Ist es okay, Frakturschrift zu lernen?
Ich möchte diese alte deutsche Schrift echt gerne lernen, weil ich die total schön finde, aber ich hab wo gelesen, dass die mit den Nazis irgendwie in Verbindung steht. Ich kenn mich da halt echt nich aus, deswegen wollt ich wissen, ob jemand weiß, wie genau da die Verbindung ist. Ich will natürlich nichts machen, was mit Nazis zu tun hat, aber ich versteh die Geschichte der Frakturschrift nicht ganz. Kann mich bitte jemand aufklären und mir sagen, ob es okay ist, so zu schreiben?
10 Antworten
Frakturschrift war die „normale“ Schrift für deutschsprachigen Buchdruck. Zwar konnten die Leute auch Antiqua lesen, und es war normal, fremdsprachige Zitate (z.B. französisch oder lateinisch) in Antiqua zu drucken und Antiqua auch einmal für besondere typographische Effekte zu verwenden, aber die Frakturschrift dominierte die deutsche Literatur, zumindest in Deutschland und Österreich (von der Schweiz weiß ich es nicht)
In anderen Ländern war das nicht so; in Südeuropa verwendete man die Antiqua-Schrift, die den Inschriften der römischen Antike nachempfunden war, während Fraktur sich aus der mittelalterlichen Handschrift herleitet. Die meisten europäischen Länder stiegen im Lauf des 18/19 Jahrhunderts von Fraktur auf Antiqua um, und nur der deutschsprachige Raum (+Baltikum) blieb bei seinem Sonderweg. In England kann man heute noch sehr selten Fraktur sehen, wenn z.B. eine Kneipe ihr hohes Alter betonen will.
Mit den Nazis hat das also nicht viel zu tun, und trotz aller Deutschtümelei mochten sie die Fraktur nicht sonderlich — der Schrifterlaß von 1941 sollte Fraktur durch Antiqua ersetzen, vermutlich, weil man in den eroberten Gebieten oft keine Frakturschrift verstand. Letztlich wurde aber nicht viel daraus, weil der Krieg andere Prioritäten erzwang. Daß heutige Neonazis gerne in Fraktur schreiben, wirft ein helles Licht auf die Dunkelheit in ihren Köpfen, denn das hätte dem Onkel A. nämlich gar nicht gefallen.
Und so kam das Ende der Fraktur nach dem Krieg durch die Besatzungsmächte, die Fraktur größtenteils nicht lesen konnten und daher die Antiqua durchsetzten.
Du mußt aber berückſichtigen, daß es in Frakturſchrift insgeſamt 3 Arten von s gibt, nämlich rundes s, ſcharfes ß und langes ſ. Dieſe Unterſcheidung dient dazu, daß man Silbengrenzen beſſer erkennen kann, weil das s typiſcherweiſe am Ende einer Silbe ſteht, und das ſ anderswo — man ſieht alſo auf den erſten Blick den Unterſchied zwiſchen Röschen und Rauſchen, und man verwechſelt auch endlich nicht mehr die Wachſtube (das iſt die mit den Uniformierten drin) mit der Wachstube (das iſt die, aus der man das Wachs herausdrückt).
Ich hoffe, daß ich den vorangehenden Abſatz unfallfrei hingekriegt habe.
Leider wird Frakturschrift allzu oft mit den Nazis in Zusammenhang gebracht. Selbst die an sich gute Storch-Heinar-Kampagne bedient sich dieses Klischees. Dabei haben diese die Frakturschrift weder erfunden noch gefördert. Es gab zwar auch in der NS-Zeit Grafiker, die bestimmte Varianten der Frakturschrift geformt hatten, aber das war dennoch keine Nazi-Schrift. ...
Diese Art Schrift, manchmal auch gotische Schrift genannt, wurde Jahrhunderte lange von Freund und Feind benutzt (auch das Kommunistische Manifest ist in Fraktur gedruckt worden oder auch der deutsche Text jüdischer Bibelausgaben oder andere Druckerzeugnisse aller Parteien usw. usf.). Die Nazis hatten diese Schrift zunächst als deutsch gesehen, während die heutige Druckschrift Antiqua als undeutsch galt. Dann kam im Januar 1941 die Kehrwende. Auf einmal wurden die Frakturschriften als "Schwabacher Judenlettern" bezeichnet und fortan aus dem Verkehr gezogen. Der sog. Schriftenerlass, unterzeichnet von Hitlers Stellvertreter Bormann, wirkt leider bis heute nach. Zum einen, dass dieses Schriften (und im Gefolge auch die deutsche Kurrentschrift, also Schreibschrift) weitgehend verdrängt sind, zum andern, weil kaum noch jemand die orthografischen Regeln dieser Schriftarten kennt, v.a. was die s-Regeln angeht. ... Hitler hat die Frakturschrift sogar gehasst. Alle diejenigen, die ihre Deutschtümelei gerne in Fraktur tragen wissen offenbar nicht, dass ihr großes Idol, der GröFaZ diese Schrift hasste und als undeutsch und nicht mehr zeitgemäß usw. bezeichnet hatte. ...
Lernen ist immer gut und wenn man diese Schrift flüssig lesen kann, dann öffnen sich dadurch neue Horizonte, denn viele alte Bücher sind in Fraktur geschrieben.
Mit den Nazis hat diese Schrift insofern zu tun, da sie diese Schrift verboten hatten.
Hier ist, das was Du suchst:
http://www.kurrent-lernen-muecke.de/
und auch Fraktur ist dort auch:
http://www.kurrent-lernen-muecke.de/leseuebungen3.php
Fraktur war durch Nazis VERBOTEN:
https://www.uni-heidelberg.de/unimut/themen/fraktur-verbot.html
Als Kalligraphie-Hobby spricht nichts dagegen die Frakturschrift und andere alte Schriften zu erlernen.
Als Alltagsschrift ist Fraktur jedoch weniger geeignet, weil sie nicht zügig und flüssig zu schreiben ist und sich viele mit der Lesbarkeit schwer tun.
Die Frakturschrift wird seit dem 16. Jhd. geschrieben. Sie wurde vor allem in deutschsprachigen Ländern genutzt. Angelsächsische und Skandivaische Länder verwendeten meist die Schift Antiqua.
Da die Nazis gerne das typisch Deutsche betonten, benutzten sie als gedruckte Sprache Frakturschriften und als Handschrift die Sütterlin-Schrift. Das wurde auch in staatlichen Erlassen so als Normschrift festgelegt, aber wie gesagt, die Schrift ist viel älter.
Wenn du eine wirklich sehr schöne alte Schrift lernen willst (die die Nazis nicht vereinnahmt hatten), dann schau dir doch mal die Rotunda-Schrift an.
Danke, schau ich mir auf jeden Fall mal an. Ich würde die Schrift sowieso nur für Überschriften hernehmen, also muss die nicht unbedingt flüssig sein