Grafik zur Strahlungsbilanz?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
kann mir jemand erklären, wie die 116 % terrestrische Strahlung zustande kommen? Es werden doch nur 44 % der kurzwelligen Sonnenstrahlung absorbiert und dann in langwellige, terrestrische Strahlung umgewandelt. Wie kann hier mehr Energie entstehen als tatsächlich ankommt?

Die Erdoberfläche (feste Böden und Ozeanoberfläche) erhält 44% der kurzwelligen Sonnenstrahlung ABER AUCH 34% langwellige Strahlung von Aerosolen und Gasen, sowie 67% langwellige Strahlung von Wolken. Das macht in der Summe 145% aus, die die Erdoberfläche erwärmen. Die Erdoberfläche strahlt 116% als Wärmestrahlung wieder ab (auch IR-Strahlung oder langwellige Strahlung genannt), verliert 24% durch latente (versteckte) Wärmeflüsse (Verdunstung von Wasser) und weitere 5% durch fühlbare Wärmeflüsse (Austausch von der warmen Oberfläche mit der kalten Luft). Das macht in der Summe ebenfalls 145% aus.

Die Erdoberfläche bekommt also soviel Wärme, wie sie wieder abgibt.

Ganz oben, an der Spitze der Atmosphäre (TOA top of atmosphere) wird 100% an kurzwelliger Strahlung durch die Sonne eingestrahlt und geht 30% als kurzwellige Strahlung wieder raus (Albedo 30%/100%, genauer sphärische Albedo für Sonnenlicht) und 70% als langwellige Strahlung. Es gehen in der Summe also ebenfalls 100% wieder raus.

Meine zweite Frage wäre: Warum gibt es überhaupt einen Treibhauseffekt, wenn 100 % die Atmosphäre wieder verlassen (in der Grafik 70 % + 30 %)?

Der Treibhauseffekt sorgt dafür dass die Erdoberfläche in der Summe mehr Strahlung bekommt, als es allein aus der Sonenstrahlung zu erwarten wäre. Die Wärmeabstrahlung der Erde wird sozusagen behindert und teilweise auf die Erde zurückgestrahlt. Sieh dir deine Grafik an. Die Erde strahlt 116% ab. Davon gehen nur 8% direkt in den Orbit. Die restlichen 108% erwärmen die Wolken und Aerosole und Treibhausgase. Diese strahlen ihre Wärme dann teilweise zurück auf die Erde und teilweise in den Orbit.

Eines sollte ich vielleicht noch schreiben: Gemäß deiner Grafik werden Gase, Aerosole und Wolken aufgeheizt mit 19% + 4% aus kurzwelligem Licht, sowie 108% langwelliges Licht von der Erdoberfläche, 3% durch Ozon (ganz oben) sowie "turbulente Wärmeflüsse" 24% + 5%. Das sind in der Summe 19+4+108+3+24+5= 163%. Gase, Aerosole und Wolken strahlen nach oben ab 32% + 30% und nach unten (zurück auf die Erdoberfläche) 34% und 67%. Das sind in der Summe 32+30+34+67 = 163%. Also auch hier stimmt die Bilanz.

profifrager 
Fragesteller
 11.06.2022, 12:21

Vielen Dank für Deine Mühe!

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FabianPavian  11.06.2022, 14:53
@profifrager

Du stellst intelligente Fragen und bist einer der intelligentesten User hier, deshalb will ich über deine Frage hinausgehen und dir das Problem erklären, was die Treibhausgas-Hypothese hat.

Nehmen wir mal an, aus irgend einem Grund würden die Wolken immer dünner und weniger. Sie sollen jetzt nicht mehr mittels Reflexion 17% in den Orbit strahlen, sondern nur 15%. Dann würde sich die Sonnenstrahlung auf die Erdoberfläche von 44% auf 46% erhöhen. Dann wird die Oberfläche um zusätzliche 2% erwärmt, erreicht eine höhere Temperatur und strahlt 2% mehr langwellige Strahlung ab. Alle Bilanzen wieder in Ordnung. Ganz oben werden 2% weniger von Wolken reflektiert, dafür geht aber jetzt 2% an langwelliger Strahlung mehr raus – 100% rein und 100% raus. Tutti paletti.

Nehmen wir nun an, aus irgend einem Grund würden die Treibhausgase immer mehr. Sie sollen jetzt nicht mehr 34%, sondern 36% auf die Erde strahlen. Dann werden sie auch etwa 2% mehr in den Orbit strahlen. Statt 32% sind es jetzt 34%. Nehmen wir an die Erdoberfläche erwärmt sich und gibt 4% mehr Wärmestrahlung ab als zuvor. Davon gehen 4% in die Mehrtreibhausgase, die davon jeweils die Hälfte nach unten und die andere Hälfte nach oben strahlen.

