Schach: 2000er Rating in 2 Jahren glaubwürdig?
Im Internet stößt man auf viele Spieler, die behaupten, als blutige Anfänger innerhalb von 2 Jahren und weniger ein chess.com rating von 2000 zu erreichen. Auf Youtube kann man sich ihre Ratschläge und Tipps zu den optimalen Trainingsmethoden ansehen.
Ist das realistisch oder muss man davon ausgehen, dass es sich um Cheater handelt?
Hier ein Beispiel eines solches Spielers.
5 Antworten
2000er Niveau auf Chess.com ist nicht so schwer. Ich denke, dass ich das auch schaffen könnte wenn ich online ernst spielen würde. In OTB schlage ich oft auch Leute die über 2200 auf chess.com haben.
Das gezeigte Beispiel ist glaubwürdig. Die Person löst viele Puzzles, sie zahlt für ihr Vorankommen und hat eine Gewinn-Rate von 50%. Nur 6,1% ihrer Niederlagen beruhen auf Zeitüberschreitung. Die Genauigkeit ist meist unter 80%. Ich kann keinerlei Hinweise erkennen, dass die Person schummelt.
Ich bin darunter. Ich spiele seit über 40 Jahren Schach, mit langen Pausen dazwischen. Es gab nur wenige kurze Zeitperioden, wo ich mich wirklich dahinterklemmte, besser zu werden.
Weil mir das Talent für gutes Schachspiel fehlt, ist kein Grund, anderen zu unterstellen, dass sie genauso blöd sind wie ich.
Den Leuten stehen dieser Tage enorme Ressourcen zur Verfügung, wie sie sich verbessern können. Davon könnte ich meinerzeit nur träumen. Einige der heutigen Kids sind tatsächlich sehr talentiert und lernfähig. So, nochmals: Das gezeigte Profil enthält nicht die geringsten Hinweise auf Cheating.
Noch ein Beispiel aus meiner jüngsten Spielpraxis. Ich spielte als Gast gegen einen anderen Gast, Rating unbekannt. Mein Gegner wählte eine Variante der sizilianischen Verteidigung, die man normalerweise erst bei Spielern mit einem Rating oberhalb von 2000 findet. Ich antwortete mit dem Portsmouth-Gambit und setzte ihn in 14 Zügen Matt. Mein Spiel beruhte ausschließlich auf Eröffnungs-Vorbereitung. Kein einziger Zug entsprang meinem eigenen Denken. Macht mich das zu einem 2000+ Spieler? Nein! Es zeigt aber, welche Erfolge man mitunter allein schon dadurch verbuchen kann, dass man sich des neusten Schreis in Sachen Eröffnungstricks bedient. Es gibt Mengenweise davon im Internet. Wenn man solchen Kenntnissen durch Taktik-Aufgaben ein vernünftiges Fundament gibt – für den Fall, dass der Gegner nicht in die Fallen tappt – und sich allgemein dahinter klemmt, sein Spiel zu verbessern, kann ein Profil wie von dir verlinkt, sehr wohl auf ehrliche Weise zustande kommen.
Ich habe die Frage gestellt, da ich durch Zufall mehrere solcher YT-Channels entdeckt habe, mit reißerischen Video-Titeln wie "How I accidently got a 2000 rating". Zu diesen Videos mit kometenhaften Aufstieg gibt es dann verschiedene Videos in denen sie Tipps geben um das nachzumachen. Aber niemand von denen hat eine offizielle Wertungszahl und Klarnamen gibt es auch nicht.
Dem gegenüber stehen Schachspieler mit Fidetiteln, Klarnamen und offiziellem Rating. Dort heißt es, jemand der in 2 Jahren als Erwachsener auf 2000 kommt ist entweder ein absolutes Ausnahmetalent oder ein Betrüger.
Ich tendiere letzteren zu glauben. Selbst einschätzen kann ich es jedoch nicht, da ich keine Vorstellung davon habe, was es für ein 2000er Rating braucht.
