Decartes Erkenntnistheorie!

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Descartes war ja einer großen Zweifler unter den Philosophen, ein Skeptiker. Er zweifelte an allem und meinte, daß auch auf unsere Sinne und unser Denken nicht hundertprozentik Verlass ist. Auf die Frage, ob man dann auch an der eigenen Existenz zweifeln kann, fand er die die Antwort, daß er, wenn er zweifeln kann und somit ein denkendes Wesen ist, existieren muss. Seine Fähigkeit zu denken, ist also sein Beweis, daß es ihn gibt, daraus entstand der Satz cogito ergo sum-ich denke, also bin ich und wer nicht ist, könnte sich auch nicht fragen, ob es ihn gibt. Ein weiterer Punkt ist die Existenz Gottes. Gott muss es geben, weil der Mensch sonst keine Vorstellung von einem Wesen, daß höher ist haben könnte, sagt Descartes.

LG

Siehe Wikipedia:

"Kernpunkte des Discours sind:

eine Erkenntnistheorie, die nur das als richtig akzeptiert, was durch die eigene schrittweise Analyse und logische Reflexion als plausibel verifiziert wird,"

Descartes fordert damit die kritische Forschung der Wissenschaften. Die Tatsache, dass er noch eine VERIFIZIERUNG fordert, weist ihn als POSITIVISTEN aus, jemand der glaubt, dass man Forschungsergebnisse durch ausreichende Bestätigung "sicher" machen kann. Heute folgt man eher Popper und dem Prinzip der Falsifikation, dass Forschungsergebnisse solange als sehr wahrscheinlich gelten, wie sie nicht widerlegt sind. Das ist aber in diesem Fall nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass Descartes als Empirist die Erfahrung und darauf beruhend die Erforschung von offenen Problemen gefordert hat. Dabei war er nicht der erste. Solche Gedanken gibt es schon bei Nikolaus von Kues, dem größten deutschen Philosophen nach Albertus Magnus.

grundlegender Standpunkt

Bei René Descartes ist Denken (cogitatio) das Vollziehen einer Denkhandlung, das notwendig von einerm von ihr handelnden Mitwissen/Bewußtsein (conscientia) begleitet ist. Erkenntnis ist eine Vergegenwärtigung von etwas im Bewußtsein, die klar und deutlich ist. Die Gesamtwirklichkeit hält Descartes für ein geordnetes Ganzes, dem die Ordnung der vernünftigen Gedanken entspricht. Seine Erkenntnistheorie ist daher ein Rationalismus.

In der Seele (Seele ist bei Descartes bedeutungsgleich mit Geist bzw. Verstand oder Vernunft: res cogitans, id est mens, sive animus, sive Intellectus, sive ratio 2. Meditation) sind der Möglichkeit nach Ideen. René Descartes versteht Ideen als mentale Akte (geistige Tätigkeiten), die Gegenstände repräsentieren (darstellen). Die Bildung eines wahren Urteils setzt die Bildung einer richtig repräsentierenden Idee voraus. Descartes zufolge liegt dies nur vor, wenn eine klare und distinkte (deutliche) Idee gebildet wird. Nach den Meditationes 3, 2 wird als allgemeine Regel für Evidenz aufgestellt: wahr ist alles, was ich sehr klar und deutlich erfasse (Illud omne verum est, quod valde clare & distincte percipio).

klar: dem aufmerksamen Geist gegenwärtig und offenkundig

deutlich: bei Voraussetzung der Stufe der Klarheit von allen übrigen Dingen so getrennt und unterschieden, daß sie gar keine andern als klare Merkmale in sich enthalten; die Vorstellung/Idee ist nicht nur in ihrem Gehalt richtig erfaßt, sondern auch unvermischt mit anderem allein in ihrer eigenen Tätigkeit gesehen (Principia 1, 45)

methodischer Zweifel

Réne Descartes hat das Wissen der Prüfung durch einen methodischen Zweifel unterworfen.

