Ethik Frage zur imperativ der Verantwortung und Heuristik der Furcht?

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Diese Dynamik der technologischen Entwicklungen, die Hans Jonas in immer wieder neuen Gesichtern beschreibt, veranlasst ihn den Kant'schen Imperativ, der an das Individuum gerichtet ist, umfassender zu formulieren: "Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden."
Der neue Imperativ sagt, "daß wir zwar unser eigenes Leben, nicht aber das der Menschheit wagen dürfen; ... daß wir nicht das Recht haben, das Nichtsein künftiger Generationen wegen des Seins der jetzigen zu wählen ...". Der neue Imperativ richtet sich daher also viel mehr an eine öffentliche Politik als an ein privates Verhalten.
Wir wissen fast nichts über die direkten Nah-Wirkungen der neu in Entwicklung befindlichen Technologien und über die Fern-Wirkungen wissen wir gar nichts, agumentiert Jonas weiter. Wir wissen nur, dass die Entwicklungen hoch dynamisch verlaufen. So fordert er eine "Tatsachenwissenschaft von der Fernwirkungen technischer Aktionen". Die erste Pflicht der Zukunftsethik ist die Beschaffung von Vorstellungen über die Fernwirkungen.
Da der Erhalt der Menschheit (nicht des Einzelmenschen) das von Jonas formulierte ethische Ziel ist, formuliert er als Strategie des Handelns eine "Heuristik der Furcht": Alle technischen Entwicklungen sind solange zu unterlassen, solange wir die Fernwirkungen nicht kennen. Nur so ist sicher gestellt, dass wir für die zukünftige Menschheit heute Verantwortung übernehmen können und somit den neuen Imperativ einlösen können.
https://www.blikk.it/angebote/kopfbahnhof/inhalte_w_v_lueck/ne730.htm

Ich denke bei diesem Text an das frühere DDT. Ein Pestizide, das man bei Pflanzen einsetzte. Es galt als Wundermittel. Die Folge: Am Himmel waren keine Vögel mehr zu sehen.

Die höchsten Konzentrationen des Mittels wiesen sie allerdings in Schichten aus den neunziger Jahren nach - also rund 20 Jahre nach dem Verbot von DDT. Ihre Erklärung: Damals setzten die Winzer ein Pestizid ein, dass die Erosion steigert - so dass auch ältere, im Boden gespeicherte Stoffe in den See gespült wurden.
Stellen, an denen Gifte wie DDT im Boden gespeichert sind, können so zu Schadstoffquellen werden, wenn die Umweltbedingungen sich ändern, folgern die Autoren. Ihr Fazit: "Im Licht dieser Studie erscheint es äußerst wichtig, dass bei der Einschätzung ökologischer Risiken von Stoffen und beim Management neuer landwirtschaftlicher Praktiken solche Mechanismen der Mobilität von Pestiziden in der Umwelt in Betracht gezogen werden."
https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/pestizide-verbotenes-ddt-ist-bis-heute-in-der-umwelt-nachweisbar-a-996985.html

Es werden heute Grenzwerte von Stoffen verlangt, die Mensch und/oder Tier schädigen können. Doch was noch nicht absehbar ist, das ist die Wechselwirkung mit anderen Stoffen. In Kombination können an und für sich unbedenkliche Mittel plötzlich zur Gefahr werden.