Kann Liebe eine Form von Besitz sein...oder ist sie immer ein Akt der Freiheit?

8 Antworten

Von Experte Regilindis bestätigt

Bei echter Liebe bin ich frei, genau wie mein Partner.

Wenn ich mich aus freien Stücken entscheide fremdzugehen, darf mein Partner ebenso frei entscheiden die Beziehung zu beenden.

Freiheit hat etwas damit zu tun das man eigenverantwortlich handelt. Sprich, niemand verbietet einem was, aber man sollte selber entscheiden was sinnvoll ist und was ggf Probleme herbeiführt.

Freiheit bedeutet eben sich selber nicht zu verlieren, aber eben auch Dinge aus freien Stücken zu gunsten der Beziehung zu tun oder eben zu unterlassen.

Liebe sollte immer frei sein, denn erzwungene Liebe, Nähe und Verbote schaffen Distanz


BrainFog128 
Beitragsersteller
 30.07.2025, 11:35

Sehr gute Antwort.

Ja, es gibt dafür sogar den Begriff "besitzergreifende Liebe", die z. B. von extremerer Eifersucht geprägt sein kann.

Auch hier wird der Partner dann geliebt. Leider liebtt sich der extrem eifersüchtige und besitzergreifende Partner selbst nicht genug oder bekommt vom Partner auch nicht die eigene Liebe gespiegelt.. Die Liebe ist in erdrückender Weise nur auf den Partner gerichtet und die Angst, selbst jederzeit durch jemand Besseren ersetzt zu werden, ein Motor und allgegenwärtig.

Dese Form der Liebe zerstört meist irgendwann auch die reinere, ungetrübtere Form der Liebe des Partners, von dem Besitz ergriffen wird. Aber andere lernen damit zu leben, weil die Liebe trotzdem überwiegt.

In geringeren Dosen finden sich Besitzdenken und Eifersucht in nahezu jeder (vorwiegend) monogamen Liebesbeziehung.

Sich trotz Bindung frei zu fühlen und Freiräume zu lassen ist die Kunst, die weit weniger beherrschen, als sie selbst von sich meinen würden.

Als ich Deine Frage heute Morgen gelesen hatte,

lieber BrainFog,

dachte ich spontan: Was für eine Frage! - natürlich kann man einen anderen Men-schen nur dann wirklich lieben, wenn man ihm die Freiheit gibt, sich zu entfalten und ihn sich selbst sein und sich entwickeln zu lassen.

Doch dies, lieber BrainFog, ist das Idealbild der Liebe und ihrer Gefühle für den ge-liebten Menschen. Und so fragte ich mich denn: W a s ist die Liebe nun denn wirk-lich? Ist die Freiheit für ihr Bestehen denn wirklich von so unverzichtbarer Voraus-setzung und ist der Mensch zu dieser Freiheit von seinem Wesen und seiner Natur her denn wirklich fähig? So kleinmütig, wie wir doch als Menschen sind! Und schließlich bin ich zu guter Letzt bei der alles umfassenden Frage angelangt:

W a s ist Liebe? Wann ist es LIebe? Ist Liebe überhaupt möglich? Oder ist sie in WIrklichkeit nur ein Gebilde in unseren Träumen und Wunschvorstellungen?

Auf diese Frage gekommen, bin ich, da ich vor einiger Zeit Goethes "Leiden des jungen Werther" gelesen habe, d e r erste europäische Liebesroman schlechthin, der damals eingeschlagen hatte wie eine Bombe, so voller Leidenschaft war er! Jedoch empfand ich beim diesmaligen Lesen Werthers tiefe Liebe zu Lotte, die Goethe wunderbar beschrieb, und die mit Albert verlobt und dann mit diesem verheiratet war, fast schon wie ein Stück Besessenheit, da Werther nicht loslassen konnte!

Sodass ich mich beim Lesen fragte, ob Werther mit seiner Liebe Lotte so sehr in Besitz genommen hatte, dass er sie, die ihm von Anfang an erklärt hatte, dass sie Albert heiraten werde, emotional nicht frei geben konnte und wollte, sondern so sehr an ihr festhielt und sie mit seinen Liebesbekundungenso unter Druck setzte, was in seinem Selbstmord gipfelte, dass er mit diesem Lotte endgültig die innere Freiheit nahm!

Denn nun war sie an ihn, Werther, der ihretwegen aus dem Leben schied, durch ihre Selbstvorwürfe, ihn nicht erhört zu haben, und ihrem schlechten Gewissen, indem sie sich für seinen Suizid verantwortlich fühlte, für immer gebunden! Und damit, lieber BarinFog, nahm Werther Lotte die Freiheit! Denn er zwang sie, sich durch seinen Selbstmord zu ihm zu bekennen. Und d i e s geschah alles, nur nicht aus freien Stücken!

