Gibt es hier Kriegsveteranen? Und wenn ja, könnt ihr von eurer Erfahrung erzählen?

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin kein Veteran, kann dir aber erzählen, wie es ist unter ihnen zu sein.

Mein Nachbar (ein Schotte) war im Golfkrieg. Er ist davon sehr krank geworden und nimmt an, dass liegt an den vielen Impfen, die sie im Vorfeld bekommen haben. Nicht ausgeschlossen, dass experimentelle dabei waren, da fast seine ganze Einheit davon betroffen ist. Bei einem Veteranentreffen kam raus, dass bei niemandem die Impfschäden als Folge der Dienstzeit anerkannt wurde, obwohl alle die gleichen Symptome haben.

In einem Versteck im Keller hat er ein Fotoalbum. Für das schämt er sich. Auf vielen Bildern posiert er mit zumeist toten Opfern/Feinden des Krieges. Die meisten sind recht geschmacklos und unwürdig. Als junger Mann und weil es alle machten, fand er das cool. Heute denkt er anders darüber und träumt fast jede Nacht davon. Obwohl so viele Jahre vergangen sind, findet er kaum Schlaf und ist deshalb oft unausgeglichen. Wenn man ihn aus seinen Alpträumen wecken will, muss man mutig sein. Bei der Gelegenheit schlägt er schon mal um sich und ist im Kampfmodus. Einmal verletzte er seine Ex-Frau dabei sehr. Als das gar kein Ende nahm und eher noch schlimmer wurde, geriet die Ehe in eine Krise und sie trennten sich. Seine neue Partnerin kommt besser damit klar.

In meiner Jugend gab es viele ehemalige Soldaten. Man sah sie überall. Der eine oder andere trug eine Prothese oder hatte einen "Wackel" oder zitterte. Für die Frauen war es normal, dass viele Männer nachts keine Ruhe fanden oder viel schwiegen. Wenn dann doch mal einer was sagte, antwortete mindestens immer einer: "Was willst du denn? Du hast doch überlebt!" Sie waren meistens recht harte Burschen, körperlich wie mental. Wenn sich einer verletzte, wurde nicht viel Aufhebens drum gemacht. Der Mann wurde versorgt, bekam einen Klaps auf die Schulter und gut. Es musste schon recht schlimm kommen, damit einer jammerte. Das Jammern überlies man den Frauen. Wurde es zu viel gab es Alkohol und/oder Zigaretten. Beides war überall und alltäglich.

In vielen Familien hing der Haussegen schief. Die Frauen hatten sich ohne Männer stark zeigen müssen und sich bis zu einem gewissen Grad verändert und auch emanzipiert. Man konnte nicht anknüpfen, wo man getrennt wurde. Paare mussten sich komplett neu kennen lernen. Man lief nicht so leicht auseinander und gab den Ernährer auf. Schläge, Gewalt und ein grober Umgangston waren nicht ungewöhnlich. Natürlich nicht überall. Dabei verschonte man die Kinder nicht. Man dachte wirklich Erziehung hat was mit Dressur zu tun. Wo die Worte fehlten wurden sie grob ersetzt. Man erwartete Disziplin und Stärke, keine Diskussionen. Alle mussten mit anpacken und zusehen, dass die Familie wieder wer wurde und was darstellte. Ganz wie man es ihnen beigebracht hatte.

Ein ganz anderes Thema waren Flüchtlingsfamilien. Sie kämpften mit den gleichen Problemen, wie heute z. B. Syrer oder Afghanen. Hier hatten Frauen und Kinder ebenfalls unendliches Leid erlebt. Mit dem Unterschied, dass sie zusätzlich noch ihre Heimat verloren hatten. Niemand hatte auf sie gewartet und empfing sie entsprechend. Die verschwundenen Väter wurden idealisiert und es gab oft ein böses Erwachen, wenn er doch wieder auftauchte.

Die Männer sprachen nicht offen oder oft über das Erlebte aus dem Krieg. Wenn dann nur in kryptischen Andeutungen oder in dummen Bemerkungen und Witzen. Ironie war ihr sprachliches Mittel, wenn es nicht anders ging. Es kam vor dass einem die unglaublichsten Geschehnisse unvermittelt und völlig überraschend vor den Latz geknallt wurden, aus den Nichts. So manchem waren schrecklichste Dinge so vertraut und normal, dass sie erst über die Reaktion der Umstehenden merkten, was sie da von sich gaben. Nicht wenige zogen es dann ins Lächerliche oder machten sich einen Spaß daraus damit zu provozieren. Ich denke, das war eine Form der Verarbeitung.