Dieser hat mehrere Stufen:

1) Grundlage: Beruhen Meinungen auf einer zuverlässigen Grundlage oder stützen sie sie sich auf unzuverlässige Informationen der Sinneswahrnehmung?

2) Zustand: Befinden sich Menschen bei ihren Meinungen in einem Zustand des Wachseins oder des Träumens?

3) Autonomie: Sind die Meinungen die eines unabhängigen Subjekts oder eines Spielballs eines bösen Geistes?

Was für richtig gehalten wird, ist durch die Sinneswahrnehmung oder über sie vermittelt empfangen worden, die Sinneswahrnehmung kann aber täuschen, daher ist es nicht klug, ihr ganz zu vertrauen.

Die Existenz von etwas kann nur eingebildet sein und es fehlt ein zuverlässiges Mittel, Wach- und Traumzustand auseinanderzuhalten, solange nichts mit Gewissheit feststeht. Ein übermächtiges und verschlagenes Wesen könnte Menschen täuschen, auch durch Einwirkung auf den Verstand.

Descartes versucht in der 2. Meditation, als Grundlage etwas Unbezweifelbares aufzuweisen: Wenn/solange ich zweifle, ist kein Zweifel möglich, daß ich zweifle und ich es bin, der zweifelt. Dies kann aufgrund allgemein erklärbarer Gründe Geltung beanspruchen. Allgemeine und begriffliche Bestimmungen sind in einem gedanklich notwendiges Verhältnis zueinander enthalten. Aus dem Ichvollzug folgt das Wissen um die Existenz des Ich und umgekehrt wäre das Ich nicht existent, wenn es nicht dächte. Daher existiert das Ich nur, wenn es denkt, und es denkt nur, wenn es existiert. Für das Ich ist im Denken sein Existieren gedanklich-notwendig inbegriffenDas Denken erfaßt unmittelbar: Denken schließt eine Existenz des in diesem Augenblick Denkenden ein. Und wer tatsächlich in einem Augenblick denkt, muß daher existieren. „Ich bin, ich existiere; das ist gewiss.“ (lateinisch: Ego sum, ego existo, certum est.); später auch: „Ich denke, also bin ich.“ (Ego cogito, ergo sum.) Die Erkenntnis der eigenen Existenz ergibt sich als einzige einfach aus einem „ich denke“ (dem Ichvollzug) und hält auch einem radikalen Zweifel stand, weil dieser Zweifel ja selbst eine eigene Denktätigkeit ist (Anwendung des Satzes vom zu vermeidenden Widerspruch).

Damit ist ein erster unbezweifelbarer Satz aufgestellt. Er ist ein beispielhafter Maßstab für richtiges Wissen. Als wahr kann gelten, was ähnlich wie dieser Satz klar und deutlich erfasst wird.

Erkenntnismöglichkeiten

Descartes verneint letztlich mit seinem methodischen Zweifel nicht jede Erkenntnismöglichkeit. Nur lehnt er es ab, von einer Erkenntnisleistung der Sinne, der Existenz von etwas und der Wiederholung von Ablaufen unreflektiert, als gegebenen Selbstverständlichkeiten auszugehen.

Naturgesetze sind auch erst einmal nachzuweisen. Erfahrung (Experiment und Beobachtung) ist dafür eine Grundlage, aber auch das Denken des Verstandes/der Vernunft wird benötigt.

Eine objektive Gewißheit von Erkenntnissen (klaren und deutlichen Einsichten) versucht Descartes mit dem Daseins Gottes als eines vollkommenen Wesens zu begründen (was allerdings als Vorliegen eines Zirkelschlusses anfechtbar ist, weil für Gottesbeweise schon das Wahrheitskriterium der deutlichen und klaren Einsichten benötigt wird). Die Wahrhaftigkeit Gottes (veracitas Dei) wird zum Garant der Richtigkeit der menschlichen Denkinhalte.

