Der Volksaufstand/Arbeiteraufstand 17 Juni 1953

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Arbeiter sind ein Teil des Volkes.

Volksaufstand

Pro: Eine Unterstützung des Aufstandes im Volk allgemein, auch in anderen Bevölkerungsschichten als Arbeitern wird ausgedrückt.

Contra: Die besonders wichtige Rolle der Arbeiterschaft wird in der Benennung nicht deutlich.

Arbeiteraufstand

Pro:

  • Aktionen von Arbeitern standen am Anfang, sie waren der Auslöser.
  • Der Kern des Aufstandes, der sie wesentlich prägte und trug, kam aus der Arbeiterschaft.

Contra: Am Aufstand waren breite Bevölkerungschichten beteiligt, er ging über die Arbeiterschaft hinaus.

unvollendete Revolution (der Begriff ermöglicht, Verbindungen über größere Zeiten hinweg zu ziehen, z. B. die „friedliche Revolution 1989“ als Vollendung eines Vermächtnisses zu deuten, wobei allerdings auch die Gefahr besteht, Vorgänge nicht aus sich heraus zu verstehen und mit einer späteren Perspektive zu überfrachten)

Pro: Der Aufstand war nicht erfolgreich, sondern ist an gewaltsamer Unterdrückung gescheitert, insofern kam er nicht zur Vollendung.

Contra:

  • Eine Charakterisierung als Revolution in einem vollen Sinn ist zweifelhaft, da der Aufstand frühzeitig mit militärischen Mitteln niedergeschlagen wurde, bevor sich aus einer Lage mit revolutionärem Potential eine Revolution mit revolutionären Ideen /revolutionärer Programmatik und in einem vollen Ausmaß zielgerichtetem Umsturzversuch, der etwas anderes an die Stelle des bisherigen Herrschaftssystems zu setzen unternahm, entfalten konnte. Bei der Protestbewegung kam es nicht zu einer grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzung.
  • Der Ausdruck ist in der Kennzeichnung etwas verschwommen und hebt sich wenig von anderen Revolutionen ab, die als unvollendet verstanden werden können.

Volksaufstand und Arbeiteraufstand sind mögliche Bezeichnungen. Vielleicht trifft die Bezeichnung als Volksaufstand mit einigen revolutionären Zügen, der sich aus einer Arbeitererhebung entwickelte, den Vorgang ziemlich gut. Eine solche Kennzeichnung ist allerdings länger als ein einziges Wort.

Zum Problem der Benennung des Aufstandes vom 17. Juni 1953 können geschichtliche Darstellungen herangezogen, die auch Verweise auf weitere Bücher enthalten:

Hermann Weber, Die DDR 1945 - 1990. 4., durchgesehene Auflage. München : Oldenbourg, 2006 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte ; Band 20), S. 42 und S. 161 – 163

S. 42: DDR-Führung machte mit dem „Neuen Kurs“ (nach Stalins Tod) zwar vielen Schichten Zugeständnisse, blieb aber gegenüber der Arbeiterschaft hart und nahm die im Mai erhöhten Arbeitsnormen trotz der Forderung vieler Arbeiter nicht zurück. Der Arbeiteraufstand entwickelte sich aus einem Streik der Bauarbeiter in der Berliner Stalinallee. Am Aufstand insgesamt beteiligte sich nur ein Teil der Arbeiter, doch die in den wichtigsten Zentren (außer in Berlin im mitteldeutschen Industriegebiet sowie im Raum Magdeburg, in Jena, Gera, Brandenburg und Görlitz). Dizipliniert aufmarschierende Arbeiter in den Großbetrieben (Leuna, Buna, Wolfen, Hennigsdorf) bildeten das Rückgrat der Erhebung.

161: „Im Westen wurde die ursprüngliche Auffassung von einem allgemeinen Volksaufstand am 17. Juni 1953 […] von der Forschung neu definiert, der 17. Juni meist als Arbeiteraufstand charakterisiert.“

S. 161/2: Es gibt Belege für die Breite der Unterstützung des Aufstandes durch andere Bevölkerungsschichten als nur die Arbeiter. In etwa 600 Betrieben kam es zu Streiks, an denen sich mehr als eine halbe Millionen Beschäftigte beteiligten. Vor allem in den Städten der industriellen Ballungsräume entfaltete der Aufstand seine größe Kraft.

S. 163: „Einem Bericht der Volkspolizei ist zu entnehmen, daß über 70 Prozent der Verhafteten Arbeiter waren und sechs Prozent sogar der SED angehörten […].“

„Die DDR-Bevölkerung hatte sich spontan gegen die Diktatur erhoben. Der jetzige Meinungsstreit um den Charakter des 17. Juni, ob Arbeiter- oder Volksaufstand, ist überzogen. Auch wenn sich breitere Schichten engagierten, sind die Demonstrationen und Streiks, die den Aufstand im Kern bestimmten, mehrheitlich von Arbeitern und Angestellten ausgelöst und getragen worden. Es waren vor allem Arbeiter, die gegen die Diktatur, die sich als „Sozialismus“ ausgab, aber nicht ihre Interessen vertrat, protestierten. Insofern war der Volksaufstand ebenso ein Arbeiteraufstand.“

Torsten Diedrich, Waffen gegen das Volk : der 17. Juni 1953 in der DDR. München : Oldenbourg, 2003, S. 135 - 165