So fragte ich mich denn letztlich, was denn die Liebe, wahre Liebe, sei? Und möchte dies als das stärkste Gefühl der Zuneigung und der Verbundenheit beschreiben, das man für einen anderen Menschen empfinden kann. Wobei eine glückliche Liebe eine solche ist, die auf Gegenseitigkeit beruht, die von dem geliebten Menschen in demselben Maße erwidert wird, sodass zwei Menschen in derselben Weise an ihr beteiligt sind.

Und eine unglückliche Liebe ist ihr Gegenteil. Sie macht einen Menschen unglück-lich und stürzt ihn dann in tiefste Verzweiflung, wenn seine Gefühle der Liebe von dem geliebten Menschen nicht erwidert werden und er diesem nicht die Freiheit lassen will, ihn entweder nur als guten Freund oder als Bekannten zu betrachten oder ihn sogar zu ignorieren. Denn im Normalfall zollt so ein unglücklich Liebender trotz einer Zurückweisung dem Liebenden daraufhin dennoch den ihm gebühren-den Respekt und verweigert ihm nicht die erforderliche Wertschätzung und auch das Verständnis - und setzt ihn emotional nicht unter Druck und nimmt ihm dadurch auch nicht die Freiheit!

Denn wenn jemand den auserkorenen Menschen wirklich liebt, so lässt er ihm die Freiheit, über sich und seine Gefühle nach eigenem Ermessen zu entscheiden und respektiert seine Haltung!

Und genauso, lieber BrainFog, sehe ich dies auch zwischen zwei Liebenden, die sich inniglich verbunden sind: Ein jeder von ihnen akzeptiert die Fehler und Schwä-chen des geliebten Menschen und der größte Wunsch eines jeden besteht darin, dass es dem anderen gut geht, sodass das größte Anliegen eines jeden ist, dass der eine dem anderen in jeder Lebenssituation Vertrauen und Respekt entgegen-bringt und die Bereitschaft, ihn in allen Lebenslagen zu unterstützen.

Alles andere, die Einschränkung der Freiheit eines Menschen, von dem man vorgibt, ihn zu lieben, ist nichts anderes als als ein selbstsüchtiges und ich-bezogenes Ver-halten eines kleinmütigen Menschen, der sich nicht einmal selbst liebt, das, nach meinem Dafürhalten und meinem Menschenbild, mit Liebe so gut wie nichts zu tun hat!

Dies, einem anderen Menschen, den man liebt, die Freiheit zu gewähren, ist ein komplexes Thema. Ich bin mir sicher, wenn man die Bücher der Liebesdramen, die in der Literatur seit Bestehen der Schrift vor 5000 Jahren darüber verfasst wurden, aneinanderreihte, so käme man auf eine tausende von Kilometer lange Reihe, die von Hamburg bis nach Athen reichte, wenn dies nur langt!

Daher, lieber BrainFog: Liebe und Besitz schließen sich aus! Liebe sollte niemals mit dem Wunsch verbunden sein, jemanden besitzen zu wollen und seine persönliche Freiheit zu beschneiden, sondern ihm zu jeder Zeit die Chance lassen, er selbst zu sein und seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Der Wunsch zu besitzen führt oft dazu, den Partner zu kontrollieren und seine Handlungen zu bestimmen. Und dies ist Gift für die Liebe, der Anfang vom Endes einer Liebe.

Der Wunsch zu besitzen, kann zu Kontrollverhalten und tiefem Misstrauen führen und kann das Urvertrauen zerstören und zu unlösbare Konflikten herbeiführen, sodass am Ende nur noch die Trennung bleibt und eine einst große Liebe ihr jähes Ende findet!

Denn eine glückliche und gesunde Liebesbeziehung basiert auf zwei individuellen in Freiheit lebenden Menschen, die sich gegenseitig ergänzen. Indem man dem ande-ren seine individuelle Freiheit lässt, kann dieser sich frei entfalten und seine Interes-sen und Bedürfnisse verwirklichen! Dies ist eines der Geheimnisse einer glückli-chen und großen Liebe!

Danke!

Alle guten Wünsche und liebe Grüße!

Regilindis

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

In der Liebe sollte man sich immer frei fühlen, damit beide individuell sein können. Wenn Liebe zu Besitzansprüchen, Eifersucht oder Kontrolle wird, ist das nicht mehr gut, sondern ein Zeichen von Unsicherheit oder Abhängigkeit.

Echte Liebe basiert auf Vertrauen, Respekt dass beide sich entwickeln können.

Ja, Liebe ist leider oft eine Form von Besitz. Sowas sollte es allerdings nicht geben, außer es würde wirklich für etwas gutes sein.

Liebe als Akt der Freiheit ist die reifste und tiefste Form der Liebe.

Ich denke aber, Liebe hat oft beide Seiten an sich. Man will oft festhalten aber sie fordert uns oft auch zugleich heraus loszulassen. Vielleicht liegt wahre Liebe genau darin, nicht besitzen zu müssen, um sich dennoch verbunden zu fühlen.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Jederzeit offen für Fragen