Kann man Autist werden?
Hallo ich habe eine frage, könnte man Theoretisch Autist werden? Oder es auf irgendeiner Weise Antrainieren?
LG
6 Antworten
Man geht davon aus, dass Autismus genetisch bedingt oder zumindest mitbedingt ist.
Als Nichtautist kann man bei ausgeprägtem Einfühlungsvermögen ansatzweise nachvollziehen, was in einem Autisten vor geht. Aber wirklich nur Ansatzweise. Lies dazu mal in diesem Artikel: https://erdlingskunde.wordpress.com/2014/08/20/uber-das-nicht-wahrnehmen-der-menschen-als-individuen/
Autismus lässt sich also weder an- noch abtrainieren. Letzteres hat man mit fragwürdigen "Therapie"verfahren versucht. Das war für die Patienten oft traumatisch.
Nein, man kann kein Autist werden. Entweder, man wird als Autist bzw. Autistin geboren und dann bleibt man auch bis zu seinem letzten Atemzug Autist/Autistin, oder man wird nicht als Autist/Autistin geboren und daran wird sich auch nichts verändern.
Autismus ist eine neurologische Entwicklungsstörung. Das ist sehr wichtig und kann nicht oft genug erwähnt werden. Ein autistisches Gehirn kann nicht im Laufe des Lebens neurotypisiert werden und andersherum.
Natürlich kannst du so tun, als wärst du ein Autist, allerdings wäre das sehr widerwärtig von deiner Seite aus. Mal abgesehen davon, dass du dich mit ziemlicher Sicherheit in so ziemlich allen Klischees und Vorurteilen etc. verstricken würdest, die uns Autisten gerne mal angedichtet werden.
Weshalb würdest du bitteschön "antrainieren" wollen, ein Autist zu sein? Versteh' mich bitte nicht falsch: Autismus ist im Großen und Ganzen nichts Negatives, aber mal angenommen, du könntest ein Autist werden - was nicht möglich ist - würdest du damit all die Jahre oder gar Jahrzehnte an Ableismus, Ausgrenzung, Mobbing usw. überspringen, die fast jeder Autist erlebt hat, erlebt oder noch erleben wird. So zu tun, als wäre man ein Autist, macht einen noch lange nicht zu einem Autist. Ich hoffe, ich muss das nicht noch weiter ausführen. Dass es ein riesiger Unterschied ist, ob du dich "autistisch verhältst", weil du dich tatsächlich nicht anders verhalten kannst oder weil du es einfach so tust, weil, keine Ahnung, dir langweilig ist. Und vieles mehr.
Ach ja und nein, auch "theoretisch" kann man kein Autist werden. Kannst dich wie einer verhalten, aber ein Autist bist du deshalb noch lange nicht. Autismus hat nämlich nicht nur etwas mit dem Verhalten zu tun. Das Verhalten ist nur die Oberfläche. Das, was Außenstehende sehen und selbst das wird nicht selten durch Masking überspielt.
Du kannst höchsten so tun, als ob du Autist wärst.
Aber das macht dich noch lange nicht zum Autisten.
Entweder hast du es von Geburt an oder eben nicht.
Daran ändert sich auch nichts, wenn der Autismus erst Jahre oder gar Jahrzehnte später entdeckt wird.
Ich würde sagen - ja, man kann in besonderen Fällen autistisch werden. Ich kann von meinem Beispiel erzählen. Ich(M26) wurde hörend geboren und im 4. Lebensjahr habe ich mein Hören bis zu 80% verloren. Dann begann ich, Hörgeräte/Cochlea-Implantate zu tragen. Sie halfen zwar, aber ich konnte nur zuzweit kommunizieren und dabei häufig nachfragen. Im Kindesalter war ich sehr aktive und kommunikative Person mit vielen unterschiedlichen Hobbys. Als ich älterer geworden bin, Folgen von meiner Schwerhörigkeit wurden noch stärker geprägt. Zum Beispiel ich kann nicht mit anderen Menschen flüssig kommunizieren, das sinkt das Selbstbewusstsein stark. Da ich schlecht höre, kann ich nicht Filme ansehen (Untertitel lesen mag ich nicht, das ist mir zu anstrengend, Musik hören). Es ist so entstanden, dass ich keine Interessen habe, keine Emotionen. Zudem hat meine Psychotherapeutin bei mir einen Verdacht auf Autismus festgestellt. Ihre Behauptungen waren so:
1) Ich habe kein Interesse am Kontakt mit anderen Menschen (weil das wegen des Hörens zu anstrengend ist)
2) Ich denke immer an einer Sache - an Sex. (Das ist ja natürlich, wenn man ein hohes Libido hat und immer noch keine Freundin hatte.)
3) Ich habe kein Interesse auch am Chatten. (Weil meine Lesegeschwindigkeit ist zu langsam und das fällt mir anstrengend und ich keine Themen zum Sprechen finde, weil ich selbst keine Interessen habe).
4) Mir ist egal, was passiert, ob meine Familie stirbt oder ein Krieg beginnt. Ich werde trotzdem weiter an Sex denken, weil ich denke, dass das in meinem Leben fehlt. Aber Frauen kann ich wegen der Schwerhörigkeit nicht kennenlernen, auch nicht in einem Schwerhörigen-Verein. Aber die Gebärdensprache will ich nicht lernen, denn sie ist zu schwer und das Lernen dauert zu lange (5+ Jahre).
Zusammenfassend kann man sagen, wenn bei einer Person wichtige Kommunikationskanäle ausfallen, wird sie mit der Zeit autistisch. Es geht nicht um 5-10 Jahre, sondern um 20+ Jahre.
Dasselbe erleben auch die Leute, die 20+ Jahre im Einzelzimmerknast lebten, wobei sie fast keinen Kontakt mit anderen Menschen hatten.
Die Ursache ist nicht ganz geklärt, allerdings tritt das Syndrom schon relativ früh auf. Antrainieren kann man es nicht, und will auch hoffentlich niemand
Warum sollte man es nicht wollen
Es gibt nichts schlechtes am Autismus
Befass dich lieber erstmal mit dem Thema bevor du so einen müll laberst
Geistig zurückgeblieben, Probleme mit sozialer Interaktion, Übersensitvität,...
Also du hast teilweise Recht. Aber ich kann dir sagen, dass ich sehr gefühlsgesteuert bin und ich bin eine Autistin. Von daher.
Die meisten Autisten und da bin ich eingeschlossen sind aber sehr rational denkend
Ich denke, man kann sowohl rational denken, als auch gefühlsgesteuert sein. Würde sogar sagen, dass ich beides bin. Ist auch schwer, sowas zu verallgemeinern, da jeder Autist/jede Autistin dafür viel zu individuell ist und weder du, noch ich, kennen alle - auch nicht die meisten - Autisten. Es kommt wohl auch sehr auf die Situation an. Während einem Meltdown denkt kein Autist rational. Das ist schon mal Fakt.
Dies ist richtig.
Stelle man sich eine Welt vor, wo Autist*innen der Neurotyp wären und Neurotypische Menschen eine Neurodiversität darstellen würden, dann wäre die Welt wahrscheinlich sehr ähnlich.
Sehr schön geschrieben, ich bin auch Autist.