S. 155: „Aufs Ganze gesehen, war der Massenprotest in der DDR ein Protest breitester Bevölkerungsschichten, auch wenn die Arbeiterschaft die Wurzeln wie auch die Hauptträger der Volkserhebung stellte. Letztere bildete den Kern der Bewegung, prägte das politische Anlitz, aus ihr erwuchs zudem die absolute Mehrheit der Protestierenden. Dem steht allerdings entgegen, das haben die neueren Forschungen deutlich gemacht, daß insbesondere dort, wo die Massenbewegung zu einem zielgerichteten Aufstand der Erringung der politischen Macht gedieht, so in Bitterfeld und in Görlitz, das bürgerliche Element der DDR- Bevölkerung eine führende Rolle übernahm, ja zielorientierend den Aufstand vorantrieb.

Die Protestbewegung umfaßte alle sozialen Schichten der DDR-Gesellschaft. Das Ausmaß und die Formen der Beteiligung richteten sich nach den sozialen und politischen Interessen, der Stellung im und zum SED-Staat sowie letzlich nach den Möglichkeiten zum Protest.

Folglich ist es durchaus berechtigt, die Proteste in der DDR 1953 als eine Bewegung des Volkes gegen die herrschende SED-Diktatur zu klassifizieren.“

Ist ja schwierig zu beantworten weil viele Zeitzeugen nicht mehr leben.daher kann man als Sohn jener Zeitzeugen berichten..... Es ist eine subjektive Betrachtung,Josef Stalin starb im März 1953 und die SED reagierte auf dessen Tot mit mehr Sozialismus statt weniger. Allgemeine Unzufriedenheit mit der Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs und die Erhöhung von Arbeitsnormen besonders in Ostberlin brachten das Fass zum überlaufen.Die ersten Streiks fanden in Berlin statt , tags darauf am 17.Juni die gesamte DDR erfasste. In den Leunawerken und den Bunawerken wurde der Generalstreik ausgerufen ,damals lebenswichtige Betriebe der DDR.Das Ende des SED-Staates war gekommen, Die Parteiabzeichen lagen in der Gosse,Fahnen wurden runtergerissen und Gebäude angezündet. Die Staatspartei rief die Sowjetunion um Hilfe-- die sowjetischen Streitkräfte wurden aus den DDR Kasernen zum Niederschlagen des Aufstandes benutzt.Der Aufstand brach zusammen. Im Juli 1953 kam es nochmals in den Leunawerken zu Streiks,da wurden die Arbeiter mit Waffengewalt zur Arbeit gezwungen. Anschließend große Verhaftungs und Hinrichtungswelle gegen Anführer.Viele konnten nach Westberlin über die offene Grenze flüchten.

Das war in Halle. Es ging um die Volksdemokratie gegen die neue Diktatur. Der Volksaufstand ist mit Waffen und Panzern nieder geworfen worden. In den DDR Schulen wurde dies nicht erwähnt. Von den Eltern wissen wir aber, dass das KZ Buchenwald noch Jahre weiterbetrieben wurde. Nur die Herrscher hatten ihre Namen gewechselt.


riara  02.09.2010, 16:58

Nee, es ging mit dem Bauarbeiteraufstand auf der Stalinallee los und der Ausloeser war die Normenerhoehung, also mehr Arbeit zum gleichen Lohn...

Volksaufstand trifft es schon recht genau...

Es fing mit den Bauarbeitern der Hauptstadt an und breitete sich dann ziemlich schnell auch in die Provinzen aus, als die DDR-Truppen und russische Panzer den Aufstand schliesslich blutig niederschlugen waren alle Teile der Bevoelkerung in dem Aufstand verwickelt, der Ausnahmezustand wurde uebrigens erst am 11. Juli wieder aufgehoben...

Mehr als 1.600 Menschen wurden verurteilt, davon mindestens 120 ermordet, viele der Raedelsfuehrer setzten sich in den Westen und Berlin (-West) ab, wieviel Opfer dieser Volksaufstand letztlich forderte ist unklar, da vieles bis heute nie aufgedeckt wurde, es ist wichtig sich an diesen Tag zu erinnern...

Der richtige Begriff wäre eigentlich Contra- Revolution, da es sich ja um keinen spontanen Volksaufstand handelte, sondern um eine vom Westen geschürte Aktion, die die ursprüngliche Revolution destabilisieren sollte, um den Kapitalismus in den Sattel zu helfen. Was damals scheiterte gelang dann 1989. Bis zu diesem Zeit- punkt sahen die Leute fast ausschließlich West-TV hörten Rias und lernten so eine Welt kennen, die es de facto nicht gibt. Sendungen wie Denver-Clan oder Dallas gaukelten den ahnungslosen Menschen in der DDR eine Welt vor, wo niemand arbeitet und wo man in Protz und Reichtum lebt. So mancher West -Tourist mit Mercedes auf Pump vollendete dann das Bild. Und so gelang 1989 dann die Contra-Revolution. Wenn man heute die arbeitslosen Menschen mit Hartz IV-Hintergrund befragt, ob sie nochmals auf die Straße gehen würden, fängt so mancher zum Weinen an und ist froh, dass er zumindest eine Zeit lang in einer besseren Welt leben durfte. Nikolo