Moderner Hedonismus?

3 Antworten

Hedonismus ist eine im 19. Jahrhundert entstandene Bezeichnung. Der Sache nach hat es diese Auffassung schon in der Antike gegeben und die Bezeichnung fußt auf einem zentralen antiken Begriff.

Der Begriff Hedonismus hat eine Bedeutung, die sowohl in antiker als auch in moderner Zeit gilt. Es gibt zum einem auf dem Gebiet der Psychologe, zum andren auf den Gebiet der Ethik. Ein Versuch ist möglich, die allgemeine Bedeutung zu erfassen, z. B.:

Hedonismus ist eine Auffassung, das Streben nach Lust (griechisch ἡδονή = Lust, Freude, Vergnügen, Genuß) sei Ziel des Handelns und Lust (bzw. Freude, Vergnügen, Angenehmes oder Ähnliches; die genaue sprachliche Bezeichnung ist nicht entscheidend) der einzige grundlegende Wert.

Andreas Luckner, Hedonismus. In: Enzyklopädie Philosophie : in drei Bänden mit einer CD-ROM. Unter Mitwirkung von Dagmar Borchers, Arnim Regenbogen, Volker Schürmann und Pirmin Stekeler-Weithofer herausgegeben von Hans Jörg Sandkühler. Band 1: A – H. Hamburg : Meiner, 2010, S. 980 – 983

S. 980: „Unter ‹Hedonismus› (H.) (griech. hedone, Lust, Freude hedys: süß) werden, oft abwertend, solche Positionen bezeichnet, welche das höchste Gut, das Menschen in ihrem Leben anstreben bzw. anstreben sollten, mit (sinnlicher) ↑ Lust identifizieren. Je nachdem, was unter hedone bzw. Lust verstanden wird bzw. wurde, und worauf sie sich jeweils bezieht, lassen sich verschiedenen Hedonismen unterscheiden.“

Ein Gesichtspunkt ist, ob ein Hedonismus (nur) indivuell ist oder (auch) sozial (eine große Gruppe oder die Gesamtheit der Betroffenen werden einbezogen).

Henry Sidgwick hat in einem egoistischen und einen universalistischen Hedonismus unterteilt.

Gerhild Tesak, Hedonismus. In: Handwörterbuch Philosophie. Herausgegeben von Wulff D. Rehfus. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2003 (UTB : Philosophie ; 8208), S. 381:
„Ethische Lehre, welche in der Lust den einzigen echten Wert und im Streben nach Lust das einzige menschliche Ziel sieht. Sie wurde bereits in der Antike durch Aristipp aus Kyrene begründet, weshalb man ihre Anhänger auch → Kyrenaiker nannte. Systematisch ist der Hedonismus unter die Eudaimonismuslehren im weitesten Sinne zu zählen, nach welchen das Ziel allen menschlichen Handelns in der Glückseligkeit liegt. Er unterscheidet sich von anderen Richtungen dieser Art durch sein spezifisches Verständnis von → Glück, welches er vor allem in der sinnlichen Lust, im Genuss und im Vergnügen sowie in der Abwesenheit von Unlust gegeben sieht. Insofern mit der Lust nicht nur das einzige tatsächliche Ziel, sondern auch der einzige mögliche → Wert für den Menschen genannt ist, muss zwischen einem ethischen und einem psychologischen Hedonismus unterschieden werden. Während Letzterer die Lustorientiertheit des Menschen nur beschreibend feststellt, wird die Lust im ethischen Hedonismus zum normativen →Prinzip allen Handelns erhoben und avanciert auf diese Weise zum Kriterium für sittliches Handeln überhaupt. Der → Utilitarismus gründet auf der Annahme des psychologischen Hedonismus seine Lehre, wonach das größtmögliche Glück der meisten, ermittelt nach dem hedonistischen Kalkül, für das Handeln aller verbindlich sein soll. Kritiker wie Moore haben jedoch bemängelt, dass der ethische Hedonismus nicht nur nicht aus dem psychologischen abgeleitet werden kann, sondern dass eine Unverträglichkeit zwischen diesen beiden Versionen besteht, insofern die eine gebietet, was der anderen zufolge immer schon als Voraussetzung zugrunde liegt. So unterhöhlt eigentlich der psychologische Hedonismus jede Art von ethischem Hedonismus im Voraus und lässt ihn leer und sinnlos erscheinen. Eine zweite Schwierigkeit erwächst der hedonistischen Lehre aus dem Umstand, dass die Lust (wie jede Art von Glückserfüllung) nicht direkt angestrebt werden kann, sondern sich nur auf dem Umweg über ein anderes Ziel einstellt.“

Jürgen Ruhnau, Hedonismus. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 3: G – H. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1974, Spalte 1022 – 1026

Es gibt nicht einen einheitlichen modernen Hedonismus, sondern verschiedene ethische Theorien fallen unter den Begriff »Hedonismus«.