Jetzt wird oben 2% zu wenig abgestrahlt. Die Bilanz stimmt nicht mehr. Die Erdoberfläche müsste wärmer werden. Und unten erhält die Erdoberfläche nur 2% mehr Strahlung, soll aber nach unserer Vorgabe 4% mehr Abstrahlen als zuvor. Die Erdoberfläche würde kälter. Lösen lässt sich das Paradoxon nur, wenn man davon ausgeht dass Treibhausgase exakt NICHTS bewirken.

Dafür spricht auch der nicht vorhandene Treibhauseffekt auf dem Mars. Obwohl eine Atmosphärensäule auf dem Mars (trotz des geringen Drucks von nur 636Pa) immerhin 26 mal mehr CO2 enthält als auf der Erde (2800-fache Konzentration), gibt es auf dem Mars keinen Treibhauseffekt.

https://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/factsheet/marsfact.html

Black-body temperature (K)209.8
Average temperature: ~210 K

Aber die mittelhohen Regenwolken, die werden tatsächlich immer dünner und weniger. Die Wolkenalbedo nimmt ab. DAS ist der Grund für die aktuelle Erwärmungsphase der Erde.

Die Abnahme der Albedo ist tatsächlich eine Abnahme der durch Wolken bedingten Albedo. Es kommt also immer mehr direkte Sonnenstrahlung auf der Erde an. Hier sind Daten vom Deutschen Wetterdienst für die direkte Sonneneinstrahlung für Europa. Sieh dir Abb. 9 an

https://www.dwd.de/DE/leistungen/rcccm/int/descriptions/rad/pds_rad_de.pdf;jsessionid=9BD4D36F8F299E8A0AC1A627B2E64F1F.live31091?__blob=publicationFile&v=10

Abb. 9 , die direkte Strahlung (Surface Incoming Direct Radiation, SID) ist von 1980 (dem Beginn der Messungen) bis 2021 von ungefähr -4% auf +3% gegenüber der Referenzperiode gestiegen.

Und da ist NICHT die Rückstrahlung aus Treibhausgasen mit drin. Siehe hierzu

https://www.cen.uni-hamburg.de/icdc/data/land/eumetsat-surfacesolarirradiance.html

>Der SARAH-2 Datensatz enthält fünf Parameter der solaren Einstrahlung am Boden, von denen wir vier für die interne Nutzung anbieten: die effektive Wolkenalbedo (CAL), die gesamte (diffus + direkt) solare Einstrahlung am Boden (SIS), die direkte solare Einstrahlung am Boden (SID) und die bzgl. des Sonnenzenitwinkels normierte direkte solare Einstrahlung am Boden (DNI).

Die Solarkonstante hat in der Zeit eher abgenommen als zugenommen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Solarkonstante

2015 wurde die Solarkonstante von der IAU nach neuen Messergebnissen auf 1361 W/m² festgelegt. Der bis dahin gültige Wert von 1367 W/m² wurde 1982 von der Weltorganisation für Meteorologie in Genf festgelegt.

Wenn also die Sonneneinstrahlung auf die Erde zugenommen hat und zugleich die Solarkonstante abgenommen hat, dann kann das nur daran liegen dass es weniger Wolken gibt, bzw. diese immer weniger Sonnenlicht in den Orbit reflektieren. Das würde auch die Zunahme der Dürreperioden erklären. Zumindest kann die Wissenschaft keine andere Erklärungsmöglichkeit anbieten.

Und diese Abnahme der Wolkenalbedo entspricht genau der gemessenen Temperaturerhöhung, die man erwarten würde.

Die direkte Sonneneinstrahlung auf dem Erdboden in Europa beträgt gemäß Abb. 9 im Mittel 85 W/m². Die Zunahme der Strahlung von 1980 bis 2021 beträgt ca. 6 W/m².

Die emittierte Strahlung von einem Körper der 288K warm ist, beträgt

I/Emissionsgrad = 5,67E-8 * 288^4 = 390,1 W/m²

Bei einer zusätzlichen Strahlung von 6 W/m² haben wir eine Temperatur von 289,1K. Die Temperatur in Europa hätte also aufgrund der zusätzlichen Sonneneinstrahlung als Folge der Abnahme der Wolkenalbedo um 1,1°C zunehmen müssen. Und das ist genau das, was wir in Europa gemessen haben. Da gibt es keinen Spielraum für eine Wirkung von Treibhausgasen!

