In wie weit ist es schädlich oder strafbar, Tiere die Teil des deutschen/europäischen Ökosystems sind, aber auch als Haustier gehalten werden, freizulassen?

3 Antworten

Hallo,

Deine Frage ist unglaublich kompliziert!

Die rechtliche Seite:

Für die Europäische Sumpfschildkrötegilt "nur" das Naturschutzrecht:

https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__40.html

Das Damwild genauso wie das Wildschwein, unterliegen zusätlich dem Jagdrecht, was zusätzliche Vorschriften, auch auf Länderebene, nach sich zieht, zB:

http://www.jagdrecht-bayern.de/jagd-5/hegebeschraenkungen/

Die Bachforelle, eine einheimische Art, unterliegt dem Fischereirecht. Da kenne ich mich nicht wirklich aus, aber ich glaube mich zu erinnern, dass es im Fischereirecht mir völlig unverständliche Regelungen gibt, die das Aussetzen mancher fremdländischer Arten zuließen, während es bei manchen einheimischen verboten wäre.

Die fachliche Seite:

Das Aussetzen von Tieren halte ich nur in Ausnahmefällen für sinnvoll. Entweder, es gibt geeignete unbesetzte Lebensräume, dann werden diese von mehr oder weniger mobilen Arten wie den von dir genannten auch auch mehr oder weniger schnell von alleine wieder besiedelt, wenn sie aktuell nicht dort, aber in erreichbarer Distanz leben. Oder, es gibt keinen geeigneten zusätzlichen Lebensraum. Dann bringt das Aussetzen von Tieren, die keinen geeigneten Lebensraum finden können natürlich gar nichts, diese Tiere werden elend eingehen. Nur, wenn es neue Lebensräume dort gäbe, wo vorhandene Populationen der Art nicht hingelangen können, oder wenn eine Population durch ein singuläres, aber beendetes Ereignis dezimiert worden wäre, macht das Aussetzen für mich Sinn.

Es mag ansonsten nicht wirklich schädlich sein, aber sinnlos.

Dammhirsch und wildschwein werden kaum als Haustier gehalten,nur zur fleischverwertung. Es wäre überhaupt nicht schädlich für das Ökosystem einige dieser tiere auszusetzen. Schädlich mag es meistens für die tiere sein,sie nicht in ihren angestammten Habitat auszusetzen. Für die Europäische Sumpfschildkröte herrschen ganz andere gesetze. Emys orbicularis werden gezüchtet und die Haltung ist meldepflichtig. Das heißt also das jedes tier was in Gefangenschaft z.b stirbt oder abgegeben wird durch Verkauf muss gemeldet werden. Du musst also gute Gründe haben wenn du einige frei aussetzt und Nachweis erbringen wo ihr Verbleib ist. Das könnte unter Umständen eine Strafe bedeuten. Da von abgesehen gibt es unter dieser Schildkröte verschiedene Populationen die aus unterschiedlichen Gebieten wie Europa,Osteuropa bis ins Afrikanische hinein stammen. Vielleicht passen sich einige auch den ihr nicht zugesagten Temperaturen an und überleben . Siehe die vielen Wasserschildkröten wie rotwangenschildkröte. Sie kommen aus den wärmeren USA und sind hier von Haltern ausgesetzt worden,haben sich angepasst und überleben so manch harten winter in freien Teichen,größeren tümpeln. setzt du eine europäische Sumpfschildkröte in einem ihr angepassten Gebiet aus,so hat das keinerlei auswirkungen auf das Ökosystem weil sie hier ja heimisch ist. Vorrausgesetzt ist ein natürliches Gleichgewicht mit anderen wasserlebenden tieren(Beutetiere). Entkommen kann dir auch jede Landschildkröte,die aber in der Natur keine Schäden anrichtet. Überleben kann eine allemal. Ich habe als Kind bzw Jugendlicher unter Mithilfe meines Vaters ;-) Weinbergschnecken unbewusst gezüchtet. Sie waren damals nicht unbedingt in meiner Gegend heimisch(Ostwestfalen). Ich setzte also die Massen an kleinen in die Wälder aus und gut war es. Heute sind Weinbergschnecken weiter verbreitet als früher,sind nicht schädlich. Man darf sie aber nicht der Natur entnehmen. Entnimmst du aber 2 und machst es wie ich damals,so sehe ich das nicht als schlimm an. Man sollte es aber nicht groß rumerzählen,wer weiß was der nächste Nachbar für einer ist ,-) Und,du hast eine Population herangezogen und sie freigelassen. Kein Unterschied,oder?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Liebe den Wald,Natur,Reptilien und Griech. Landschildkröten

Schädlich für das Ökosystem wäre es vermutlich nicht. Allerdings ist die Auswilderung von Tieren, die in Menschenobhut gelebt haben, nicht damit getan, dass man das Tier irgendwo im Wald aussetzt. Das ist letztendlich einfach nur Tierquälerei, weil diese Tiere das meist nicht lange überleben...