Eine kritische Untersuchung zum Hedonismus allgemein führt für sich genommen nicht sehr weit. Die Anknüpfung an ein natürliches Streben ist deutlich, aber ein Sein-Sollens-Fehlschluß ist zu vermeiden (aus dem, was ist, kann nicht einfach ohne weiteres/umstandslos abgeleitet werden was sein soll). Eine Ausrichtung auf Glück erscheint begrüßenswert, allerdings ist zu zeigen, wie darauf eine Ethik aufgebaut werden kann.

Bedenken können z. B. sein, ob das angenehm Erscheinende oder die persönliche Lustbilanz geeignet sind, tatsächlich Glück zu erreichen und andere möglichst nicht zu schädigen bzw. schlecht zu behandeln, ob Hedonismus eine Selbstvervollkommnung bzw. eine möglichst vielfältige und harmonische Entfaltung von Anlagen gewährleistet und ob ausreichend berücksichtigt ist, daß das Lustvolle bzw. die Handlung aufgrund einer Begierde nach Lust auch etwas scheinbar gutes, aber nicht wirklich Gutes sein können.

Ist das Glück, um das es geht nur ein Empfindungsglück (auf augenblickliche Zustände von Freude/Vergnügen/gesteigerter Zufriedenheit bzw. extremen Hochgefühl bezogenes, daran gebundenes und flüchtiges Empfindungsglück, subjektives Gefühl/Empfinden als Maßstab) oder auch ein Erfüllungsglück (Erfüllungsglück eines guten, gelingenden Lebens, geschieht durch möglichst harmonische Entfaltung von Fähigkeiten, dauerhafte Zufriedenheit spielt eine größere Rolle - eine Person erreicht Lebensziele, die sie erreichen will - Anlagen werden betätigt und dabei das wahrhaft Wünschenswerte in einem erfüllten, wohlgeratenem Leben verwirklicht, was mit innerem Einklang verbunden ist)?

Dies kann aber besser auf die verschiedenen Varianten/Richtungen eines Hedonismus bezogen geprüft und beurteilt werden.

Die Lebenseinstellung der Erlebnis- /Spaßgesellschaft kann auch als moderner Hedonismus eingeordnet werden, ist aber wegen mangelnder Reflexion keine echte Philosophie mit einer ethischen Theorie.

Die angesprochene Lebenseinstellung ist oberflächlich, bringt oft nicht eine Verwirklichung von echtem Glück und ist zu beschränkt, um ein individuelles Leben und eine Gemeinschaft insgesamt zu tragen.

Julien Offray de La Mettrie, Paul Thiry baron d'Holbach (Paul Heinrich Dietrich Baron von Holbach) und Claude Adrien Helvétius (Claude Adrien Schweitzer), Philosophen der Aufklärung mit dem Standpunkt eines ontologischen Materialismus, haben eine Hedonismus vertreten, wobei eine Selbstliebe bzw. ein Bedürfnis der Selbsterhaltung Grundlage ist und eine Ethik der sozialen Nützlichkeit entwickelt wird, nach der die Tugend/das Gute das ist, was der Selbsterhaltung der in der Gesellschaft lebenden Menschen nutzt.

Utilitarismus ist in vielen Fällen ein Hedonismus, wenn auch nicht in allen (so gibt es auch den Präferenz Utilitarismus, nachdem Vorlieben die Grundlage sind). Der „klassische“ Utilitarismus (z. B. von Jeremy Bentham und John Stuart Mill vertreten) ist ein Hedonismus. Der Hedonismus ist dabei mit anderen Prinzipien kombiniert. Auch in neueren Varianten des Utilitarismus ist oft ein Hedonismus enthalten.

