Ist Energie relativ?
Wenn ich einen Stein beispielsweise gegen ein Gebäude werfe, gibt er seine komplette kinetische Energie an das Haus ab. So weit so gut. Jetzt sind Bewegungen aber relativ und dadurch auch die kinetische Energie, oder nicht? Mir ist klar, dass das so nicht stimmen kann, aber das ist doch die logische Schlussfolgerung.
9 Antworten
Vollkommen richtig. Kinetische Energie ist relativ bzw. bezugssystemabhängig. Der scheinbare Widerspruch bei vielen ensteht meistens bei Gedankenexperimenten, bei denen dann in der Rechnung ein Teil der Energie vergessen wird. Vergisst man nichts, stimmt auch alles.
Ein Beispiel:
Zwei Autos der Masse m prallen frontal mit gleicher Geschwindigkeit v aufeinander (also einmal v und einmal -v, genau gesagt). Die Summe der kinetischen Energieen ist
Ekin(total) = 1/2 * m * v^2 + 1/2 * m * (-v)^2 = m * v^2.
Nun der Bezugssystemwechsel: Wir gehen in das eine Auto hinein, das zweite bewegt sich dann mit 2v auf das erste zu. Die Summe der kinetischen Energien ist dann
Ekin(total) = 1/2 * m * 0^2 + 1/2 * m * (2v)^2 = 2 * m * v^2.
Hier ist der scheinbare Widerspruch. Wieso haben die beiden Autos im zweiten Fall doppelt so viel kinetische Energie wie oben? Die Antwort ist: Das ist so, weil die Energie bezugssystemabhängig ist. Soweit ist alles klar. Nun machen viele aber den Fehler, den zweiten Fall dann als quasi "schlimmeren Unfall" zu sehen, und dies führt auf einen Widerspruch. Dieser lässt sich lösen, wenn man weiterdenkt.
Im ersten Fall stehen beide Autos nach dem Crash (vollkommen inelastischer Stoß angenommen), die Energie am Ende beträgt also
EEnde = 0
Es wird also insgesamt Ekin(total) - EEnde = m * v^2 Energie bei der Verformung umgesetzt. So schlimm ist der Unfall :-)
Nun im zweiten Fall. Nach dem Crash (Bezugssystem erstes Auto!!!) ruhen die Autos ja nicht, sondern bewegen sich mit der geschwindigkeit v weiter (aus der urpsrünglichen Sicht des ruhenden Autos. Die verbleibende kinetische Energie ist also
EEnde = 1/2 * (2 * m) * v^2 = m * v^2 (die Masse ist ja doppelt)
Umgesetzt wird also die Energiemenge
Ekin(total) - EEnde = 2 * m * v^2 - m * v^2 = m * v^2,
also genau die gleiche Energiemenge wie im ersten Fall.
Man sieht also, an der realen Situation ändert sich nichts, lediglich die mathematische Beschreibung ändert sich, man muss alles korrekt berechnen und nichts vergessen.
p.s. Der physikalische Hintergrund in diesem speziellen Fall ist übrigens, dass beim Verformen Entropie erzeugt wird. Die Entropie ist aber invariant gegenüber Bezugssystemwechseln, daher ist der Zusammenstoß also auch in beiden Fällen gleich schlimm
Da liegst du gar nicht so daneben. Sowohl Bewegungsenergie als auch Lage-Energie ist erst in Relation zu einem Bezugspunkt aussagekräftig.
Das ist richtig. Auch Masse und Energie sind relativ.
Man sollte aber nicht vergessen, dass es sich dabei -- Einsteins Spezieller Relativitätstheorie zufolge -- stets nur um rein beobachtungstechnisch begründete Unterschiede handelt.
Wir sprechen also darüber, wie Masse und Energie von unterschiedlichen Beobachtern wahrgenommen werden - aber nicht darüber, wie groß sie wirklich sind.
Die Bewegung von Körpern zueinander ist relativ. Das hast du vollkommen richtig erkannt.
Daher ist auch die freiwerdende bzw. übertragene Energie bei Zusammenstößen immer relativ.
Das wäre nur anders, wenn einer der Körper sich in vollkommenem Ruhezustand befände. Dies ist aber ein rein theoretischer Zustand, der auf der Erde nicht herstellbar ist.
Deine logische Schlussfolgerung ist daher im Prinzip richtig.
Ja, Energie ist gewissermaßen relativ.
Schau dir mal das Video an: https://www.youtube.com/watch?v=qRMnpV5E5J8
Die Geschwindigkeit ist relativ, wenn Du dazu nur einen Körper angibst, ohne zweiten Körper bzw. ohne Bezugssystem.
Die kinetische Energie (m/2 mal v²) ist absolut: Wenn - wie in Deinem Beispiel - zwei definierte Körper aufeinander prallen, ist ja die Geschwindigkeit gegeben, mit der sie aufeinander stoßen. Und deren Massen sind auch gegeben.
Die Größe der potentiellen Energie ergibt sich aus der Masse, der Fallgeschwindigkeit und der Fallhöhe (m*g*h). Wenn diese drei Größen gegeben sind, ist auch das Ergebnis absolut.
Kinetische Energie ist NICHT absolut, sondern bezugssystemabhängig. In seinem eigenen Bezugssystem hat ein Körper keine kinetische Energie.