Morgengebet Interpretation?
Könnte mir bitte jemand sagen, was Eichendorff dem Leser der Verse 13-16 seines Gedichts Morgengebet sagen möchte? Danke für Antworten im Voraus.
O wunderbares, tiefes Schweigen,
Wie einsam ist's noch auf der Welt!
Die Wälder nur sich leise neigen,
Als ging' der Herr durchs stille Feld.
Ich fühl' mich recht wie neu geschaffen,
Wo ist die Sorge nun und Not?
Was mich noch gestern wollt' erschlaffen,
Ich schäm' mich des im Morgenrot.
Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
Will ich, ein Pilger, frohbereit
Betreten nur wie eine Brücke
Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.
Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,
Um schnöden Sold der Eitelkeit:
Zerschlag' mein Saitenspiel, und schauernd
Schweig' ich vor dir in Ewigkeit.
1 Antwort
Uff. Das ist ganz schön gestelzt ausgedrückt, was?
Also: Eichendorf thematisiert in diesem Gedicht ja die christliche Haltung, dass das Dasein in dieser Welt lediglich einen Übergang darstellt, und man nach dem Ableben in Ewigkeit mit dem Herrgott vereint sein wird. Die Welt sei somit eine "Brücke", er selbst ein "Pilger".
Zeilen 13 und 14 schildern die Verlockung, sich zu sehr im Diesseits zu verankern, sein Leben ("mein Lied") also zu sehr auf weltliche Maßstäbe auszurichten, auf Lob und Zuspruch ("Weltengunst"), seiner "Eitelkeit" nachzugeben. Nennen wir es Ruhm und Reichtum.
In der vorletzten Zeile erfolgt eine Aufforderung an Gott, die sich unmittelbar auf die beiden vorangegangenen Zeilen bezieht: Wenn ich diesen Verlockungen nachgeben sollte, wenn ich den falschen Werten folge - dann "zerschlag mein Saitenspiel", im Sinne von: halte mich davon ab, weiterhin dieses falsche "Lied" zu spielen.
Die letzte Zeile (der Zeilensprung) beschreibt seine Demut.
Weißt Du denn, was eine Deutungshypothese ist?
https://studyflix.de/deutsch/deutungshypothese-2969b
Das schaffst Du ! 👍🏻
Wow, vielen Dank für die ausführliche Antwort.