Horaz Carpe diem Gedicht an Leukonoe; Beziehungskonstellation?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Leukonoe (griechisch: Λευκονόη; lateinisch: Leuconoe) ist weibliches Gegenüber des Lyrischen Ichs.

Das Lyrische Ich gibt an sie abratende und zuratende Empfehlungen bzw. Aufforderungen.

Die beiden Personen sind offenbar vertraut miteinander und stehen sich nahe.

Leukonoe scheint an ihm anscheinend ein Interesse zu haben und mit einer gewissen Zuneigung um ihn besorgt zu sein. Denn nach der Darstellung scheint für sie in Frage zu kommen, sein Lebensende wissen zu wollen, und zwar an erster Stelle (in Vers 1 geht dies dem Wissen um das eigene Lebensende noch voraus: quem mihi, quem tibi).

Das Verhältnis ist so, dass eine Empfehlung zur Vorbereitung zum Weintrinken (Vers 6 vina liques) nicht unangemessen erscheint.

Der griechische Name Leukonoe ist von dem Adjektiv λευκός/λευκή/λευκόν (leuchtend, licht, glänzend, hell, weiß, klar) und dem Substantiv νοῦς (Denkkraft, Verstand, Vernunft, Geist) bzw. dem damit verbundenen Verb νοεῖν (bemerken, einsehen, denken, überlegen) abgeleitet. Er könnte eine Bedeutung »die klar Denkende« haben. Eine Hinwendung zu astrologischen Vorgehensweisen ist aber bei ihr vorstellbar.

Teilweise wird in modernen Erklärungen Leukonoe als Geliebte des Horaz (Quintus Horatius Flaccus) bezeichnet und dann der Hinweis auf die dahinfliehende Zeit und das Pfücken des Tages (Vers 7 - 8) als verdeckte Umwerbung gedeutet (einer sich spröde Verhaltenden). Dies bewegt sich aber im Bereich unsicherer Vermutung über die Beziehung. Ob es sich um nahe Bekanntschaft, einfache Freundschaft oder ein Liebesverhältnis handelt, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor. Es gibt kein weiteres Horazgedicht mit Nennung von Leukonoe.