Das Beispiel was ich verlinkt habe finde ich schon sehr extrem in der Entwicklung. Schau dir mal die Zeitachse an:
In der Phase von 750-1000 braucht sie etwa 5-6 Monate(03/21-08/21) für 250 Elo. Sie steigert sich danach kontinuierlich und bleibt über Monate im Bereich 1300. Ganz normal bis dahin. Aber dann gehts los: Ab 03/22 explodiert ihre Elo von Monat zu Monat und sie erreicht am 09/22 schon 1850 Elo. Für die letzte Phase 1750-2000 braucht sie gerade mal halb so lange wie die ersten 250 Punkte. Sollte es nicht der Anfang sein indem das Rating schnell steigt?
Und jetzt kommt das faszinierenste Nachdem sie im Februar23 ihre 2001 Elo erreicht und vorher Noch jeden Monat problemlos 100 Punkte draufladen kommt - hört sie plötzlich auf. Hätte sie bis März gespielt wäre sie rein rechnerich wohl dann 2100 gewesen.
Aber ab 2000 gründet ihren Youtube Channel und macht ab hier nurnoch Videos, spielen tut sie garnicht mehr.
Jetzt stellt sich für mich die Frage, sind solche Aufstiege möglich? Lohnt es sich die Zeit in deren Trainingskonzepte zu stecken?
Dass oder ob sich jemand von der Wertungszahl her im Schach verbessert – egal ob schnell oder langsam oder ruckartig – ist überhaupt kein Kriterium für Cheating. Kriterien bzw. Hinweise für Cheating (auf lange Sicht) sind:
1. Fast alle oder alle Partien der Person weisen eine Genauigkeit von deutlich über 90 Prozent auf.
2. Die Person gewinnt fast alle Partien. (Bei IMs und GMs wäre auch dies kein Hinweis auf Cheating)
3. Falls die Person verliert, verliert sie auf Zeit.
Für einzelne Partien wäre konstante Bedenkzeit für jeden Zug ein starker Hinweis auf Cheating. Dann gäbe es noch Computer-Züge versus menschliche Züge als Hinweis auf Cheater. Diese beiden Punkte hatte ich mir nicht angeschaut. Ich glaube auch nicht, dass dies nötig ist, denn mit obigen Punkten 1 bis 3 ist die Sache praktisch klar: Die Person betrügt nicht.
Plötzlich aufzuhören ist ebenfalls kein Hinweis auf Cheating. Sobald sich jemand zum Beispiel mit der Komposition von Schachproblemen oder Studien befasst, geht das Interesse an selbst gespielten praktischen Partien gewöhnlich stark zurück. Es könnte weitere Gründe geben, wie etwa, dass die Person glaubt, den Zenit ihres Könnens erreicht zu haben und weiß Gott was sonst noch.
Ja, vereinzelt gibt es Schach-YouTuber, die einfach nur Kacke erzählen. Meide solche Kanäle einfach. Als Erwachsener in 2 Jahren vom Schach-Neuling zu einem 2000er-Rating zu gelangen, halte auch ich für unrealistisch. Hinzu kommt, dass die meisten NIE ein Rating von 2000 (Fide-Elo) erreichen, selbst wenn sie als Kind angefangen haben und Mitglied eines Schach-Klubs sind.
Auf der anderen Seite gibt es sehr wohl legitime Beispiele dafür, wie sich Leute plötzlich sehr schnell sehr stark verbessern. GM Igor Smirnov beschreibt hier seinen eigenen Werdegang. How I Went From 1600 to 2260 Chess Rating in 1 Year - YouTube Ich glaube, man sollte sich jeweils den Einzelfall anschauen und nach Prüfung der verfügbaren Fakten abwägen, ob die Person einen womöglich verarscht oder tatsächlich nützliche Tipps gibt.
Es kann ja nicht alles gleichzeitig richtig sein ;-) Endweder ist es realistisch und machbar oder es wird massivst betrogen um auf Youtube den Erklärbar zu machen.
