Nonverbale Autisten?

5 Antworten

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Könnten sie immer einfach sprechen, würden sie das auch machen, denke ich.

Manche Menschen mit Autismus haben auch eine kindliche Sprachapraxie, eine neurologische Störung, die die gesprochene Sprache extrem erschwert. Aber die meisten nonverbalen Personen im Autismus-Spektrum haben keine Apraxie; sie sprechen einfach nicht.

http://medde.org/nonverbalen-autismus-verstehen

Ebenso kann es vorkommen, dass ein:e Autist:in zwar normalerweise redet, aber hier und da mal sprachlos wird.
Also keinen Ton rausbekommt, obwohl er:sie etwas sagen will.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema
kiniro  16.05.2023, 19:06

Danke fürs Sternchen :)

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HououinKyouma42  11.07.2023, 07:27

"Könnten sie immer einfach sprechen, würden sie das auch machen, denke ich"

Ich habe mal gehört, dass es auch Autisten gibt, die einfach nicht reden wollen, weil sie den Sinn darin nicht sehen. Wenn ich in etwas den Sinn nicht sehe, dann will ich es meistens auch nicht tun...

Allerdings ist das natürlich vielleicht auch nur eine andere Sichtweise.

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Da ich selber nicht non-verbal bin, kann ich dazu nicht viel sagen. Es ist auch ein Unterschied, ob man generell non-verbal ist oder ob man z.B. als Autist in sehr stressigen Situationen die Fähigkeit des Sprechens verliert.

Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, da es mir das letzte Mal vor über 10 Jahren passiert ist. Es kann auftreten, wenn ein Autist (oder eine Autistin, natürlich) sich überfordert fühlt, wenn zu viele Reize auf ihn/ihr einprasseln, wenn zu viele Dinge sich ändern, ohne dass die Person sie vorhersehen konnte etc. pp.

In diesem Fall ist es nicht so, dass wir nicht sprechen wollen, sondern wir können es nicht. Meistens sind wir während solchen Phasen in einem Shutdown. (Hier ein Link dazu: https://www.autismparentingmagazine.com/manage-autism-shutdown/ ) Da kann es auch sein, dass wir Fähigkeiten wie Sprechen (auf Fragen antworten) und Bewegen plötzlich "verlieren". Sie kommen dann irgendwann wieder - Aber wie lange man in dieser - so nenne ich das jetzt mal - "Shutdownphase" ist, ist bei jedem unterschiedlich. Tatsächlich kann es sogar möglich sein, dass so eine Phase mehrere Tage andauert. Ich denke, dann sprechen manche von uns nicht, weil es für uns viel zu überstimulierend ist. Wir haben sowieso Schwierigkeiten damit, Reize zu verarbeiten, da unser Gehirn alles ungefiltert aufnimmt (obgleich es nicht bei jedem gleich ist - manche nehmen auch zu wenig wahr, was auch wieder Probleme mit sich bringt) und wenn wir Sprechen, gibt das noch mehr Reize ab. Wir hören, was wir sagen, wir spüren unsere Zunge in unserem Mund, unsere Zähne, die Bewegungen unseres Mundes, wie sich bestimmte Buchstaben im Hals etc. anfühlen - Das alles sind Reize.

Nun zu non-verbalem Autismus: Dazu kann ich am wenigsten selber schreiben. Ich denke, du solltest wirklich non-verbale Autisten direkt fragen. Entweder direkt, falls du welche in deinem näheren Umfeld kennst, oder übers Internet. Einige können ja auch schriftlich ganz gut kommunizieren. Allerdings habe ich zwei Links rausgesucht, die das ganz gut zu erklären scheinen.

1. https://www.verywellhealth.com/what-is-nonverbal-autism-260032

2. https://www.healthline.com/health/autism/nonverbal-autism#diagnosis

Ein paar Auszüge aus dem 1. Artikel:

Nonverbal autism isn't an actual diagnosis. It's a term used for a subgroup of people with autism spectrum disorder (ASD) who never learn to speak more than a few words. An estimated 25-35% of children with ASD are considered nonverbal
(...)
Some people with nonverbal autism do develop the ability to use a few words in a meaningful manner but are unable to carry on any kind of significant conversation For example, they may say "car" to mean "let's go for a ride," but would not be able to answer the question "where should we go?"
Some have the ability to speak but lack the ability to use language in a meaningful way. They may " echo" scripts from television or expressions they've been taught by therapists. Instead of using these scripts to communicate ideas or desires, they seem to use "scripting" as a way to calm themselves.
(...) quite a few nonverbal people on the spectrum can and do choose to communicate using American Sign Language, picture cards, and a range of digital tools.