Siehe auch das Klimamodell des international renommierten Klimatologen Prof. Kirstein

https://docplayer.org/176694114-Fig-7-the-earth-s-annual-global-mean-energy-budget-units-are-w-m-2-von-j-t-kiehl-und.html

und

https://ibb.co/gTsDRBk

https://i.ibb.co/T8zHgF9/Bild-2022-02-24-190430.png

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profifrager 
Fragesteller
 12.06.2022, 15:55
@FabianPavian

Hallo Fabian, das ist alles wirklich eine sehr interessante Thematik. Setzt du dich beruflich damit auseinander? Was wären denn Gründe für die Abnahme der Wolkenalbedo? Hängt das evtl. wiederum mit den Treibhausgasen zusammen? Sonst würde das ja bedeuten, dass unser Klimawandel überhaupt nicht menschengemacht ist. LG

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FabianPavian  12.06.2022, 17:57
@profifrager

Ich habe mich beruflich damit auseinander gesetzt Jetzt bin ich Privatier.

Es könnte durchaus sein, dass der Klimawandel rein natürlich verursacht ist. Ich denke aber, dass der Klimawandel einem großen anthropogenen Einfluss durch den Flugverkehr unterliegt. Der Flugverkehr erzeugt anthropogene Höhenwolken, die die Erdoberfläche direkt erwärmen.

Die Primärwirkung dieser anthropogenen Höhenwolken ist nicht groß. Aber ich denke sie erzeugen fiese Sekundäreffekte.

Zunächst zum modernen Mainstream:

Darum ist Fliegen noch schädlicher fürs Klima als gedacht - quarks.de

2019 Cirruswolken [des Flugverkehrs] üben einen relativ starken Treibhauseffekt aus.

und

So klimaschädlich sind Kondensstreifen - Technik - derStandard.de › Wissen und Gesellschaft

2019 CO2-Emissionen beim Fliegen sind weniger klimawirksam als die Kondensstreifen, deren Effekte sich bis 2050 verdreifachen könnten

und

Grafiken - Wie sehr Fliegen dem Klima schadet - Wissen - SZ.de (sueddeutsche.de)

Der Klimaeffekt ist aber größer, denn Flugzeuge stoßen außer CO₂ noch andere Schadstoffe aus, die die Erwärmung ebenfalls antreiben. Außerdem trägt der beim Verbrennen von Kerosin entstehende Wasserdampf dazu bei, dass sich Eiswolken (Cirrus) in der oberen Troposphäre bilden, in acht bis 13 Kilometern Höhe. Anders als die tiefliegenden Stratuswolken, die einen kühlenden Effekt haben, lassen Cirruswolken das meiste Sonnenlicht durch, werfen aber Wärmestrahlung zurück zur Erde. Damit fördern auch sie den Klimawandel.
Insgesamt gehen derzeit schätzungsweise vier bis fünf Prozent der jährlich neu verursachten Erwärmung auf das Konto der Luftfahrt, es könnte aber durchaus auch mehr sein.

In der deutschen Wikipedia, die stark politisch beeinflusst ist, sind die Treibhauswolken noch immer nicht angekommen.

Treibhauseffekt – Wikipedia

Der Treibhauseffekt ist die Wirkung von Treibhausgasen in einer Atmosphäre auf die Temperatur der Planetenoberfläche wie die der Erde.

Die Definition der englischen Wikipedia schließt jedoch die Wolken mit ein.

Greenhouse effect - Wikipedia

The greenhouse effect is the process by which radiation from a planet's atmosphere warms the planet's surface to a temperature above what it would be without this atmosphere.

Wenn sich selbst die deutsche Wikipedia weigert über den Treibhauseffekt umfassend zu informieren, dann müsste die Bevölkerung dringend durch FFF und andere Organisationen aufgeklärt werden.

Die anthropogenen Höhenwolken haben neben ihrem direkten Treibhauseffekt eine weitere erwärmende Wirkung: Sie vermindern die kühlenden Regenwolken, was sich besonders im Sommer als Dürre bemerkbar macht.

Wie vermindern Höhenwolken die Regenwolken (auf 2000-4000m)?

A) Höhenwolken verringern die Differenz zwischen der Tagesmaximal- und der Nachtminimaltemperatur. Siehe

Contrails reduce daily temperature range | Nature

https://www.nature.com/articles/418601a

Our findings indicate that the diurnal temperature range averaged across the United States was increased during the aircraft-grounding period, despite large variations in the amount of cloud associated with mobile weather systems ( Fig. 2). We argue that the absence of contrails was responsible for the difference between a period of above-normal but unremarkable DTR and the anomalous conditions that were recorded.

