Hat der Beruf Journalist Zukunft?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin mir - als alter Journalist - da nicht sicher. Es hängt davon ab, ob die junge Generation bereit ist, Informationen aus verschiedenen Quellen aufzunehmen, selbst zu bewerten und einzuordnen oder ob sie sie noch stärker als gegenwärtig von irgendwelchen Medien einfach übernimmt, weil sie ihnen gerade so ins eigene Weltbild passen.

Offen gesagt, ich bin in dem Punkt skeptisch, weil mittlerweile wenig Wert auf das gelegt wird, was man gemeinhin Allgemeinwissen nennt. Dadurch geht begründete Skepsis verloren, das Stutzen "Moment mal, da kann doch was nicht stimmen". Diese Entwicklung hat mit einigen Schulreformen eingesetzt und sich seitdem leider stetig fortentwickelt.

In meinen Anfangsjahren galt noch eine Devise im Journalismus: Dabeisein ohne dazu zu gehören. Das ist in den letzten Jahrzehnten zunehmend verloren gegangen, am auffälligsten im Sportjournalismus. Die Duzerei mit Trainern, Vereinsbossen und auch selbst mit den Sportlern, diese Nähe, ist Gift für kritischen Journalismus. Das führt zu Gefälligkeits-Berichterstattung oder simpler Pöbelei, wenn man mal "kritisch" sein will.

Guter Journalismus wird auch in Zukunft gebraucht werden, der simple "Unterhaltungsjournalismus" hingegen lässt sich durch KI ersetzen. Eine dpa-Meldung als Nachricht ein bisschen umschreiben und von einer anderen Agentur noch etwas hinzufügen - dazu wird man keine Journalisten mehr brauchen (das habe ich aber auch schon in der Vergangenheit nicht unter Journalismus verstanden).

Wenn du bereit bist, eigenständig zu recherchieren, zu hinterfragen, notfalls auch dem einen oder anderen auf die Zehen zu treten, wenn du Anfeindungen ertragen kannst, dir das "was steckt dahinter? " ein Anliegen ist, dann geh in den Journalismus. Wenn nicht, lass es. Simple Schreiberlinge, wie wir sie nannten, gibt es genug und wird man bald durch KI ersetzen.

Great03 
Fragesteller
 04.06.2023, 18:25

Also wird es auch in Zukunft Journalisten geben?

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Hardy3  04.06.2023, 18:38
@Great03

Ja, vor allem für Spezialthemen wie Wirtschaft, Finanzen, Recht, Wissenschaft und so weiter. Fachpublikationen (egal ob Online oder Print) wird es weiterhin geben, aber da braucht man Fachleute, die auch schreiben und komplexe Themen verständlich darstellen können. In diesen Medien haben eigentlich alle ein (na ja, mehr oder weniger) abgeschlossenes Studium und zusätzlich eine journalistische Ausbildung mit Volontariat.

Schreibst du schon für die Schülerzeitung oder ähnliches? Das ist ein guter Anfang, um zu sehen, ob das etwas für einen ist. Manch einer meiner Kollegen hat auch schon als Schüler in der Oberstufe ab und zu für die örtliche Lokalzeitung einen klrinefgn Bericht verfasst.

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Great03 
Fragesteller
 04.06.2023, 18:39
@Hardy3

Ja, ich bin seit Jahren in der Schülerzeitung.

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Hardy3  04.06.2023, 18:56
@Great03

Dann erkundige dich doch mal bei einer der Journalistenschule nach den Voraussetzungen.

Die berufliche Zukunft zu planen ist übrigens bei jungen Leuten (zumindest hier auf der Plattform) sehr beliebt, aber meistens kommt alles ganz anders, als man sich das so denkt. Insofern kann ich dir nur empfehlen: Wenn du es willst, mach es. Sei aber darauf gefasst, dass später alles ganz anders ist.

Und als kleiner Trost: Ich habe seinerzeit Geschichte und Latein studiert, bin aber schließlich Wirtschafts- und Finanzjournalist geworden, war viele Jahre Ressortleiter und liefere auch heute noch ab und zu einen Artikel.

Im Berufsleben gilt, was Helmut Kohl einmal nach der Wiedervereinigung gesagt hat: "Man muss den vorbeiflatternden Mantel der Geschichte an einem Zipfel zu packen kriegen."

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Jein.

Ja im Sinne das Neuigkeiten immer relevant bleiben.

Nein im Sinne das das klassische bezahlte Printmedium genauso wie Nachrichten TV ausstirbt.

Die Zukunft ist Digital, das merkt man schon lange in online Berichterstattung und in letzten Jahren vermehrt in Nachrichten auf Youtube (aus seriösen quellen).

Das bedeutet aber auch das sich der Job ändert. Wo man früher kontakte brauchte oder in einem Land sein musste landen heute Videos von Ereignissen auf irgendwelchen Online Platformen bevor auch nur eine Zeitung dazu gedruckt oder ein Nachrichtensender darüber berichtet hat.

Der zukünftige Job des Journalisten hat also potentiell wenig mit dem bisherigen Berufsbild gemeinsam.