Ich habe gerade noch den YT-Kanal dieser Spielerin gefunden (Kamryn) und in ihr Video „How I Accidentally Went from 0-200 in Chess in 2 Years“ hineingehört. Was sie sagt, klingt für mich total authentisch und ehrlich. Nicht der geringste Hinweis, dass sie ihre Abonnenten veräppeln will. Ich glaube, du interpretierst da etwas in ihre Videos hinein, was sie niemals gesagt hat. Zunächst: Sie spricht ausschließlich von sich selbst. Ferner: Sie erwähnt mit keinem Wort, dass auch du die 2000 erreichen wirst, wenn du es genauso machst wie sie.
Ich sehe das Video bestenfalls als Anregung für andere, die sich verbessern wollen, ohne den Anspruch zu erheben, dass diese Anregungen für andere tatsächlich funktionieren. Rein objektiv gesehen, sagte sie aber nicht einmal das (dass dies eine Anregung für andere sein solle). Es handelt sich um ehrlichen, aufrichtigen YT-Content, um andere Leute zu unterhalten, mehr nicht.
Es gibt andere YT-Kanäle über Schach, welche die Zuschauer tatsächlich nach Strich und Faden verarschen. Dieser gehört nicht dazu.
PS: Wenn du dich in Sachen Schach mal so richtig mit Bullshit einlullen lassen willst, empfehle ich den YT-Kanal von KaspaChess. Bei Video-Titeln wie „Punishing the London System with no mercy“ oder seiner Begeisterung dafür, einen Turm und zwei Leichtfiguren herzugeben, nur um die Dame des Gegners einzufangen (um nur 2 Beispiele zu nennen), ist ein Absturz deiner Rating-Punkte nach Anschauen der Videos fast schon garantiert.
Ach ja: Viele Schach-Kanäle dienen vorrangig der Unterhaltung, wenngleich man bei den meisten auch etwas lernen kann. Wenn du nach Kanälen suchst, die vorrangig darauf abzielen, Schach zu lehren (nicht lediglich zu unterhalten), empfehle ich die Kanäle
TheBigGreek (Grundlagen)
JanistanTV (Eröffnungen – nur die sehr seriösen Eröffnungen, Jan ist kein Freund von billigen Trick)
Daniel Naroditsky (jeder Aspekt des Schachs)
RemoteChessAcademy (Spezialisiert auf halbwegs solide Gambits und Eröffnungstricks für Blitz und Bullet sowie allgemeine Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene)
Das wäre außergewöhnlich.
Um Cheater nicht, eher um Aufschneider.
Mit besten Grüßen
gregor443
Interessant ist, dass der Spieler keine Herausforderungen annimmt - insofern ist eine Ratingmanipulation über Mehrfachanmeldungen durchaus möglich. Die Plattformen haben aber recht gute Erkennungsalgorithmen für Cheater. Man wird sehen, was aus dem Spieler wird.
Sie hat 15.000 Abonennten und ihre Videos teilweise fast ne halbe million Klicks. Ich geh davon aus, dass so jemand die Herausforderungsfunktion abstellen muss um nicht täglich unzählige Anfragen zu bekommen.
Das kann ich nachvollziehen.
Die Ratings auf den Onlineplattformen sind aber nur sehr bedingt vergleichbar mit Ratings im offiziellen Schach.
Insofern kann ich mir vorstellen, dass über gewisse Trainingseinheiten und ausgewählte Gegnerschaft da schon ein Rating geschaffen werden kann, was herausragt.
Wenn die junge Dame so gut ist, schau dir doch mal die Partien von ihr an ... und vor allen Dingen: gegen wen
Ein Chess.com Rating dürfte schon machbar sein in 2 Jahren wenn wenn man in de Zeit halt wirklich trainiert und nicht einfach nur spielt.
Wenn man dann einfach Grindet dürfte das schon zu erreichen sein.
Danke für deine Meinung. Bist du selbst auch auf dem Niveau oder drüber? Wie lang hast du dafür gebraucht?