Max Stirner, Einzige und sein Eigentum, enthält unter anderem einen Hedonismus, der ein Egoismus ist.

eine Einführung zu diesem Bereich:

Dieter Birnbacher, Utilitarismus/Ethischer Egoismus. In: Handbuch Ethik. Herausgegeben von Marcus Düwell, Christoph Hübenthal und Micha H. Werner. 3., aktualisierte Auflage. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2011, S. 95 – 107

eine Darstellung, die auf Kritik am Hedonismus eingeht:

Dagmar Fenner, Das gute Leben. Berlin ; New York : de Gruyter, 2007 (Grundthemen Philosophie), S. 31 – 38 (3 Hedonistische Theorie)

ein Vertreter eines modernen Hedonismus:

Bernulf Kanitscheider, Das hedonistische Manifest. Stuttgart : Hirzel, 2011. ISBN 978-3-7776-2107-4

1

Möglichkeiten der Kritik am „klassischen Utilitarismus“ (zum Teil auch auf andere Varianten des Hedonismus anwendbar)

Vorzüge:

a) rationale ethische Theorie

b) Eignung als praktische Lebenskunst

c) Berücksichtigung des Strebens nach Glück und Ziel einer Zunahme von Angenehmen (Lust/Freude)

d) Ausrichtung auf ein Allgemeinwohl und dabei Verbindung von Individuum und Gemeinschaft

e) grundsätzliche Gleichberechtigung aller Betroffenen

Einwände:

a) Fehlen einer genauen Bestimmung des Umfangs der Betroffenen

'b) Grenzen genauer quantitativer Meßbarkeit beim hedonistischen Kalkül

c) Schwierigkeiten einer ausreichend genauen Ermittlung der Bedürfnisse und Interessen Betroffener

d) unterschiedliche Kalkulationswürdigkeit von Interessen

e) keine Gewährleistung von Gerechtigkeit bei der Verteilung des Gesamtnutzens auf Individuen

f) innerhalb des utilitaristischen Ansatzes nicht schlüssige Unterscheidung von Freuden/Lüsten nach Qualität

g) Unstimmigkeit und Mangel an Folgerichtigkeit aufgrund der Einführung sekundärer Regeln

h) Kriterium der Nützlichkeit selbst ist nicht utilitaristisch aufzeigbar

zu den Vorzügen:

a) Der Utilitarismus ist eine rationale ethische Theorie. Der Ansatz ist gutnachvollziehbar und beruht nicht auf autoritärer Verordnung oder verschwommenen irrationalen Betrachtungen.

b) Utilitarismus ist in der Praxis als kluge Überlegung zu einem guten Leben anwendbar, sofern kein Anspruch auf eine restlos genaue Berechnung des Nutzens erhoben wird.

c) Das Streben nach Glück, das bei allen vorhanden ist, wird berücksichtigt. Eine möglichst große Menge an Angenehmen (Lust/Freude) ist Ziel, ebenso eine Vermeidung von Unangenehmen (Schmerz/Leid).

d) Der „klassische“ Utilitarismus zielt auf das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl. Das Glück des einzelnen Individuums wird ebenso berücksichtigt wie das der Gemeinschaft, deren Wohlergehen Maßstab ist.

e) Alle Betroffenen sind grundsätzlich gleichberechtigt. So werden Würde und Interessen aller beachtet.

zu den Einwänden:

a) Eine Frage beim Utilitarismus (Nützlichkeitsprinzip; (nützliche) Folgen einer Handlung sind für ihre Bewertung ausschlaggebend) ist, wessen Nutzen berücksichtigt wird, nur der des Individuums oder der einer Gemeinschaft (diese kann mehr oder weniger umfassend sein, auch alle Menschen oder möglicherweise sogar auch andere Lebewesen). Eine ganz genaue Bestimmung des Umfangs der Betroffenen fehlt bei Mill, auch wenn eine sehr weite Fassung deutlich bemerkbar ist (zumindest alle Menschen). Eine neuere Fragestellung ist, ob und wieweit gegebenenfalls auch andere Lebewesen (z. B. aufgrund ihrer Empfindungsfähigkeit und eines Verfolgens von Interessen) einzubeziehen sind. Eine Frage ist außerdem, wo die Grenze des Betroffenseins gezogen wird. Ein Problem ist dabei z. B. die Gewichtung von zukünftig lebenden Personen nachfolgende Generationen) gegenüber gegenwärtig Lebenden.

