sitzt es schon im Blut, aber es ist immer was anderes, etwas gezeigt zu bekommen als es in der Theorie zu sehen und dann auf eigene Faust auszuprobieren, als die ersten wichtigen male durch jemanden begleitet zu werden. Es gibt kleine aber wichtige Details wie die Handposition, zu nah am Sicherungsgerät ist gefährlich, da sie beim Ruck ins Gerät gezogen werden kann, zu weit weg unhandlich.

Außerdem ist das hohe Gewicht, das auf einemal an einem zieht, sehr gewöhnungsbedürftig, gerade das Ablassen ist ein kritischer Moment, den man erst mal unter Aufsicht erlernen sollte, um nicht zu schnell und zu viel Seil auszugeben. Ist die Bremse beim Ausgeben erst mal vollständig gelöst, fängst du das so schnell auch nicht mehr ein.

Zum Thema Sichern generell, damit du schon mal grob weißt, was auf dich zukommt:

Es gibt zwei Arten anerkannter Anseilknoten: Den doppelten Achterknoten und den doppelten Bulin. Manche machen auch den Bulin 1.5. Man lässt einen Partner normal nicht klettern ohne den Knoten kontrolliert zu haben (Partnercheck). Der Bulin 1.5 ist sehr schlecht zu kontrollieren, der doppelte Bulin auch nicht unbedingt schön, der doppelte Achterknoten mit seinem einfachen Knotenbild wird daher immer noch am liebsten genommen, auch wenn er nach ein paar Stürzen ins Seil nur noch schwer (aber immer doch wieder) aufgeht. Dieser Knoten und die Merkregeln zur Kontrolle (Aussehen, Restseil das oben rausgucken muss) sind zu erlernen.

Die Regeln des Partnerchecks sind zu erlernen. Beide kontrollieren, gerade wenn frisch angezogen, ob der Gurt beim jeweils anderen sitzt, Kletterer kontrolliert Sicherungsgerät des Sicherers, Sicherer kontrolliert Knoten des Kletterers.

Es gibt vier Arten Sicherungsgeräte: Abseilachter, Tuber, Hybride und Halbautomaten.

Abseilachter sind aufgrund der schlechten Bremswirkung und des großen Fehlbedienungspotentials (da die Öse sehr groß ist, kann der Achter den Karabiner verdrehen und sich über die Hülse des Karabiners stülpen. Quer ist die Bruchlast des Karabiners kleiner, an der Hülse nahezu nicht mehr vorhanden). Der DAV akzeptiert den Abseilachter nicht mehr als Sicherungsgerät und rät von der Benutzung ab. Die Bedienung ist aber genau wie bei jedem anderen Gerät, sollte die Halle mit Abseilachtern unterrichten, kannst du guten Gewissens danach selbst einen Tuber kaufen und den genauso benutzen.

Tuber wie der Black Diamond ATC sind sicherer und eigentlich der Standard. Da Tuber aber nicht vollständig blockieren und immer eine kurze, nicht gebremste Phase haben (beim Anheben des Seiles zum Nachziehen) rät der DAV mittlerweile zu kaum teureren Hybriden wie dem Edelrid Megajul, Mammut Smart oder CT Click Up. Das sind Tuber, bei denen das Seil bei starkem Zug in eine Kerbe läuft und dort blockiert. Der Vorteil dieser Geräte ist, dass sie selbst falschrum eingelegt funktionieren, ein Tuber bremst weniger aber noch genug, ein Hybrid kann nicht mehr blockieren, bremst aber noch wie ein Tuber.

Halbautomaten wie Petzl Grigri oder Edelrid Eddy blockieren mit Hilfe einer Mechanik und haben daher einen Ablasshebel. Das Seil nachziehen geht genauso wie bei einem Tuber, das Ausgeben später im Vorstieg ist etwas friemelig und bietet viel Potential für Fehler. Daher würde ich als Anfänger keinen der recht teuren Halbautomaten mehr nehmen. Wird das Seil falschrum eingelegt, bremst ein Halbautomat zudem fast garnicht mehr.

Fazit: Am Besten fang mit einem Tuber an, dann hast du auch das Gefühl für die Kräfte. Für etwas mehr Bequemlichkeit und Extra Sicherheit dann auf einen Hybriden wechseln.

Was die Sicherungstechnik angeht:

Du hälst das Seil mit beiden Händen. Oben ist nur die Führungshand. Die würde bei einem Sturz nichts gehalten bekommen. Unten ist die Sicherungshand die das reduzierte Gewicht hinter dem Sicherungsgerät trägt. Die Sicherungshand ist immer die, mit der du arbeitest, also rechts für Rechtshänder und links für Linkshänder.

Bei allen Geräten ist das Nachziehen gleich: Die Führungshand gibt Seil ins Gerät, die Sicherungshand zieht unten raus.

Jetzt gibt es zwei Philosophien, wie du deine Sicherungshand wieder nach oben bekommst: Umgreifen oder Tunneln. Beides ist nicht falsch.

Beim Umgreifen geht die Führungshand nach unten und greift unter dem Gerät, wird also zur temporären neuen Sicherungshand. Die Sicherungshand lässt los und greift nach oben.

