Gab es neben dem sogenannten großen Sprung nach vorne noch andere Ursachen für die große Hungernot in China?

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Neben dem „Großen Sprung nach vorne“ gab es mehrere andere Faktoren, die zur großen Hungernot in China (1959-1961) beitrugen:

Armut in China

Anspruch und Wirklichkeit der chinesischen Agrarpolitik seit den 1950er-Jahren

  1. Die Problematik der Armutskriterien
  2. Eine kurze Bilanz der chinesischen landwirtschaftlichen Entwicklungsstrategie 1949–1978
  3. Hohe Armutsquoten und eine zweite »Befreiung« der Bauern 1978–1985
  4. Stagnation, Steuer- und Abgabenlast und prekäre Existenz 1986–2004
  5. Eine grundlegende Wende in der Agrarpolitik seit 2005?
  6. Résumé
  1. Wetterbedingungen: Schwere Dürre und Überschwemmungen in verschiedenen Regionen Chinas führten zu Ernteausfällen.
  2. Agrarische Politik: Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und ineffiziente landwirtschaftliche Praktiken reduzierten die Produktivität.
  3. Fehlplanung: Überoptimistische Produktionsziele und unrealistische landwirtschaftliche Strategien führten zu einer massiven Fehlallokation von Ressourcen.
  4. Soziale und politische Repression: Die Verfolgung von Bauern, die gegen die staatlichen Vorgaben arbeiteten, führte zu einem Rückgang der Motivation und des Engagements in der Landwirtschaft.
  5. Wirtschaftliche Isolation: Chinas isolierte Wirtschaftspolitik und der Mangel an internationaler Unterstützung während dieser Zeit verstärkten die Nahrungsmittelknappheit.

https://zeithistorische-forschungen.de/1-2022/6020

Ostberlin, Chinas "Großer Sprung nach vorn" und die KulturrevolutionFake News-Journalismus à la DDR

Axel Berkofsky

27.04.2021 / 13 Minuten zu lesen

Anfangs schenkte Walter Ulbricht der chinesischen Propaganda und Statistiken Glauben, dass China binnen weniger Jahre mehr Weizen und Stahl als die USA produzieren sollte. Aus der Begeisterung wurde Ablehnung, als sich herausstellte, dass der "Große Sprung nach vorn" nicht Millionen Tonnen Stahl und Weizen produzierte, sondern 40 Millionen Chinesen das Leben kostete. Auch bei der Bewertung von Maos Kulturrevolution lag die SED daneben.

Der Große Sprung nach vorn – Katastrophe mit Ansage

Mitte der 1950er-Jahre entschied Mao, dass eine Steigerung von Chinas Stahl- und Landwirtschaftsproduktion durch eine radikale Kollektivierung zu erreichen sei. China sollte fortan gemäß Mao auf „zwei Beinen laufen“: Schwerindustrie und Landwirtschaft. Der Sprung hatte seine Anfänge im Jahre 1956 in der Provinz Henan, wo viele kleine Bauernhöfe in eine große Landwirtschaftskooperative eingegliedert wurden. Mao war begeistert, und Ende 1957/Anfang 1958 wurden daraufhin die ersten Volkskommunen in den Provinzen Henan und Hebei eingerichtet. Zuerst im Verwaltungsbezirk Xushui, wo der Parteioffizielle Zhang Guozhong Landbewässerungsprojekte im Stile einer Militärkampagne organisierte. Er rekrutierteZur Auflösung der Fußnote

[1] zu diesem Zweck 100 000 Arbeiter_innen, die in Bataillonen und Zügen im Akkord rund um die Uhr arbeiteten.