Auszüge aus dem 2. Artikel:

When an autistic person doesn’t speak, it’s known as nonspeaking autism. You may also see it described as nonverbal autism. However, the term  nonverbal isn’t completely accurate, since it means “without words.”
Even if an autistic person is nonspeaking, they may still use words in other ways (such as in writing). They may also understand the words that are spoken to them or that they overhear.
(...)
The primary symptom of nonspeaking autism is being unable to speak clearly or without interference.
There are several reasons for this. It may be because they have  apraxia of speech, a disorder that affects certain brain pathways. It can interfere with a person’s ability to say what they want correctly.
Some autistic kids may also have  echolalia, which causes them to repeat words or phrases over and over. It can make communication difficult.

Was ich noch bezüglich des 2. Links anmerken möchte, nur um sicherzugehen und weil ich es gerade sehe: "behavioral interventions" - was sie dort ansprechen - ist generell weit umstritten in der Autismus-Community und kann, nachgewiesenermaßen, Negativfolgen für das autistische Kind haben. Die kontroverseste Therapie, aus guten Gründen, ist die Applied Behavior Analysis Therapy (ABA) - Eine Form der "intervention therapy". Wenn du auf Google im englischsprachigen Raum suchst, wirst du genügend Erklärungen finden. Ich fand es nur wichtig, das zu erwähnen, weil die Seite das einfach so unter "What are the support options?" geschrieben hat und ich wollte nicht, dass irgendjemand, der meine Antwort liest und sich den Artikel bis dahin durchgelesen hat, daraus mitnimmt, dass "intervention therapy" gut ist, wenn es um Autismus geht.

Übrigens, weil in den Tags auch "Kinder" steht: Nicht nur autistische Kinder können non-verbal/nicht-sprechend sein. Auch erwachsene Autisten können damit Probleme haben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

Ich habe Autismus und manchmal habe ich non-verbale Phasen. Das heißt, ich kriege einfach kein Wort raus. Das ist vergleichbar, wenn einem ein Wort, dass man sagen möchte einfach nicht einfällt (es einem quasi auf der Zunge liegt). So ist das dann mit allem, was man sagen möchte. Es kann natürlich auch andfere Gründe haben, dass ist nur meine Sicht. Diese Website erklärt es ganz gut finde ich: Besonderheiten in der Kommunikation – Autistenhilfe

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich bin selber Autist und erlebe nonverbale Phasen. Ich habe im Internet schon mit anderen Autisten darüber gesprochen und jeder scheint einen anderen Grund dafür zu haben. Wie jemand anders schon geschrieben hat sagen viele sie finden die Worte einfach nciht mehr. Ich kann nichts über Autisten sagen die überhaupt nicht reden. Jeder Autist ist anders. In meinem Fall ist es so, dass wenn ich unter Stress stehe es sich unglaublich anstrengend anfühlt den Mund aufzumachen. Ich kann auf Fragen antworte, aber es raubt eine Menge Energie, die meistens dann sowieso schon nicht vorhanden ist. Wenn ich es also zu oft gezwungen mache kann es irgendwann zu einem Nervenzusammenbruch kommen.

Also grundsätzlich sprechen manche betreuende Personen, mit denen ich sprach, davon, dass manche Autisten einfach nicht sprechen wollen.

Ich kann das auch nachvollziehen, wenn ich in etwas keinen Sinn sehe, dann mache ich das auch oft nicht.

Es mag sein, dass es nicht für alle Non-Verbalen gilt, allerdings ist es einfach ein viel respektvoller Umgang, als zu sagen sie seien nicht in der Lage zu sprechen, da das auch oft eine gewisse Intelligenzminderung andeutet, welche absolut nicht immer der Fall sein mag.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin Autist.