Albrecht  22.11.2011, 23:19

Als Hilfe können Bücher zu Descartes in einer Bibliothek nützlich sein, z. B.:

Gottfried Gabriel, Grundprobleme der Erkenntnistheorie : von Descartes zu Wittgenstein. 3., durchgesehene Auflage. Paderborn : Schöningh, 2008 (UTB ; 1743)

Dominik Perler, René Descartes. Original-Ausgabe, 2., erweiterte Auflage. München : Beck, 2006( Beck'sche Reihe : Denker ; 542), S. 44 – 88 (Methodologie) und S. 127 – 168 (Erkenntnistheorie und Philosophie des Geistes)

Geneviéve Rodis-Lewis, René Descartes. In: Frankreich und Niederlande (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts – Band 2/1). Herausgeben von Jean-Pierre Schobinger. Basel : Schwabe, 1993, S. 305 - 315

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nina010394  21.05.2018, 16:05

Ist die Erkenntnistheorie ein philosophischer Bereich (ich schreibe morgen eine Klausur wo wir eine Textdarstellung schreiben müssen und wir müssen den Text einem philosophischen Bereich zuordnen -> deswegen meine Frage ob die Erkenntnistheorie ein philosophier Bereich ist

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Albrecht  21.05.2018, 16:12
@nina010394

Ja, Erkenntbistheorie ist ein philosophischer Bereich, wie z. B. auch Ethik und Ontologie.

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nina010394  21.05.2018, 17:38

Dankeschön :) Kannst du mir auch sagen was ein Konstruktivist bzw. der Konstruktivismus in Hinsicht auf die Erkenntnistheorie ist, da der Text den wir morgen in der Klausur bekommen werden von einem Konstruktivist verfasst wurde

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Albrecht  21.05.2018, 20:00
@nina010394

Konstruktivismus in der Erkenntnistheorie ist die Auffassung, alles, was für real/wirklich gehalten wird, sei vom Menschen in seinem Erkenntnisversuch konstruiert (hergestellt/entworfen/gestaltet/geschaffen). Jede Erkenntnistätigkeit sei eine konstruierende. Wahrnehmung gebe nicht einfach ein Abbild der Realität. Es sei nicht überprüfbar, ob etwas tatsächlich wahr sei.

Der radikale Konstruktivismus vertritt den Standpunkt, es seien keine objektiven Aussagen über die Realität/Wirklichkeit möglich. Es werde keine objektive Realität erkannt. Nach Meinung des radikalen Konstruktivismus ist eine erkennende Verbindung eines Subjekts zu einer objektiven Wirklichkeit (Realität) ganz grundsätzlich unmöglich. Beobachtende und Beobachtungswelt seien nicht getrennt, jeder Sinnesreiz werde vom Subjekt mit seinem Erfahrungshintergrund verarbeitet und es gebe keinen unabhängigen Bezugspunkt, ein wahres Wesen der Dinge oder eine Richtigkeit festzustellen. Alle Subjekte schaffen oder erfinden nach Auffasssung des radikalen Konstruktivismus eine Wirklichkeitswelt der Subjekte. Erkennen ist nach diesem Standpunkt nichts, das zu einer Übereinstimmung zwischen Subjektivem und Objektivem gelangt. Erkennen (Kognition) gilt ihm als Konstruktion von Wirklichkeit, die unter dem Gesichtspunkt eines Mittels beurteilt wird, nach der Gangbarkeit (Viabilität) im Gebrauch (ist sie passend zu einem erfolgreichen Überleben/Leben).

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nina010394  21.05.2018, 21:50

Vielen Dank :) Lässt sich der Konstruktivismus in irgendeiner Form mit den drei Stufen des methodischen Zweifelns bzw. mit Decartes Theorien vergleichen / gibt es “Übereinstimmungen”?

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Albrecht  21.05.2018, 22:10
@nina010394

Ein Vergleich kann sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede feststellen. Vergleichen ist nicht dassselbe wie Gleichsetzen.