Die Arbeiter_innen und ihre Familien lebten fortan nicht mehr in Dörfern, sondern in separaten Lagern und Barracken. Bauern waren nicht mehr Bauern, sondern „Milizen“. Ende des Jahres 1958 war Chinas Landwirtschaft in den ländlichen Gebieten mit 26 000 Volkskommunen nahezu vollständig kollektiviert. 1957 belief sich Chinas Stahlproduktion auf 5,3 Millionen Tonnen. Bis zum Ende des Jahres 1958, so fantasierte Mao, sollte sich die Produktion verdoppelt haben. 1962 sollten es sogar 100 Millionen Tonnen werden. Mehr als die USA produzierten. Viel zu gut, um wahr zu sein, und ohne jeden Zweifel (zumindest außerhalb des Politbüros der KP Chinas) war absehbar, dass die in Stahlarbeiter umgeschulten und ungeschulten chinesischen Bauern nicht binnen weniger Monate Millionen Tonnen hochwertigen und für den Export geeigneten Stahl produzieren konnten. Die Felder von 40 Millionen Amateur-Stahlarbeitern blieben in der Folge unbestellt, was wiederum dazu beitrug, dass sich die anbahnenden Hungersnöte in ganz China weiter und schneller verbreiteten. Der Historiker und Sinologe Frank Dikötter dokumentiert, dass die „Hinterhofstahlarbeiter“ sich zusätzlichen Drucks in Form von körperlicher Misshandlung, Entzug von Nahrungsmitteln und Bezahlung ausgesetzt sahen, als sich herausstellte, dass nicht einmal ein Drittel der Stahlöfen Stahl von Qualität produzierte.Zur Auflösung der Fußnote

https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/332037/ostberlin-chinas-grosser-sprung-nach-vorn-und-die-kulturrevolution/


Udavu  18.11.2024, 17:20

⭐Danke

Guten Morgen!

Ein zentraler Faktor für die Hungernot war die misslungene landwirtschaftliche Planung und die übermäßige Kontrolle der Landwirtschaft durch die Regierung. Durch die Kollektivierung und die Zwangsbewirtschaftung kam es zu einer massiven Verschwendung von Ressourcen und Arbeitskräften. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe wurden ineffizient geführt, und die Böden wurden überbeansprucht, was die Erträge verringert hat. Gleichzeitig führte der Fokus auf die Produktion von Stahl in Kleinstöfen in Dörfern zu einer drastischen Verringerung der landwirtschaftlichen Arbeitskraft.

Der staatlich propagierte Einsatz von ungeeigneten landwirtschaftlichen Methoden, wie das vermehrte Anpflanzen von Monokulturen, sowie die Fokussierung auf theoretische Modelle statt auf praktische Erfahrungen, führten zu Ernteausfällen. In den Jahren 1959 bis 1961 litt China unter Naturkatastrophen, wie Dürre und Überschwemmungen, die die landwirtschaftliche Produktion weiter beeinträchtigten. Diese Ereignisse trafen auf einen bereits geschwächten Landwirtschaftssektor. Der Staat unterdrückte Berichte über den wachsenden Hunger und die schlechte Ernte. Es war eine Zeit intensiver politischer Repression, die es den Bauern erschwerte, die wirkliche Situation zu melden. Dies führte zu einer Verzögerung von Hilfsmaßnahmen. Während der Hungersnot war China politisch isoliert, was zu einem Mangel an ausländischer Hilfe führte. Diese Unterstützung hätte in einem anderen Kontext möglicherweise zur Linderung der Krise beigetragen.

Die genauen Opferzahlen dieser Katastrophe sind noch immer umstritten, doch Schätzungen gehen von 15 bis 45 Millionen Toten aus. Die Hungernot und ihre Folgen prägten die chinesische Gesellschaft nachhaltig und beeinflussten die politische Entwicklung in China tiefgehend.

LG aus Tel Aviv

Jessy

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Globalgeschichte/ internationale Politik

NianMao  17.11.2024, 11:53
Die genauen Opferzahlen dieser Katastrophe sind noch immer umstritten, doch Schätzungen gehen von 15 bis 45 Millionen Toten aus.

Wobei es genauer gesagt bei den Zahlen um die Zeit des Großen Sprunges ging, nicht unbedingt die Hungersnot. An Krankheiten starben in dieser Zeit wohl die meisten, da die geschwächten (aber nicht verhungerten!) den verschiedenen Epidemien in dieser Zeit erlegen waren.