Kinder sangen wirklich Lieder wie: "Maikäfer flieg ..." Ich denke fast alle Boomer kennen es. Die Erwachsenen hörten lieber Karnevalshits und guckten Heile-Welt-Filme. Das half beim Vergessen. Gleichzeitig kursierten die unglaublichsten Geschichten und Witze. Noch schlimmer wurde es, als über die Nürnberger Prozesse immer mehr bekannt wurde. Ich möchte gar nicht wiederholen, was es alles zum Thema Seife oder Lampenschirme gab. Im Fernsehen tauchten die ersten Dokus über das Dritte Reich auf und es wurden immer mehr. Viele Männer hörten interessiert zu, aber viele konnten das nicht. Wenn über Stalingrad berichtet wurde und im Hintergrund die "Stalinorgel" zu hören war, schalteten sie um oder gingen weg. Die Theorien über Hitlers Verbleib uferten aus.

Die Körpersprache der Männer war nicht eindeutig. Dass der Krieg verloren war und der Verlust ihrer Kameraden schmerzte sie sehr. Alte Kriegsfreunde zu treffen war ihnen wichtig. Man war froh über jeden der noch da war. Hier waren sie unter sich und dann redeten sie. Das war eine Mischung aus Kameradschaft und Enttäuschung, dass alles vergebens war. Die ganze Schinderei und der Kummer für nix. Man merkte, das bestimmte Themen gemieden wurden oder nur angedeutet. Es war unausgesprochen klar, dass man nicht näher darauf einging. Mit Ignoranz versuchte man vergessen zu machen, was besser nie passiert wäre und dass man sich so getäuscht hatte.
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Ich breche mal hier ab.
Es gibt aus den frühen Nachkriegsjahren interessante deutsche Filme zu dem Thema. Zu dem Zeitpunkt existierten noch die Originalschauplätze im Kriegszustand und die Autoren, sowie Schauspieler waren fast alle an der Front gewesen. Diese Filme unterscheiden sich deutlich von den späteren Filmen, besonders von denen aus Hollywood. Sie waren noch tief geprägt vom Erlebten und bewegen sich der Zeit entsprechend getreu. Ich denke noch näher wird du dem Thema schwerlich kommen können. Allerdings wirst du dich mit schwarz-weiß Filmen anfreunden müssen oder das Buch dazu lesen müssen.

Die Brücke (1959) – Wikipedia
08/15 (Film) – Wikipedia

So weit die Füße tragen – Wikipedia
Im Westen nichts Neues – Wikipedia


AjustyPaymixon 
Beitragsersteller
 13.12.2024, 19:23

Dein Schottischer Freund leidet anscheinend am "Golfkriegssyndrom". Das ist ein Phänomen bei dem viele Veteranen aus dem Golfkrieg an verschiedene Krankheiten leiden.

Realisti  13.12.2024, 22:28
@AjustyPaymixon

Den Namen kann ich dir nicht sagen. Manchmal fehlen ihm einfach auch die deutschen Worte um sich zu erklären.

Realisti  17.12.2024, 07:50

Gestern sah ich, dass derartige Filme auf dem Doku-Kanal laufen. Dabei war auch "Hunde wollt ihr ewig leben!". Danke für den *

Ich bin zwar deutlich zu jung um im zweiten Weltkrieg gekämpft zu haben, aber ich erzähle mal was mein Uropa (er hat damals mit 17 Jahren gekämpft auf der Seite der Deutschen) mir erzählt hat:

Er meinte das es schlimme, unmenschliche Lebensweisen waren, das er mitansehen musste wie seine Kameraden und Freunde getötet wurden und noch anderes schreckliches.

Er war allerdings nicht allzu lange im Krieg, da er tödlich angeschossen wurde - ein Notizbuch in seiner Brusttasche hatte die Kugel abgefangen. Dennoch lag er sehr lange im ,,Krankenhaus‘‘ und man wusste mehrere Jahre nicht wie es um ihn steht.

Naja, er hat überlebt und ist erst 80 Jahre später (mit 97 vor ein paar Tagen) gestorben.

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Habe viele Erfahrungen und Wissen gesammelt :)

Der 2.Weltkrieg ist fast 80 Jahre her, dann müssten die Zeitzeugen an die 100 sein und zudem hier noch angemeldet....die Chancen auf einen Lottogewinn sind besser.


AjustyPaymixon 
Beitragsersteller
 13.12.2024, 14:25

Ach wirklich? :O

Aber wusstest du, dass es auch Kriegseinsätze zwischen 1945 und heute gab, z.B in Afghanistan, Somalia oder Jugoslawien?

VFR80065  13.12.2024, 14:28
@AjustyPaymixon

Ja, aber das interessiert die meisten Leute nicht. Der überwiegende Teil der Filme stammt halt vom 2. Weltkrieg, bei den Spielen nicht anders....oder siehst du das anders?

Ich bin War Thunder Veteran. Das waren noch Zeiten