Könnten Ängste genetisch vererbt werden?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ängste kann man zum Teil als Eigenschaften eines Menschen einordnen.
Und da Eigenschaften vererbt werden, glaube ich daran, daß auch Ängste vererbt werden können - oder die Neigung zu ganz bestimmten Ängsten.

Also daß spezielle Phobien innerhalb einer Familie gehäuft auftreten.

Blumenacker  30.04.2024, 00:10

Danke für den Stern!

0

Das ist unklar.

Allenfalls können neurophysiologische Bedingungen (zum Beispiel eine erhöhte neurophysiologische Erregbarkeit oder eine höhere Tätigkeit der Nebennnieren) zu einer Disposition für eine höhere Ängstlichkeit führen.

Allerdings wird unsere Wahrnehmung auch durch unsere Umwelt geprägt. Um also die erhöhte Erregung als Angst zu interpretieren, muss das Umfeld es als Angst benennen und entsprechende Verhaltensweisen fördern oder vorleben (Rückzug, Vermeidung entsprechender Reize und Situationen) oder umgekehrt die Situationen und Reaktionen gar nicht benennen und klären, sondern lediglich zu generalisierten Ausweichstrategien (Leben findet ausschliesslich in einem vertrauten Rahmen statt, Kränklichkeit, Depression) und Versuchen, die Erregung mit Substanzen zu dämpfen, zu greifen (Alkoholmissbrauch wäre hier an vorderster Stelle zu nennen).

Im zweiten Fall wird dem Kind vorgelebt, dass schwierige Situationen und die damit einhergehende Erregung überhaupt nicht konstruktiv bewältigt werden können, sondern nur Flucht und Resignation bleiben.

Auf diese Weise wird aus einer genetischen Prädisposition eine anerzogene Ängstlichkeit.

Da auch grundsätzliche Einstellungen zum Leben, Bewertungen von Situationen sowie Strategien zum Umgang damit durch Erziehung und Vorbild an die nächste Generation weitergegeben werden, ist es somit kaum möglich, genetische Disposition und Erziehung im Einzelfall differenzieren.

Dies wäre übrigens eine klassische Fragestellung von "nature" vs. "nurture".

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Huhu, TheAric.

Nein, das kann ich mir schlecht vorstellen.....

Bekomme ich aber von klein auf immer Angst vorgelebt, so wird sich das auf mich übertragen.

In diesem Sinne, liebe Grüße, Renate.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Gebe gerne Tipps in allen Bereichen.

Möglich ist das schon. Ich war etwa mal ziemlich entsetzt, als ich vor Jahren ein Buch über Kriegskinder gelesen habe - da habe ich einige Eigenschaften wieder erkannt, die ich von mir kenne und teils merkwürdig fand, aber nie zuordnen konnte - muss dazu sagen: Ich bin beim Opa aufgewachsen und habe manches von ihm vererbt oder vermittelt bekommen. Was hier an "Eigenarten" zu lesen ist, kenne ich alles von mir ... frühe Parentifizierung, starke und teils auch drückende Verantwortungsgefühle, das Hinauszögern von Abschieden und Entscheidungen, Ängste bei U-Bahn-Schachten, Unwohlsein beim Sehen einsamer Flugzeuge, Polizei und Feuerwehr oder bestimmten Lichtern. Mein Opa war genauso und mein Großonkel sprach nie drüber, aber ich merkte es ihm oft an, dass "irgendwas nicht stimmt" und er nur mir zuliebe so tat, als sei alles in Ordnung.

Ich hatte zwar eine Jugend, die dank Gleichaltriger dem typischen Standard der 90er und 2000er entsprach auch was Musik und Fernsehen angeht und mein Opa war ein sympathischer Mann, der alles getan hat, was er konnte - aber geistig bin in in vieler Hinsicht seiner Generation näher. Ich denke, es kommt immer drauf an, wo und wie man aufwächst und es wird seinen Grund gehabt haben, dass mich eine Lehrerin mit Alfred Biolek verglichen hat und ca. 2005 meinte, ich sei gedanklich "ein netter älterer Herr um die 60", der nur optisch ein Jugendlicher sei und vielen diesbezüglich voraus. Habe allerdings erst viel später begriffen, was sie meinte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Blumenacker  22.04.2024, 20:19

Was Opas betrifft, habe ich habe schon öfter die Beobachtung gemacht, daß man sein Verhaltensspektrum in fast allen Facetten mehr nach dem Großvater ausrichtet und weniger nach dem Vater.
Desgleichen Frauen bei ihren Großmüttern.
Zumindest bei mir ist das so, daß ich mich zu meinem (verstorbenen) Großvater mehr hingezogen fühle als zu meinem (verstorbenen) Vater.
Möglicherweise sind es nicht Ängste konkret, die vererbt werden, sondern Veranlagungen zu Ängsten.
Und wenn man nun seine Lebensführung grundsätzlich nach der des Großvaters ausrichtet, sind es wohl auch dessen Ängste, die durch entsprechende Lebensumstände aktiviert werden können.

Ein "prominentes" Beispiel für meine These ist der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un:
Der hat - wie in Fernsehdokumentationen berichtet wird - als Vorbild nicht seinen Vater KIm Jong Il, sondern seinen Großvater Kim Il Sung.

0