Entgegengesetzte elektrische Ladungen ziehen sich an. Warum stürzen die negativ geladenen Elektronen aus der Atomhülle nicht in den positiv geladenen Kern?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das ist richtig, in der klassischen Physik wäre das so, und damit wäre nach den Regeln der klassischen Physik Materie nicht stabil.
Die Lösung für das Problem liefert die Quantenmechanik:

Niels Bohr machte sich über deine Frage Gedanken und nahm an, dass es diskrete Energieniveaus geben muss, die stabil sind, und die einen Bereich beschreiben, in dem sich das Elektron aufhält - wohlgemerkt nur auf diesen Bahnen.
Max Planck hatte schon postuliert, dass elektromagnetische Wellen quantisiert sind, dass Energie also nur in ganzzahligen Vielfachen von Energiepaketen transportiert werden kann. Einstein bewies das mit dem Photoelektrischen Effekt.

Wellen bestehen also aus Teilchen (Photonen), woraus De Broglie folgerte, dass Materieteilchen auch Welleneigenschaften haben können. Ausgehend von dieser Hypothese stellte Schrödinger die Schrödingergleichung auf, mit der man die Energie von solchen Teilchen mit Wellencharakter berechnen kann.

Daraus entwickelte man mit der Zeit das Orbitalmodell. Die Orbitale kennzeichnen metastabile Zustände, in denen sich Elektronen als stehende Wellen aufhalten können. Daneben gibt es auch „verbotene“ Bereiche, in denen sich Elektronen nicht aufhalten können/dürfen. So wurde das planetenähnliche Atommodell von Rutherford abgelöst, durch ein vollständig durch die Quantenmechanik beschreibbares Orbitalmodell.

Um deine Frage also zu beantworten, muss man weg von der klassischen Physik, und den klassischen Theorien, und zunächst einmal verstehen, dass Elektronen halt eben keine „Kugeln“ sind, die um den Atomkern „kreisen“.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – B.Sc. Chemie

Die Vorstellung, dass Elektronen wie Planeten um den Atomkern kreisen und durch die Zentrifugalkraft auf der Bahn bleiben, ist ein Modell, mit dem sich zwar einige aber nicht alle Eigenschaften erklären lassen. Ein kreisendes Elektron würde beispielsweise der Zentripetalkraft unterliegen und damit durch seine Ladung strahlen. Dabei würde es Energie verlieren und tatsächlich in der Kern stürzen.

Elektronen kann man sich auch als Welle um den Kern vorstellen und da sind nur ganzzahlige Verhältnisse möglich. Die Welle muss in sich geschlossen sein, da nicht ein Wellental auf einen Wellenberg treffen kann. Diese Abstufung erklärt auch die Quantensprünge. Die geringstmögliche Energie eines Elektrons ist eine einfache Welle und die ist bereits außerhalb des Kerns.

https://www.uni-ulm.de/fileadmin/website_uni_ulm/nawi.inst.251/Didactics/quantenchemie/html/Schroedi.html

Woher ich das weiß:Recherche

Es gibt im Atom keine kleinen Kügelchen, die um große Kügelchen kreisen (und "hineinstürzen" könnten). Diese Vorstellung ist überholt.

Es gibt Wellenfunktionen, deren Absolutquadrat einer Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte von Elektronen entspricht, und die Eigenvektoren des Hamiltonoperators (im unendlichdimensionalen Hilbertraum, der Funktionen auf Vektoren abbildet) sind, was sie zu stabilen Zuständen macht (mit der Energie als Eigenwert). "Alle Elektronen im Kern versammelt" ist einfach keiner dieser Eigenzustände. Anschaulicher wird es leider nicht.

Im wesentlichen kann man sich das am besten mit der Unschärferelation und der Schrödingergleichung vorstellen.

Und zwar besagt die Unschärferelation, dass je genauer der Ort wird desto ungenauer der Impuls wird.

Sprich je näher das Elektron an den Kern geht desto "schneller" wirds. Genau genommen gehts um den Impuls aber zur einfacheit halber kann mans mal so sagen. Irgendwann ist aber dieses "schneller werden" mit mehr Energie verbunden als durch das elektrostatische Potential gewonnen wird. Das kann man sich fast wie eine Gegenkraft vorstellen.

Wenn man nun zu diesem ganzen die Schrödingergleichung bemüht, dann sieht man, dass das Elektron nun in einem Potentialtopf ist. Nach unten ist dieser Topf bei 0 also im Kern nach oben ist er durch das Elektrostatische Potential gegeben. Wenn man das nun durchrechnet sieht man, dass nur bestimmte Funktionen die Randbedingungen erfüllen und die Funktion mit der niedrigsten Energie ist dabei das 1s Orbital.

Das Elektron muss also eine stehende Welle um den Atomkern bilden und das geht nicht wenns im Kern ist. Darüber folgen dann auch aus dieser Erklärung die Diskreten Energieniveaus der Elektronen.

Ein weiterer Fall welcher ebenfalls in diese Richtung geht ist die Baryonen und Leptonen sowie die Ladungserhaltung. Wenn nun ein Elektron in den Kern stürzt und sich mit einem Proton verbindet wird daraus ein Neutron (Ladungserhaltung und Baryonenerhaltung) ebenso muss aber auch aufgrund der Leptonenerhaltung ein neutral geladenes Lepton emitiert werden und das ist das Elektron-Neutrino.

Wenn man das nun durchrechnet kostet dieser Vorgang Energie, was man auch daran sieht dass Neutronen schwerer sind als Protonen + Elektron. Es muss also insgesamt Energie aufgwendet werden damit das Elektron sich mit dem Proton vereinigt. Dieser Vorgang wird als epsilon Zerfall bezeichnet und ist eine Möglichkeit eines großen schweren Radioaktiven Atoms Energie abzubauen.

Btw Beschreibungen wie Fliehkraft usw sind hier nicht wirklich geeigent auch wenn man das so rechnen kann, haben die das Fundamentale Problem, dass sie das Elektron in den Kern fallen lassen würden, weil dieses Energie verlieren würde wenn es tatsächlich Kreist.

Massen ziehen sich auch an und dennoch stürzt die Erde nicht in die Sonne, weil die Erde in Bezug auf die Sonne nicht in Ruhe ist, sondern um die Sonne (genauer: um den gemeinsamen Masseschwerpunkt) kreist. Und so ähnlich ist das auch mit den Elektronen (auch wenn die Analogie nur bedingt der korrekten physikalischen Beschreibung entspricht).

segler1968  27.08.2023, 19:21

„Nur bedingt“ ist ein „überhaupt nicht“ ;-) Da kreist ja nichts.

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evtldocha  27.08.2023, 19:25
@segler1968

Du weißt selbst, was in der Schule erzählt wird, welche Bilder erzeugt werden und was beim Physik-Studium wieder mühsam aus den Köpfen gebracht werden muss. Und die ganzen anderen quantenphysikalischen Antworten hier halte ich nun auch irgendwie ein wenig für "überfordernd", wenn man mal annimmt, dass der/die FS grade mit dem Thema "Atomphysik" anfängt.

Faktisch gebe ich Dir natürlich recht.

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