b) Die Anwendung des utilitaristischen Kalküls (hedonistischen Kalkül; Nützlichkeitskalküls) stößt auf praktische Schwierigkeiten. In der theoretischen Annahme wird die Größe einer Lustbefriedigung aufgrund bestimmter Kriterien/relevanter Faktoren quantitativ berechnet. Dies setzt eine Gleichartigkeit und ein durchgängig verwendbares Maß (mitsamt einer Recheneinheit, wenn völlige Genauigkeit verlangt wird) voraus. Wie weit sind Freude/Lust und Leid/Schmerz/Unlust quantifizierbar? Inwieweit könnten physiologische Messungen eingesetzt werden? Kann alles restlos gemessen und in einem Vergleich genau gegeneinander abgewogen werden? Wenn ein Glücksempfinden oder Lustempfinden herangezogen wird, kann dies bei Individuen subjektiv durchgeführt werden, wobei zugrundegelegt wird, was sie im Vergleich vorziehen. Im Verhältnis zwischen verschiedenen Individuen (interpersonal) kann eine Gemeinsamkeit der Gewichtung fehlen.

Völlig genau ist eine Berechnung offenbar nicht möglich. Diese immanente Kritik alleingenommen ist aber kein zwingender Grund, den Utilitarismus mit einem hedonistischen Kalkül zu verwerfen.

Eine Folgerung, im Anspruch bescheiden zu sein, ist einleuchtend. Aber auch eine Annäherung, die keine völlige Genauigkeit erreicht, kann als Orientierung hilfreich sein. Benthams Ansatz ermöglicht zumindest ein rationales Vorgehen, bei dem auf das gezielt wird, was jemand für sich als erstrebenswert beurteilt. Verschiedene Gesichtspunkte werden durchsichtig und abgewogen. Dies kann die Aussichten auf eine kluge Wahl erhöhen.

Eine Unterscheidung kann sich danach ergeben, ob Maximierung von Glück oder Minimierung von Leid/Schmerz/Unglück größeres Gewicht erhält. Eine weitere Unterscheidung kann darin bestehen, welche Annehmlichkeiten unter Nutzen einbezogen werden und besondere Wertschätzung erhalten.

1

c) Bedürfnisse und Interessen Betroffener sind schwierig ausreichend genau zu ermitteln. Welche Bedürfnisse Menschen in Einzelnen genau empfinden und woran sie ein wie starkes Interesse haben, ist nicht ohne weiteres genau bekannt. Um dies herauszubekommen, sind schwierige Versuche des Einfühlens, Verstehens und Beurteilens einschließlich einer Kritik eigener Interessen (denkbar wäre beispielsweise eine Prüfung, ob vermeintliche wahrhafte Interessen oder nur scheinbare Interessen sind; Täuschungen darüber können auftreten) erforderlich.

Mehr als Annährungen sind kaum erreichbar.

d) Nicht alles, woran empirisch gesehen Interesse von irgendjemand bestehen kann, verdient auf einleuchtende Art, gleichermaßen in die Berechnung Eingang zu erhalten. Wünsche, Herrschsucht oder Eitelkeit zu befriedigen, Neid auszuleben, Aggressionen hemmungslos Raum zu geben, Gewaltvorstellungen umzusetzen, zu zerstören und zu quälen, müßten mit gleicher Gewichtung berücksichtigt werden, wenn unterschiedslos alles als Interesse Geltung erhält, unsoziale Interessen ebenso wie soziale (sozial akzeptable; für die Gemeinschaft eintretende).

Interesse als auftretende Erscheinung allein ist keine ausreichende Grundlage. Allgemeines Wohlergehen soll ja erreicht werden und unsoziale Interesse sind dabei schädlich. Nötig ist eine Theorie zur kritischen Unterscheidung zwischen scheinbarem/vermeintlichen und tatsächlichen/echten/wahrhaften Interessen, zwischen beliebigen Möglichkeiten menschlichen Verhaltens und die Eigenschaft als auf Gemeinschaft hin angelegten Lebewesens erfüllenden Verhalten, um wirklich eine vernünftige Bestimmung des Glücks vorzunehmen. Bei Jeremy Bentham, einem Vorgänger von Mill, ist die grundlegende Orientierung und das Motiv ist für die einzelnen Individuen die eigene Lustbefriedigung. Auch die Interessen anderer Menschen werden berücksichtigt (Wohlwollen und eine Art Sozialprinzip), aufgrund der Vernunft (wohlverstandenes Eigeninteresse) und gegebenenfalls durch Sanktionen (Strafen bei Nichtbeachtung) nahegelegt.

