Game of Thrones Neuübersetzung?
Hallo miteinander,
Ich lese zurzeit die Game of Thrones Reihe in der erst 2024 erschienenden Taschenbuch-Edition, welche vom Cover-Design an das Original angelehnt ist.
Zuvor habe ich vor ein paar Jahren die Hardcover Version gelesen, welche die originalen 5 Bände zusammen behält und nicht in 10 Bände aufteilt.
Jetzt ist mir aufgefallen, dass es bei beiden Versionen (welche von unterschiedlichen Verlagen sind) leicht verschiedene Übersetzungen gibt. An sich basiert die "neue" Taschenbuch-Übersetzung auf die von Jörn Ingwersen, welche bereits in der Hardcover Version oder in der noch älteren Paperback-Version (die gelbliche) verwendet wurde, doch hat man die Übersetzung durchgesehen und überarbeitet.
Vor allem unwichtige Nebencharakter haben teilweise vollständig andere Namen. Beispielsweise im Eddard Kapitel, in dem er Gendry besucht, wird aus einem Ser Hugo ein Ser Hugh oder am Ende des Kapitels, aus ein Hans ein Jacks.
Hat jemand bessere Kenntisse als ich und kann sagen, welche Übersetzung genauer am original ist? Hat man in der "unbearbeiteten" Übersetzung Fehler gemacht, welche nun verbessert wurden; oder hat man in der überarbeiteten Übersetzung einfach neue Namen erfunden?
Zweiteres wäre natürlich äußerst ärgerlich.
2 Antworten
Hugh und Jacks sind die Namen, wie sie auch im englischen Original verwendet werden.
Trotzdem würde ich sagen, dass es sich hier nicht um Fehler des Übersetzers handelt. Diese Namen, die du in der älteren Ausgabe gefunden hast, sind keineswegs erfunden oder "vollständig anders".
Vielmehr ist Hugo eine deutsche Variante des Namens Hugh.
Und auch bei Hans / Jacks verhält es sich (fast) so. Jack ist eine übliche Kurzform des Namens John (auch wenn er eigentlich nicht kürzer ist); so heißt z.B. Jack Nicholson in Wirklichkeit John Joseph Nicholson, Jack Lemmon war John Uhler Lemmon III und Jack Vance war John Holbrook Vance, um nur einige Beispiele zu nennen. Die deutsche Form von John ist Johann oder Johannes, wovon Hans wiederum eine Kurzform ist. Insofern ist der Name Hans nicht so schlecht gewählt, wenn man das "s" bei Jacks wohlwollend übersieht.
Aufgrund der alles andere als willkürlichen Wahl entsprechender deutscher Namen, vermute ich, dass der Übersetzer diese bewusst gewählt hat, um die Lektüre für die deutschen Leser einfacher zu machen, da sie ja ohnehin schon mit Unmengen von Namen überschüttet werden. (Was von einer solchen Anpassung von Namen an den jeweiligen Sprachraum der Leser zu halten ist, darüber kann man sicher streiten. Manche Leser sind vielleicht dankbar, andere mögen das nicht.)
Die Änderung zurück zu den Originalnamen ist vermutlich auf die Bekanntheit der Fernsehserie zurückzuführen. Das ist aber nur Spekulation meinerseits; ich habe keine besonderen Einblicke in die Überlegungen des Verlags. 😉
Gerne.
Die Diskussion, wie mit Namen zu verfahren sei (übersetzen oder nicht übersetzen), habe ich schon mehrere Male in Bücherforen gesehen.
In den von dir genannten Fällen würde ich die Originalversion bevorzugen, aber wirklich schwierig wird es bei sog. sprechenden Namen, also wenn die Namen auch eine echte Bedeutung haben, umso mehr, wenn man nicht davon ausgehen kann, dass die Zielgruppe die Bedeutung des Originals versteht. Das dürfte natürlich bei den meisten Fremdsprachen der Fall sein (und oft auch bei Englisch, wenn das Niveau nicht sehr gut / muttersprachlich ist, je nachdem, ob die Wörter ausgefallen sind), aber auch bei Kinderbüchern.
In Harry Potter kommen z.B. sehr viele Namen vor, in die Sprachspiele verpackt sind. Ich möchte da nicht in der Haut der Übersetzer stecken. Unübersetzt ist es näher am Original, aber es geht den meisten Lesern etwas verloren; übersetzt gefällt es manchen nicht und wenn es dann berühmte Verfilmungen gibt, bei der eine andere Entscheidung getroffen wird, gibt es Diskrepanzen; Fußnoten sind aus meiner Sicht eine gute Lösung, aber vielleicht nicht für Kinderbücher... Wie gesagt, echt schwierig.
In manchen Fällen kann es auch zu kuriosen, unbeabsichtigten Übereinstimmungen kommen. Auf Deutsch heißt der erste Band (der gesplitteten Ausgabe) ja Die Herren von Winterfell. Hört sich nach einem komplett deutschen Namen an, dieses Winterfell. Nur ist das ja auch der Name im Original und da gibt es für -fell eine ganze Reihe von möglichen Bedeutungen, nicht nur als Substantiv, sondern auch als Verb und Adjektiv (s. hier). Auf Reddit gab's da mal einen Thread dazu, indem über die Bedeutung diskutiert wurde.
Für Übersetzer ist das eine Herausforderung, weil in diesem Fall, eine Übertragung auch eine Interpretation des Namens ist. Vielleicht hat der Übersetzer den Namen deshalb unübersetzt gelassen, was dem deutschen Leser aber möglicherweise gar nicht bewusst ist, weil es im Deutschen ja die Wörter Winter und Fell auch gibt!
In manchen Fällen stehen Übersetzer auch mit den Autoren in Kontakt (ist aber eher seltenen, glaube ich).
Ich habe gelesen, dass Tolkien, der ja auch Deutschkenntnisse hatte, mit Margaret Carroux in Kontakt stand und ihr bei ihrer Übersetzung des Herrn der Ringe in manchen Fällen bei der Auswahl von bestimmten Wörtern beratend zur Seite stand. Das ist natürlich super, wenn der Autor bei mehrdeutigen Passagen Klarheit verschaffen kann.
Ein Beispiel einer interessanten Übersetzung, die mir im Gedächtnis geblieben ist, ist das spinnenartige Ungeheuer, das Frodo und Sam auf ihrem Weg nach Mordor antreffen.
Im Original heißt dieses Wesen Shelob, in der deutschen Fassung Kankra. Ein Zusammenhang drängt sich da nicht wirklich auf, zumindest ging es mir so.
Allerdings ist es wohl so, dass lob ein sehr altes Wort für Spinne ist, das wohl auch meisten Muttersprachlern nicht bekannt sein dürfte, dem Philologen Tolkien aber schon. Das she- bezeichnet die weibliche Natur des Monsters. (Das gibt es im Englischen ja öfter, z.B. kann eine Wölfin she-wolf genannt werden, wenn man unterstreichen möchte, dass es ein weiblicher Wolf ist).
Im Deutschen gibt es das Wort "Kanker", was eine andere Bezeichnung für Weberknechte ist. Wusste ich selbst nicht, bevor ich in dem HdR-Zusammenhang davon gehört habe. Die weibliche Endung -a bei Kankra entspricht dann dem englischen she-.
So, genug geschwafelt. Ich wünsche dir noch eine schöne Woche! :-)
Ich glaube, da hilft nur ein Blick in eine englische Ausgabe des Buches, um herauszufinden, welche Übersetzung näher am Original ist.
Danke für die Antwort! Unter diesem Aspekt ergibt es natürlich Sinn, warum etwas "andere" Namen verändert wurden.