Biologie: Scheinbare Abnahme von Entropie bei der Bildung von Makromolekülen? (weiterlesen)
Hallo!
Es gibt was, was ich nicht verstehe:
Die Entropie ist ein Maß für die Unordnung in einem System. Diese Unordnung nimmt, nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, immer zu und nicht ab. Wenn man das jetzt auf biologische Vorgänge überträgt, kann man das anhand der Zellatmung gut sehen: Glucose (Makromolekül) wird durch Sauerstoff in kleinere Moleküle (H2O und CO2) zersetzt (und Energie). Die Unordnung nimmt zu.
Die "reversible" Reaktion von der Zellatmung, wäre wohl die Photosynthese: CO2 und H2O reagieren durch Lichtenergie zu Glucose und Sauerstoff. Wenn das nun die Gegenreaktion zur Zellatmung ist, müsste doch die Entropie abnehmen (CO2 und H2O liegen ja in einer größeren Unordnung, als Glucose).
Mein Erklärungsversuch beruhte darauf, dass ich dachte es ist kein eigenes System: Denn es steht ja mit dem Gesamtsystem (Universum) in Verbindung. Lebewesen, sind ja dazu bestrebt ihre innere Ordnung zu erhöhen, indem sie die Unordnung im Gesamtsystem ebenfalls erhöhen, z.B. durch Abgabe von Wärmeenergie. Das Problem ist, dass bei der Photosynthese keine Wärmeenergie produziert wird oder?
Meine Frage also: Liegt hier tatsächlich ein Widerspruch zur ständigen Zunahme von Entropie? Oder nimmt die Unordnung doch irgendwie zu? Wenn ja, wie genau erfolgt das?
5 Antworten
Du hast eine Reaktion A + B -> C + D.
Die Entropiebilanz (bei Normaltemperaturen) auf der rechten Seite, also S(C) + S(D) sollte also höher sein als auf der linken Seite S(A) + S(B). Wäre dies der einzige Beitrag zur Entropiebilanz, dann hättest du recht, dann könnte es keine Reaktion in die Gegenrichtung geben.
Nun wird bei einer chemischen Reaktion aber noch Entropie produziert, wenn man die Reaktion komplett frei ablaufen lässt. Sei E die Energiemenge bei der obigen Reaktion bei der Temperatur T, dann wird wegen E = T * S die Entropiemenge S = E/T noch zusätzlich produziert.
Das bedeutet, dass die Summe S(A) + S(B) durchaus größer sein kann als die Summe S(C) + S(D), wenn nur die erzeugte Entropie S den Unterschied mehr als kompensiert. In jedem Fall ist aber
S(A) + S(B) < S(C) + S(D) + S
In die umgekehrte Richtung läuft die Reaktion nicht von alleine, man braucht zusätzliche Energie (in Form von Licht zum Beispiel), so dass wir hier haben
C + D + Energie(Licht) -> A + B.
Da aber S(C) + S(D) < S(A) + S(B) ist, kann diese Reaktion also durchaus stattfinden.
Um das jetzt alles genau auszurechnen im Fall der Photosynthese, müsstest du halt die genauen Reaktionsgleichungen aufschreiben und von allen beteiligten Stoffen die molaren Entropien in einer Tabelle raussuchen.
p.s. Lass den Unordnungskram weg. So, wie man es in der Schule macht, ist es unsinnig bis falsch, in jedem Fall hat man nichts davon, denn man kann damit keine qunatitativen Berechnungen anstellen. Behandle die Entropie wie jede andere physikalische Größe auch.
Du hast anscheinend schon recht viel verstanden, machst aber DEN entscheidenden Denkfehler, den viele machen.
So, wie du den 2. HS schilderst, gilt er nur für geschlossene Systeme: die Entropie kann niemals abnehmen.
Der gilt so nicht für offene Systeme, die mit ihrer Umwelt in Wechselbeziehung stehen.
Besitzt ein geschlossenes System (Universum) mehrere Untersysteme, kann in einzelnen Systemen die Entropie auch abnehmen auf Kosten anderer Systeme. Nur für das geschlossene Gesamtsystem gilt dann obiger Satz.
Bei der Photosynthese nimmt die Entropie im Blatt ab, dafür nimmt die Entropie der Umgebung zu, indem die Sonnenenergie "entwertet" wird. Sie wird in chemische Energie umgewandelt. Die Gesamtentropie des Universums nimmt dadurch aber zu.
Natürlich nimmt auch im Pflanzenreich die Entropie zu, denn was geschieht denn letztendlich mit dem Trauben,- u. Fruchtzucker sowie Stärke? All das wird doch auch wieder abgebaut, teils vergären und faulen die Früchte, dann wieder wird nachts veratmet, sowie Stärke wieder umgesetzt für Stoffwechselprozesse. Nichts entgeht da der Entropie.
Grundsätzlich hast Du recht: Ein Prozeß, bei dem nich die Energie erniedrigt, kann nur in einem offenen oder geschlossenen, nicht aber in einem abgeschlossenen System ablaufen. Es muß also zumindest Energieaustausch mit der Umgebung geben.
Beispiel Photosynthese: Der Prozeß braucht Photonen. Die haben jedoch eine sehr niedrige Entropie, viel niedriger als der „gleiche“ Energieinhalt als Wärme. Thermodynamisch wird die Photosynthese von der niedrigen Entropie des absorbierten Photons getrieben.
Ein voller Cyclus auf Photosynthese plus Verbrennung zeigt ja, daß da im wesentlichen Lichtenergie in Wärmeenergie umgewandelt wird. Die Entropie erhöht sich also.
Naja, irgendwo kommt das Photon ja her, und dort ist dann eben jetzt die grössere Unordnung...
Das Photon befindet sich aber auf der Edukt und nicht Produktseite…