Bin ich ein schlechter Mensch oder was ist los?
Hallo,
ich habe in meinem Leben schon echt viel Mist gebaut...bin jetzt 20 Jahre alt und bereue so Einiges. Komme aus einem sozialschwachen Elternhaus. Ohne Vater aufgewachsen, Stiefvater mit starken narzisstischen Tendenzen...Mutter, nun ja, keine Details. Jugendamt hat unsere Familie 4 Jahre lang begleitet. Meine Mutter hat sich irgendwann ausgeklinkt. Ich trüge ja die Alleinschuld an der Situation. Habe letztes Jahr mein Abitur bestanden, mit 1,x und finde irgendwie, das passt nicht zu meiner Vergangenheit. Ich war lange Zeit magersüchtig, teilweise kriminell (geklaut), stand eine Zeit lang auf meinen Lehrer und habe oft die Schule geschwänzt...jetzt gerade hocke ich rum und hoffe, dass ich bald anfangen kann, zu studieren. Aber passt das überhaupt zu mir? Vollkommen unkultiviert, frech, rebellisch? Letztens habe ich meinem Opa zum Geburtstag gratuliert (habe sonst keinen Kontakt mehr zu meinen Großeltern) und seine Antwort klang wie ein schlechtes Arbeitszeugnis. Er wünsche mir beruflich und vor allem privat und studien- bzw. bildungsmäßig alles Gute und ich soll einen klaren Kopf bewahren...?! kommt mir etwas seltsam und schon sehr beleidigend vor. Ich hasse meine Familie...bin ich also ein schlechter Mensch?
16 Antworten
Deine Familie hat dir nicht die besten Voraussetzungen mitgegeben - und du hast offensichtlich viel daraus gemacht.
Ich glaube nicht, dass du ein "schlechter Mensch" bist. Du machst dich selber schlecht (ich kenne das aber auch...)
Ich glaube, du wirst es auch schaffen, diese Dinge einmal mit Abstand zu sehen und zu relativieren. Denn natürlich sind die guten Dinge, die du bisher erreicht hast, mehr als üblich DEIN Verdienst. Also bist du das auch. Nur in deinem Gefühl ist das noch nicht angekommen.
Wenn du es eines Tages schaffst, auch diesen "Hass" zu überwinden und daraus evtl. eine kritische Distanz zu machen, dann wird es dir auch besser gehen.
Du hast eine rebellische Natur und ja, das macht dich zum Egoisten. Heißt nicht, dass du nicht zu guten Handlungen fähig bist, aber sie scheinen nicht in deinen Fokus zu passen. Wenn du in deinem Leben mehr Würze haben möchtest, kannst du diesen Satz sagen (ohne Sarkasmus):
"Gott, bitte offenbare mir, wer ist Jesus?"
Deine Familie kann ich nicht beurteilen, denn ich weiß nichts darüber. Und ältere Menschen konzentrieren sich oft auf die Karriere, weil sie bei ihnen persönlich oft zu persönlichen Glück geführt hat. Es ist schön, wenn du einen Bereich in deinem Leben hast, wo du dich zu Hause fühlst.
Was deine ganz negativen Erfahrungen mit einigen Familienmitgliedern angeht, solltest du sie so auflösen lernen, dass sie dich 0,0 belasten. Also auch kein Hass, keine Wut, Trauer oder irgend was anderes bleibt. Denn egal, ob es dir gefällt oder nicht, sie sind ein Teil deines Lebens. Du kannst sie zwar verdrängen, aber nicht vergessen und solange sie in deinem Kopf sind, sind sie auch präsent. Es gibt sogar sehr viele Menschen, die teilweise so werden wie ihre Eltern, weil sie das Thema verdrängen. Würdest du dir selbst den Finger abschneiden würdest du einen Weg finden, dies irgend wie ein zu ordnen und ab zu harken. Aber es gibt Dinge, die andere Menschen einen antun, wo man meiner Meinung nach eine höhere Ebene benötigt. Für mich ist hier die Lösung Gott, weil ich so viele Dinge, die ich mir früher nicht erklären konnte, einordnen kann. Ich rate dir auch dazu, selbst wenn du dich dazu entschließt, den Satz nicht zu sagen, aufmerksam für Übersinnliche Dinge zu sein und das Leben und gerade deine Gedankenwelt nicht einfach nur aus einer Kette rationaler Dinge zu sehen. z.B. sind einige deiner Gedanken gar nicht von dir sondern vom Teufel (bei allen Menschen so) Besonders merken kannst du das, wenn du gerade über eine Sache nüchtern nachdenkst, und dann plötzlich ein Gedanke auftaucht, der überhaupt nicht zu dem passt, worüber du gerade nachgedacht hast. Und du kannst dir selbst nicht erklären, woher der Gedanke kommt. Vielleicht machst du mit der Zeit die gleiche Beobachtung.
Ich fasse ein paar Sachen zusammen.
Du kannst ein paar Leute nicht mögen (ist ja voll selten so etwas).🤔
Zudem findest du, dass nur kultivierte Leute studieren sollten was wiederum bedeutet, dass alle die nicht studieren unkultiviert seien. 🤔
Allein wegen solcher Vorurteile könnte man dich als schlechten Menschen beurteilen, ja.
Nun meine Gegenfrage. Was würdest du anders machen, wenn du dich jetzt gerade nicht als schlechten Menschen sehen würdest? 🤔
Du bist an einer ganz wichtigen Wegkreuzung angekommen. Trotz deiner belastenden Kindheit und deiner frechen, rebellischen Art, hast du dir einen soliden Boden für eine erfolgreiche, berufliche Zukunft geschaffen. Herzliche Gratulation zu deiner guten Abi-Note. Es berührt mich, wie aufrichtig du heute zu deinen Untaten stehst, die du ja auch bereust. Dafür hast du meinen Respekt.
Nach meiner Meinung wollte dich dein Grossvater mit seinen Worten nicht beleidigen. Es liegt jetzt ganz in deiner Hand, dir eine glücklichere Zukunft aufzubauen.
Eines Tages wirst du zurückblicken und stolz auf dich und deinen neuen Weg sein. Die Hoffnung ist berechtigt, dass deine Eltern und Grosseltern sich irgendwann über deine menschlichen und beruflichen Erfolge freuen werden.
Etwas möchte ich dir noch mit auf den Weg geben: Hasserfüllte Gedanken schaden dir selber am meisten. Der letzte Satz aus dem Beitrag von "casa65" gefällt mir besonders gut.
Mut und Zuversicht mögen dich begleiten.
Klar passt es. Oder willst du so den Rest des Lebens bleiben? ("Unkultiviert, frech & rebellisch")
Du bist nur ein schlechter Mensch wenn du deine Taten nicht bereust und nichts besser machen möchtest
Warum? Gegen Gutes wird man sowieso nicht rebellieren, wenn man ehrlich ist und klare Vorstellungen hat. Und um gegen Schlechtes zu rebellieren, muss man einfach genügend Gleichgesinnte finden, egal aus welchen sozialen Schichten.
Rebellisch ist nicht unbedingt schlecht. Es gibt Grund genug zu rebellieren, wenn man sich umsieht!