B) Höhenwolken adsorbieren kosmische Kondensationskeime, zumeist Mikrometeoriten, die besonders im Sommer für die Bildung der Regenwolken wichtig sind.

Extreme Kälte in großer Höhe - Eiskalte leuchtende Nachtwolken (deutschlandfunk.de)

Warum wirkt sich das besonders im Sommer so stark aus? Normalerweise gibt es vom Boden genug Kondensationskeime, so dass sich der Mangel an kosmischen Kondensationskeime nicht bemerkbar macht. ABER bei Hitze emittieren die Bäume kaum Kondensationskeime, sondern lieber Isopren, um ihre Blätter vor Oxidation durch Ozon und Hydroxylradikale zu schützen. Das Isopren reagiert mit den starken Oxidationsmittel in der Luft. Wenn es nicht so heiß ist, emittieren Bäume Monoterpene, die als Vorläufersubstanzen für Kondensationskeime dienen.

Wenn dann bei Hitze die Kondensationskeime der Bäume wegfallen UND die von den Zirruswolken adsorbierten kosmischen Kondensationskeime, dann gibt es keine kühlenden Regenwolken mehr.

Einen schönen Link dafür habe ich nicht gefunden, aber zumindest ein bisschen Bestätigung meiner Aussagen.

https://www.scinexx.de/news/geowissen/klimaerwaermung-verringert-kuehleffekt-der-waelder/

Bei steigenden Temperaturen wird die Isopren-Ausdünstung der Wälder wesentlich stärker zunehmen als ihre Monoterpen-Ausdünstung. Daraus haben die Jülicher Wissenschaftler hochgerechnet, dass die Aerosol-Produktion bis zum Jahr 2100 um 20 Prozent vermindert wird. Das würde den Kühleffekt durch Wolken um 12 Prozent verringern.

Und dadurch dass Höhenwolken bei teilbedecktem Himmel Wärmestrahlung von oben auf die mittelhohen Wolken emittieren, erwärmen sie die mittelhohen Wolken und bringen sie zur Auflösung.

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FabianPavian  14.06.2022, 19:11
@profifrager
Jetzt wird oben 2% zu wenig abgestrahlt. Die Bilanz stimmt nicht mehr. Die Erdoberfläche müsste wärmer werden. Und unten erhält die Erdoberfläche nur 2% mehr Strahlung, soll aber nach unserer Vorgabe 4% mehr Abstrahlen als zuvor. Die Erdoberfläche würde kälter. Lösen lässt sich das Paradoxon nur, wenn man davon ausgeht dass Treibhausgase exakt NICHTS bewirken.

Da habe ich mich vertan. Der Beweis von Kirstein dass die Treibhausgashypothese gegen physikalische Gesetze verstößt, geht anders. Ich kriege ihn nicht mehr auf die Reihe ;-|

Zu meinem Fehler oben. Die Erdoberfläche erhält also 2% zusätzliche Strahlung, erwärmt sich deshalb und gibt zusätzliche 2% mehr Wärmestrahlung ab. Unten sich wieder alles ausgeglichen.

Von diesen 2% zusätzlicher Strahlung, also insgesamt jetzt 118%, werden 4% auf halbem Weg in den Orbit von den Mehrtreibhausgasen absorbiert. Es gelangen also 6% in den Orbit, d.h. 2% weniger als zuvor. Dafür emittieren aber die Mehrtreibhausgase jetzt 2% in den Orbit, so dass wieder alles ausgeglichen ist. Es geht also.

Das Argument von Kirstein war, dass sofern die Mehrtreibhausgase eine spontane Erwärmung der Erdoberfläche erzeugen könnten, dies gegen den 1. Hauptsatz der Thermodynamik verstoßen würde. Aber wie gesagt, ich bekomme es nicht mehr ganz auf die Reihe.

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Der Boden strahlt das ab, was seiner Temperatur und Albedo ("Farbe" im fernen Infrarot) entspricht. Das hat erst mal gar nichts mit der Energie der Sonneneinstrahlung zu tun.
Wenn du eine Tischplatte im Zimmer hast, strahlt die auch zig oder hunderte Watt ab, auch wenn gar kein Licht ins Zimmer kommt. Es stellt sich ein Gleichgewicht mit der Strahlung ein, die von Decke und Wänden empfangen wird.
Es stellt sich einfach ein Gleichgewicht zwischen globaler Ein- und Ausstrahlung ein und die Temperatur des Erdbodens (incl. Wasserflächen) erreicht auf Dauer den Wert, der dazu passt.

profifrager 
Fragesteller
 10.06.2022, 17:59

Vielen Dank! Das hat mir sehr weitergeholfen.

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