Beim Tunneln bleiben beide Hände, wo sie sind. Die Sicherungshand öffnet sich leicht, hält das Seil aber permanent im Griff. Nie ganz loslassen! Das "Seil wegwerfen und fangen" beobachtet man leider immer noch ab und zu, ist aber eine der gefährlichsten Spielarten, die man machen kann. Die Sicherungshand fährt dann leicht geöffnet am Seil hoch.

Verfechter des Umgreifens sagen, dass beim Umgreifen immer eine Hand fest am Seil unterm Sicherungsgerät ist. Allerdings lauert beim Umgreifen die Gefahr, das Seil kurzzeitig komplett zu verlieren, wenn man in der Hektik daneben greift und man muss aufgrund des langen Prozesses immer viel Seil nachziehen, was heißt, dass die "geöffnete" Position, also Seil unterm Gerät hochgenommen und somit weniger Bremswirkung, immer relativ lange dauert. Halte das Seil nie länger als nötig hoch, also umgreifen nicht oben, sondern mit nach unten gezogenem Seil.

Die Bedenken, dass du beim Tunneln das Seil mit der Sicherungshand locker lässt, die viele Umgreifer äußern, kann ich dir in sofern nehmen, als dass du das Seil ja immer im Griff hast. Da du mit nach untem gezogenen Seil und somit mit hoher Bremswirkung des Gerätes tunnelst, hast du immer etwas Bremswirkung und kannst bei einem Sturz des Kletterers genau während des Tunnelns die Hand schnell schließen. Der Sturz ist dann etwas "dynamischer" (also mehr Fallweg aber weicher gebremst), was viele Kletterer ohnehin lieber haben als kurz aber abrupt ins Seil zu fallen. Dafür ist der Moment des Nachziehens, in der ein Tuber schlechter bremst, kürzer, da man beim Tunneln öfter, schneller aber dafür kürzere Mengen Seil nachzieht, in Summe aber genauso viel wenn nicht effektiv (falls bei einem Speedkletterer erforderlich) sogar mehr Seil als bei den Nachzugpausen beim Umgreifen. Die Gefahr, das Seil zu verlieren, ist kleiner als beim Umgreifen. Falls du mal sehr viel Seil nachgezogen hast, ist Tunneln allerdings unhandlich, da du mit der Hand um viel Schlappseil fahren musst, deshalb ist es immer gut, auch umgreifen zu können, um schnell wieder nach oben zu kommen.

Ein weiterer Vorteil des Tunnelns ist, dass später im Vorstieg Ausgeben und Einholen/Nachziehen des Seils mit einem Tuber oder Hybrid identische Bewegungen nur jeweils in die andere Richtung sind

Der DAV empfiehlt zwischenzeitig das Tunneln und macht es sogar zur Pflicht für werdende Trainer die jetzt ihren DAV-Klettertrainer-Schein absoliveren. In einigen Hallen in Holland, habe ich mir sagen lassen, ist Tunneln jedoch verboten. Warum auch immer, vielleicht neigen Holländer noch mehr zum Seil wegwerfen und fangen, die Flachländler haben ja ohnehin ein merkwürdiges Verhältnis zum Alpinsport, wie man auch an der spöttischen Bezeichnung der österreichischen Höhenrettung für einen typischen Skiurlaub der Holländer merkt: "Holländischer Triathlon: Mit dem Auto in die Berge, auf Ski gegen den Baum, mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus".

Beide Techniken sind richtig und auch das Umgreifen wurde mal so vom DAV gelehrt. Also nicht den Trainer gleich korrigieren, wenn er umgreift. Es ist sicher und völlig legitim. Dass der DAV mittlerweile Tunneln favorisiert, liegt daran, dass das Bessere immer des Guten Feind ist.

So viel als theoretische Bonus-Beigabe zur Optimierung, aber da es wichtig ist, das alles mal gefühlt zu haben und auch unter Aufsicht ein wenig berichtigt werden zu können (und ein Partner der es einem am Boden zeigt aber dann selbst klettert, kann einen eben nicht mehr am Boden korrigieren, während er an der Wand hängt) würde ich im Sinne der Sicherheit zu einem Kurs der Halle (mit halleneigenem Trainer) oder einer Trainingsveranstaltung wie einem Klettertreff des DAV (mit DAV-Trainern) raten. Am Ende des Kurses sitzt es.

Wenn der Freund Erfahrung darin hat und man es irgendwo sicher üben kann sehe ich kein Problem. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis niemanden der dafür einen Kurs besucht hätte.

Funduro490 
Fragesteller
 11.01.2018, 08:49

Danke!

Ich würde auf jeden fall noch zwischen Indoor und Outdoor unterscheiden. Oft ist nicht immer ein Toprope vorhanden (auch in Hallen nicht). Dann wird eine gewisse Sicherheit beim Umsetzer der Sicherungstechnik sehr wichtig. Wenn du nicht das Gefühl hast dass dein Kumpel das zu 10000 Prozent im Blut hat dann besuch besser einen Kurs es ist schließlich dein oder sein Leben das im Seil hängt.

Funduro490 
Fragesteller
 11.01.2018, 20:35

Gutes Argument. Danke für die Antwort

Sebi1112  12.01.2018, 07:37

Als Mitglied beim Alpenverein gibt es auch tolle und günstigere Angebote um sowas zu erlernen