Ernst Haeckel ein Betrüger?

3 Antworten

Ich glaube du hast die Bedeutung nicht ganz verstanden. Die Theorie ist nicht falsch, sie ist lediglich veraltet.

Trotz allem hat sie einen wahren Kern; alle Embryonen, sogar die von verschiedenen Tieren, ähneln einander sehr.

Der Fehler Haeckels war jedoch ein anderer; er wollte seine Beobachtungen als „Naturgesetz“ manifestieren.
Da man heutzutage jedoch bestimmte Abweichungen der damaligen Ansichten festgestellt hat, spricht man eher von einer Rekapitulierungstheorie.

Er lag nicht falsch, er war für die damaligen Kenntnisse ein Vorreiter in der Biologie. Seine Theorie war halt nicht ausgereift.
Und ich wette, wenn du in deinem Buch weiterliest, wird dieser Ansatz auch deutlich gemacht.

MulanHuiLai  25.04.2020, 07:51

Gute Antwort. Zudem - er hat ja keine Fotos gefälscht und retouschiert, sondern seine Theorien mit meisterhaften Graphiken illustriert. Ich hab die Ausgabe Ernst Haeckel "Kunstformen der Natur" mit 2*50 Illustrationen, als PDF Scan, und bin jedesmal überwältigt. Das Buch ist eine bibliophile Kostbarkeit und so soll man es auch rezipieren. Dass sich in der Biologie, einer der exakten Naturwissenschaften, innerhalb von 100 Jahren was ändert, anders als bei religiösen Glaubenssystemen, müsste doch von vorherein klar sein.

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Dass Haeckel seine Embryonenbilder teilweise geschönt und idealisiert hat, ist wahr, man muss dabei aber auch die historischen Zusammenhänge im Auge behalten. Im 19. Jahrhundert bemühte man sich in der Naturforschung zunehmend um objektive Darstellungen, Haeckel folgte mit seinen Embryonen aber noch der alten Vorgehensweise, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und kleine Abweichungen erstmal auszublenden. Heute würde in dieser Form niemand mehr publizieren.

Dass es einen grundlegenden Zusammenhang zwischen Ontogenese und Stammesgeschichte gibt, wie Haeckel behauptet hat, ist heute allerdings unstrittig, auch wenn man es nicht mehr als striktes Gesetz betrachtet. Die Embryonalentwicklung verschiedener Arten läuft umso ähnlicher ab, je enger sie miteinander verwandt sind, aber da Biologie die Wissenschaft der Ausnahmen ist, können auch in frühen Stadien bereits Abweichungen auftreten, beispielsweise das Blastocystenstadium der Säugetiere.

Haeckel hat die Bilder tatsächlich idealisiert. Manche haben ihm sogar bewusste Täuschung und arglistige Fälschung vorgeworfen, aber das ist zu weit gegriffen. Er hat schließlich Zeichnungen angefertigt und keine Fotos und sich hierbei darauf konzentriert, in seinen detaillierten Zeichnungen das Wesentliche zu illustrieren und dieses besonders hervorzuheben.

Seine biogenetische Grundregel (auch Rekapitulationsregel genannt) hat heute noch Gültigkeit und kann als sehr überzeugender und anschaulicher Beweis für die Evolutionstheorie dienen. Sie gilt heute aber nicht mehr uneingeschränkt. Beispielsweise rekapitulieren die Vögel keine Zähne, obwohl sie von zahntragenden Dinosauriern abstammen und nach der biogenetischen Grundregel während der Embryonalentwicklung Zähne anlegen müssten. Andere Strukturen der frühen Ontogenese wiederum sind keine Rekapitulationen der früheren Stammesgeschichte, sondern Neubildungen, etwa die "Fangmaske" von Libellenlarven. Der Grund dafür ist recht simpel: Evolution findet auf allen Ebenen der Ontogenese statt, nicht nur beim "fertigen" Lebewesen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig