Themenspecial 24. Mai 2024
Drogen: Suchtprävention und Aufklärung
Alles zum Themenspecial

Hat sich deine Einstellung zu Drogen und Drogenkonsum geändert seitdem du vom Theoretiker (Ausbildung) in die Praxis gewechselt hast/bist?

1 Antwort

Ja, aber eher andersum.

Durch meine Arbeit und die starke Auseinandersetzung mit dem Thema habe ich viel mehr Verständnis für Konsumierende bzw ein anderes Bild.

Vorher war meine Ansicht glaub ich auch schon recht differenziert, aber doch noch stark durch die Medien und die gesellschaftliche Meinung geprägt. Man kriegt vermittelt, dass Alkohol, Zigaretten und verschriebene Medikamente okay sind und sobald man illegale Drogen nutzt ist man "unnütz" und wird darauf reduziert. Und das alle Nutzer von illegalen Drogen in eine Schublade geschmissen werden.

Drogenkonsum ist so vielfältig, Menschen sind so vielfältig. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir hier viel mehr differenzieren. Konsum ist so weit verbreitet und sollte endlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Zuhören, ins Gespräch gehen, Aufklären, Austauschen.

Die Personen, die negativ mit ihrem Konsum auffallen brauchen Unterstützung und keine Stigmatisierung. Und die Personen, die mit ihrem Konsum per se erstmal niemandem Schaden, sollten dafür auch nicht stigmatisiert werden. Alkohol und Zigaretten sollten ernster genommen werden.

Viele Grüße,

Alena vom DigiStreet-Team

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sozialpädagogin akzeptanzorientierte Drogenarbeit

WilliamDeWorde 
Fragesteller
 24.05.2024, 19:02

Zufällig weiß ich von vielen Delikten, die durch Crystal nicht nur begünstigt, sondern verursacht wurden. Die Nutzer ticken irgendwann aus und die Fälle sind knapp an Mord vorbeigeschrammt.

Nutzer leichterer Drogen habe ich im Straßenverkehr gesehen, wie sie beim Einparken vorn und hinten angestoßen sind und sich scheckig gelacht haben, danach weitergefahren, weil die Lücke wohl doch zu klein war ...

Deshalb wäre ich mit "per se" vorsichtig. (an und für sich) Niemand kann garantieren, dass sie "für sich" bleiben.

Ja, unter Alkohol passieren auch solche Sachen. Aber da kann man durch die tägliche Ansicht besser einschätzen, ob derjenige noch fahrtüchtig ist (und messen kann man die Blutkonzentration auch) und manche werden doch eher friedlich und schlafen und nur wenige rasten vollkommen aus.

Sicher wird man durch den Beruf routinierter, aber der Nutzer hat es meiner Meinung nach nicht im Griff, was raus kommt. Auf den Drogen steht ja nicht drauf, wie viele "Promille" sie haben und er weiß nicht, wie schnell der Körper was abbaut. Vielmehr probiert man sich durch und nimmt, was kommt.

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Alena von Mindzone  27.05.2024, 10:01
@WilliamDeWorde

Ich schreib, "Und die Personen, die mit ihrem Konsum per se erstmal niemandem Schaden, sollten dafür auch nicht stigmatisiert werden." In den von dir genannten Beispielen kommen ja Personen zu schaden.

Für den Fall gilt bei mir:

Gerade dieser starke Konsum ist einer, den ein Verbots-Gesetz nicht verbieten kann. Aktuell ist es ja illegal und die Leute konsumieren trotzdem. Hierfür werden sie dann strafrechtlich belangt und gesellschaftlich ausgegrenzt, was den Konsum tendenziell nur fördert. Ich finde den Weg weg von der Stigmatisierung und hin zu Unterstützung wichtig. Der starker Drogenkonsum ist zudem sehr häufig nur ein Symptom anderer Probleme. Um den Drogenkonsum zu senken, müssen die Probleme angegangen werden und den Personen nicht noch zusätzlich mehr Probleme gemacht werden - das ist nicht zielführend. Die Frage ist hier also: Wollen wir, dass die Personen aufhören oder wollen wir sie einfach nur dafür bestrafen, dass sie etwas Verbotenes getan haben?

Wenn wir möchten, dass sie aufhören, bzw. dass sie für sich selber einen anderen Lebensweg finden (niemand möchte süchtig sein), dann ist die reine Verbotsstrategie nicht zielführend.

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WilliamDeWorde 
Fragesteller
 27.05.2024, 11:44
@Alena von Mindzone

Es gibt durchaus eine Menge von Hilfsangeboten, Entzugs- und Rehaeinrichtungen. Schwere Fälle wird ein Gesetz nicht bekämpfen können, wohl aber den Neueinstieg durch Verharmlosung erschweren. Zu recht versucht man, den Tabakkonsum einzudämmen und ebenso sollte nicht das Pilleneinwerfen als Partyspaß abgetan werden. Es genügt auf keinen Fall, diejenigen zu belangen, die man erwischt, denn gerade die mit den meisten Kleinstraftaten erwischt niemand, schon weil niemand Anzeige erstattet oder kein Zusammenhang zwischen Täter und Opfer herzustellen ist, wenn z.B. Radfahrer lustigerweise aus einer beschwingten Gruppe heraus gemobbt, geschubst, festgehalten werden, nur "zum Spaß und Kräftemessen".

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