e) Die Frage der Gerechtigkeit bereitet Schwierigkeiten. Bei der Verteilung des Gesamtnutzens auf Individuen ist eine offensichtlich faire Verteilung nicht gewährleistet. Beim Utilitarismus können individuelle Rechte, wenn Betroffene in der Minderheit sind, auf der Strecke bleiben. Denn wie die durch eine Handlung ausgelöste Menge an Freude/Lust und Leid/Schmerz/Unlust auf alle von einer Handlung betroffenen Individuen verteilt werden, ist für den Gesamtnutzen oft in beträchtlichem Umfang unerheblich. welche Weise können im Rahmen von Benthams Ansatz solche Frage angemessen berücksichtigt werden? Was den gesellschaftlichen Nutzen in einem Kalkül schlichter Nützlichkeit maximiert, ist nicht unbedingt sittlich und etwas, das intuitiv lobenswert erscheint (Unterdrückung und Verstöße gegen Menschenrechte werden nicht absolut ausgeschlossen). Der bloße Maßstab des Gesamtnutzens enthält noch keine Sicherung, Ungerechtigkeiten stets zu vermeiden.

Mill führt sekundäre Prinzipien ein, die dazu dienen. Allerdings entstehen dadurch Folgeprobleme für die Theorie.

f) John Stewart Mill nimmt eine Unterscheidung von Lust/Freude nach Qualität vor. Ihre Schlüssigkeit innerhalb des utilitaristischen Ansatzes ist aber zweifelhaft. John Stuart Mill beurteilt in seinem Werk »Utilitarianism» (»Utilitarismus») bei der Lust/Freude (pleasure) diejenige von zwei für wünschenswerter und wertvoller, die von allen oder fast allen, die beide erfahren haben - ungeachtet des Gefühls, eine von beiden aus moralischen Gründen vorziehen zu müssen – entschieden bevorzugt wird (Kapitel 2). Seiner Meinung nach ist es, wenn eine von zwei Freuden so weit über andere gestellt wird, sie auch beim Wissen zu bevorzugen, daß sie größere Unzufriedenheit verursacht, und sie gegen noch so viele andere Freuden nicht eintauschen zu mögen, berechtigt, jener Freude eine höhere Qualität zuzuschreiben. Diese übertreffe die der Quantität so weit, daß diese im Vergleich dazu nur gering ins Gewicht falle. Es sein und aber eine unbestreitbare Tatsache, daß diejenigen, die mit beiden gleichermaßen bekannt sind und für beide gleichermaßen empfänglich sind, der Lebensweise entschieden den Vorzug geben, an der auch die höheren Fähigkeiten beteiligt sind.

Die Quantität von Glück ist einfach nur das Ausmaß der Lust/Freude. Die Qualität von Glück bedeutet eine Unterscheidung nach der Beschaffenheit, wobei bestimmte Arten von Freuden als höherrangig beurteilt werden.

Im Rahmen des Systems nicht stimmig ist die Vorrangstellung der als qualitativ höher geltenden Freuden. Innerhalb des Ansatzes kann nur die Menge des Glücks, das empfunden wird, ausschlaggebend für die Beurteilung in ethischer Hinsicht sein.

1

g) Die Einführung sekundärer Regeln führt zu Unstimmigkeiten und Mangel an Folgerichtigkeit.

Im 2. Kapitel des Werkes »Utilitarianism» spricht sich Mill für Regeln als sekundäre Prinzipien aus. Dabei ohne Ausnahmen auszukommen, erwartet er nicht. Dann kann ein anderes sekundäres Prinzip Vorrang haben. Das Nützlichkeitsprinzip entscheidet in solchen Konfliktfällen und bildet damit eine Regel auf einer höheren Ebene (Metaregel). Das Nützlichkeitsprinzip ist kein Teil des Systems sanktionsbewehrter Regeln, sondern dessen Rechtfertigung Damit gibt es Ansätze zu eigenständig moralisch verbindlichen sekundären Prinzipien in Bezug darauf, was nach Mill moralisch geboten ist (wie gehandelt werden soll). Bei der Beurteilung bekommen Grundsätze für das Handeln/Handlungsregeln (Sekundärprinzipien, da auf einer zweiten Ebene stehend) Bedeutung, die das auf einer ersten grundlegend Ebene stehende (daher Primärprinzip) ziemlich abstrakte Nützlichkeitsprinzip für die moralische Praxis in etwas konkretere, lehr- und lernbare Anleitungen umformen. Dabei versucht Mill, den Utilitarismus als mit dem allgemeinen Menschenverstand (common sense), der Alltagsmoral und ethischen Traditionen in hohem Ausmaß übereinstimmend darzustellen, was allerdings manchmal die Prinzipien des Utilitarismus verunklart.