Schau dir einfach mal an, wie viel Aufwand es oft zum Beispiel für Wildtierauffangstationen ist, Tiere nach Genesung wieder in die Wildnis zu entlassen. Worauf dabei alles geachtet werden muss, damit das funktioniert. Und Handaufzuchten beispielsweise bleiben fast immer lebenslang in Menschenobhut, weil da die Aussichten auf Erfolg echt mies stehen...

PatchrinT  04.04.2024, 23:38

ich habe viele wildtiere wie Rehkitz und steinmarder mit der flasche aufgezogen,alle kamen danach in Auswilderungsstationen. Und alle haben sich wieder in ihre natürliche umgebung eingefügt. Schlechte Aussichten haben höchstens die Tiere die durch Verletzung so stark beeinträchtigt sind,das sie in Menschenobhut bleiben müssen. Das ist aber nicht die Mehrheit.

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HappyMe1984  04.04.2024, 23:45
@PatchrinT

Cool :)! Wie sah es denn da aus mit dem Verlust der Scheu vor dem Menschen? Bei den Tierchen, wo ich das so mitbekommen hab, war das einer der Hauptgründe, dass die Auswilderung nicht möglich war. Oder haben die quasi eine Art "Training" in der Auswilderungsstation bekommen, um da wieder ordentlich Distanz zu Menschen aufzubauen?

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PatchrinT  05.04.2024, 01:32
@HappyMe1984

Rehkitz und co sind natürlich scheu. Aller anfang ist sehr schwierig. Aber trotz ihres widerstandes und "rappeligkeit" am anfang merken Wildtiere sehr schnell das,was der Mensch mit ihnen macht,eine sorgsame und einfühlsame Pflege,ihnen gut tut. Natürlich wirkt sich hunger und die flasche beruhigend auf sie aus. Auch wildtiere merken das. Nicht jeder Mensch hat dieses Einfühlvermögen. Ich muss immer wieder das Erlebnis mit "meinem Marder" erwähnen. Ich könnte ein buch schreiben und fasse mich lieber kurz. Ich fand ihn im wald unter einem Dach eines alten Gemäuers. Rausgefallen aus dem Dach und die mutter kam nicht. Hatte Zeit und beobachtete und kam ca. 5 Std, wieder um ihn zu holen. Sehr schwach geworden und kaum noch Leben. Erst nach gewisser Zeit gelang es mir die flasche richtig zu setzen bis er trank. Er erholte sich schnell,ich päppelte ihn einige wochen auf bis er mir im garten nachlief und immer anhänglicher wurde. Die flasche war nun out und er brauchte "Fleisch und blut". Gab ihm dem Freund,einem Förster in seine station. Er wurde gründlich untersucht,lies sich alles gefallen. Durch "handfeste" Nahrung war er dann so kräftig das das Gatter geöffnet wurde. Er verschwand ohne Aufsehen. Aber nicht so schnell. Er fand den Weg zu mir zurück. Anfangs dachte ich es ist einer von denen die immer normal draussen um die häuser schleichen. Aber kein Marder kommt am Tage. Eines Tages im sommer,es war noch hell abends,war er ca.3m vor mir. Da wusste ich das es er war. Als ich mich hinkniete bemerkte ich das dieses Tier eigentlich nur seinen blick für mich hatte. Ja,ich würde fast sagen er hat sich mit diesen blick bei mir bedankt. Es blieb aber bei dieser distanz. Das ganze ist noch nicht vorbei. In den folgenden wochen habe ich ihn Nachts gehört,in aussencam gesehen. Monate später und auch Jahre,war eine erhöhte Marderpopulation in der gegend zu bemerken. Heute nehme ich an das er dafür gesorgt hat. Ein wildtier das sich bedankt und sich und seine "Familie" geborgen in meiner Nähe fühlt? Es wird so sein. Ich sah lange Zeit später einen Marder,mit weiterer Dstanz,aber immer noch mit beobachtenden Augen,ohne Hektik und flucht. Das sind Momente die man nie vergisst. Zu deinem letzten Satz.....Wildtiere lieben die Freiheit, in seltenen fällen scheitert eine auswilderung. Das aber nur wenn der Zeitpunkt über gewissen Level ist,d.h ein tier war zulange in Obhut des Menschen und läuft Gefahr die restliche Scheu vorm Menschen und den gefahren in der umwelt,Straßen,Hindernisse ect.,abgelegt zu haben.. Ich habe so etwas gehört von einem fuchs der einfach nicht mehr wollte und für immer zum Menschen zurück kam. Als haushund sozusagen. Jedes Individium da draussen ist anders....genau wie der Mensch.

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