Eine Übereinstimmung gibt es vor allem bei der 1. Stufe, dem Zweifel an einer zuverlässigen Grundlage des Erkennens.

ein Unterschied zu der von Descartes vertretenen Auffassung: Descartes hält es bei einigen Sachverhalten für möglich, zu einer sicheren Erkentnis zu kommen, nämlich denen, bei denen etwas klar und deutlich erkannt wird. Der Konstruktivismus hält dagegen ganz grundsätzlich das Erreichen einer gewissen/sicheren Erkenntnis einer objektiven Realität für unmöglich. Der Zweifel besteht bei ihm nicht nur vorläufig.

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nina010394  21.05.2018, 22:24

Ok, danke, danke, danke! Eine aller letzte Frage habe ich noch...und zwar könnte man das Höhlengleichnis von Platon in irgendeiner Form mit dem Konstruktivismus vergleichen?

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Albrecht  22.05.2018, 00:19
@nina010394

Platon veranschaulicht im Höhlengleichnis seine Auffassung über Schwächen der Sinneswahrnehmung, bei der es zu Täuschungen kommen kann. Was die Gefangenen sehen, ist durch eine Beschränktheit des Erkenntnisversuches bedingt. Darin gibt es Gemeinsamkeiten mit dem Konstruktivismus. Platon vertritt aber im Unterschied zum Konstruktivismus keine allgemeine Unerreichbarkeit einer objektiven Erkenntnis. Bei Sinnesdingen ist zwar seiner Auffassung nach keine Erkenntnis in einem strengen Sinn möglich, aber im einem geistig erfaßbaren Bereich, dem der Ideen.

Platon, Höhlengleichnis: Die Menschen sind gewöhnlich dem, was sie sehen (allgemeiner genommen: der bloßen Sinneswahrnehmung) verhaftet und glauben, die Dinge seien so, wie sie erscheinen. Dies führt zu einer Beschränktheit und Mangelhaftigheit (nur ein Ausschnitt/Teil des Ganzen und an eine bestimmte Perspektive gebunden) der Erkenntnis, die durch Fixierung/fehlende Bewegungsmöglichkeit entsteht. Es gibt eine Unvollkommenheit von Abbildern im Vergleich zur wahren Wirklichkeit. Wer auf einen einzelnen Augenschein beschränkt bleibt, erkennt nicht die wahre Wirklichkeit. Eine Übertreibung wäre, daraus eine Auffassung Platons abzuleiten, wir lebten alle in einer Scheinwelt (à la Matrix) und die Außenwelt sei nicht real.

Es gibt nach platonischer Auffassung bestimmte Schwächen/Anfälligkeiten der Sinneswahrnehmung bzw. einer zu unkritischen Überbelastung der Sinneswahrnehmung mit Leistungen, für die sie angeblich alleine schon eine ausreichende Grundlage ist:

a) Bei der Sinneswahrnehmung können Sinnestäuschungen vorkommen.

b) Bei einer einzelnen Sinneswahrnehmung kann eine Blickverengung/eine Fixierung auf eine einzige Perspektive zu einer falschen Gesamtbeurteilung führen.

c) Die Sinneswahrnehmung kann etwas an Einzeldingen erfassen, aber sie neigt zu unmittelbarer Verallgemeinerung, ohne einen Sachgehalt (etwas Bestimmtes in seiner Sacheinheit) richtig abzugrenzen und zu erfassen. Dies leistet erst begriffliches Denken. Bei den Dingen gibt es etwas, das seinem Wesen nach zur Sache selbst gehört, und etwas, das nicht dazugehört (bei einem Tisch können z. B. Form und Material unterschiedlich sein, aber es gibt eine Grundfunktion bei jedem Tisch, etwas daraufstellen zu können). Die Sinneswahrnehmung gewährleistet keine angemessene Unterscheidung dazwischen.

Platon will nicht die Sinneswahrnehmung als Mittel beseitigen und empirische Wissenschaft abschaffen, sondern auf die Beschränktheit eines einzelnen Sinneseindruckes hinweisen. Die Sinne sind für das Unterscheiden in der Wahrnehmung zuständig. Es geht ihm darum, für Erkenntnisse die Sinneswahrnehmung durch Denken zu erweitern. Der Aufstieg aus der Höhle steht für den Schritt dazu.

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