Die Gegenüberstellung von Handlungsutilitarismus, bei dem sich auf die Beurteilung auf die Folgen einer einzelnen Handlung bezieht, und Regelutilitarismus, bei dem für die Beurteilung Grundsätze für das Handeln/Handlungsregeln (Sekundärprinzipien, da auf einer zweiten Ebene stehend) Bedeutung bekommen, die das auf einer ersten grundlegend Ebene stehende (daher Primärprinzip) ziemlich abstrakte Nützlichkeitsprinzip für die moralische Praxis in etwas konkretere, lehr- und lernbare Anleitungen umformen (die Sekundärprinzipien erhalten dabei eine eigenständige Verbindlichkeit), stammt aus dem 20. Jahrhundert.

John Stuart Mill nimmt daher nicht ausdrücklich zu dieser Alternative Stellung. Seine Aussagen ergeben dazu keinen restlos einheitlichen Standpunkt. Der Sache nach läuft seine Auffassung allerdings auf einen Regelutilitarismus hinaus, auch wenn er nicht voll ausgebildet ist.

Mill vertritt einen Handlungsutilitarismus in Bezug darauf, was die richtige Handlung ist (nämlich zur Glückförderung), aber einen Regelutilitarismus in Bezug darauf, was moralisch geboten ist (wie gehandelt werden soll). Diese Überlegung enthält etwas, das Berücksichtigung verdient. Allerdings halte ich es im Rahmen eines Utilitarismus für folgerichtiger, auf den Nutzen der einzelnen Handlung zu sehen (nur eben auch mit Berücksichtigung des Umgangs mit Prinzipien).

h) Überlegt werden kann, ob nicht etwas unabhängig von den Folgen wertvoll sein kann. Gefragt werden kann auch, ob die tatsächlichen, die beabsichtigten oder die zu erwartenden Folgen gemeint sind.

Vor allem ist Nützlichkeit die Eigenschaft, für etwas nützlich zu sein. Das heißt, etwas zu bewirken oder es zu fördern, das wünschenswert bzw. erwünscht ist. Nutzen bedeutet, gut für etwas zu sein, ist also immer auf ein „wozu“ (ein Kriterium) bezogen. Das Problem beim Utilitarismus liegt darin, als Kriterium (Maßstab/Richtschnur) für den Nutzen ein höheres Ziel zu benötigen, das nicht utilitaristisch aufgewiesen werden kann.

Was Mill zur Stützung der Richtigkeit des Utilitarismus schreibt (Utilitarianism, Kapitel 4) eignet sich nur als Plausibilitätsargument. Als strikter logischer Beweisversuch genommen enthält die Stelle einen Sein-Sollens-Fehlschluß: Was Menschen tatsächlich wünschen/erstreben, wird gewünscht/erstrebt. Daraus allein folgt aber nicht einfach zwingend, dies sei auch objektiv/intersubjektiv verbindlich wünschenswert/erstrebenswert und so solle daher gehandelt werden.

1
  • Ja, moderner Hedonismus ist einfach unsere Spaßgesellschaft.
  • Hedonismus ist die Einstellung, Spaß, Lust und Annehmlichkeiten in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen, also als Ziel zu sehen.

Berichte doch mal, was herausgekommen ist bei Deiner Aufgabe. Wie hat es der Lehrer definiert?

Einmal würde ich mich umschauen unter Bernulf Kanitscheider, aktueller deutscher Philosoph des "modernen Hedonismus" - Interview siehe unten:

http://hpd.de/node/1505

Dann gibt es zum Thema "Erlebnisgesellschaft" eine soziologische Studie von Gerhard Schulze.

Zu Philosophen des modernen Hedonismus zählen auch Wilhelm Schmid, André Comte-Sponville, Michael Schmid-Salomon und Dieter Birnbacher. Alle mal googeln.

Dann gibt es auf der Seite der Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg die Zeitschrift "Aufklärung und Kritik" und da unter Sonderheften kann man das Heft "Glück und Lebenskunst" herunterladen mit etlichen interessanten Aufsätzen zum Thema. Ebenfalls lesenswert ist Joachim Kahl und seine Vorstellungen zum weltlichen Humanismus.