Beweggründe kein Lehrer zu werden?

Das Ergebnis basiert auf 45 Abstimmungen

Auf keinen Fall will ich Lehrer werden! 47%
Ich könnte mir vorstellen, Lehrer zu werden oder bin einer! 29%
Irgendwas dazwischen? (Begründung wär gut :) ) 24%

29 Antworten

Ich könnte mir vorstellen, Lehrer zu werden oder bin einer!

Wir wollen ganz allgemein nicht mehr so viel arbeiten. Fachkräfte fehlen ja überall. Wir sind mit einem kleineren Lohn zufrieden, wenn wir dafür mehr Freizeit haben. 60% arbeiten reicht auch.

Was die Deutschen und die Schweizer noch nicht realisiert haben, ist, dass wir dann eben auch nicht die gleiche Dienstleistung erwarten können, wenn niemand mehr arbeitet. Wir müssen uns dann im Spital oder im Altersheim zufrieden geben, wenn es nur ein Einheitsmenü gibt, wenn nur zweimal pro Tag eine Pflegerin vorbei schaut und eben nicht mehr auf Abruf. Wir müssen dann damit leben, dass es ein halbes Jahr geht, bis der Klempner oder die neue Heizung kommt. Und wir müssen damit klar kommen, dass unsere Kinder eben nicht mehr durchgehend voll ausgebildete Lehrpersonen haben. Ich finde das schade. Aber ich arbeite ja auch 100% und werde mir dann eben Privatschulen für meine Kinder leisten. Und was die Pflege angeht, da bin ich wesentlich weniger anspruchsvoll als andere.

Es ist eben nicht nur eine Life-Work-Balance. Es ist eine Life-Work-Life Quality-Balance. Wenn niemand mehr arbeiten will, haben wir zwar viel Zeit, aber wir können uns eben auch weniger leisten.

Ich bin Lehrer, allerdings in der Schweiz, wo die Situation noch etwas anders ist. Eure Frage ist falsch gestellt. Natürlich gibt es viele Gründe, nicht Lehrer sein zu wollen. Nicht jeder will das Gleiche. Die Frage ist doch: "Was müsste man tun, damit gewisse gesellschaftstragende Berufe wieder mehr Anklang finden?"

UmfrageTyp875 
Fragesteller
 13.02.2023, 10:47

Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar!

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Irgendwas dazwischen? (Begründung wär gut :) )

meins (persönlich) wärs nicht...

...die Bedingungen (Bezahlung, Ausstellung im Sommer, fehlende oder kaputte Infrastruktur, unflexible Lehrpläne, Wurschtigkeit auf allen Ebenen usw.) scheinen nicht genug Interessenten zu ziehen...

...korrigiere: nicht genug geeignete Interessenten...

auch sonst sind die Rahmenbedingungen nicht immer so toll (Desinteresse oder Desillusioniertsein seitens vieler Schüler, bis hin zu Übergriffen, Helikoptereltern, Budgetzwänge, Haftungsvorgaben, und und und)

...auf der anderen Seite verwundern mich aber manche Forderungen der aaaarmen überforderten Lehrkräfte (mit praktisch 13 Wochen Urlaub, 30 Präsenzstunden, Fortbildung nur in Unterrichtszeit ...) schon auch...

... andererseits habe ich - wohlgemerkt keine Ironie! - höchsten Respekt vor allen engagierten Lehrern und Lehrerinnen, die allen Widrigkeiten zum Trotz und ohne auf die Minute oder Stunde zu schauen, ernstlich bemüht sind die Kinder weiterzubringen, Respekt zu leben, Wissen aufzubereiten... - ich hatte selbst einige solche Lehrer und profitiere letztlich heute noch davon... ;o)

so schließt sich aber der Kreis: ohne Anreiz bekommt man nur die B-Mannschaft, die von den Kindern aber nicht "das Licht genannt" werden (Filmzitat...), daher weniger bewirken, der Rahmen wird noch kleiner, was wiederum eher zur C- als zur A-Mannschaft führrn dürfte...

Auf keinen Fall will ich Lehrer werden!

Du bist immer der dumme, wenn das Kind zu blöd ist, sich abends hinzusetzen und zu lernen. Hobbylose Eltern fangen auch an, alles und jeden Schritt zu kritisieren, wenn man irgendwelche Klassenfahrten plant und sich auf Kompromisse geeinigt hatte, aber es diesen Eltern nicht passt.

Zudem habe ich nur Horror-Erfahrungen in der Schule gemacht, weil ich gemobbt wurde und jeder wissende Lehrer nur weggesehen hatte. Ich will nie wieder eine Schule betreten. Es fehlt an Zeit und Wissen, mit solchen schwierigen Situationen umzugehen, oder an einem ausgebildeten, unabhängigen Personal, Kinder in Krisenzeiten zu unterstützen und zu helfen.

Der Lehrplan ist zudem eine Katastrophe. Realitätsfern, man nimmt kaum etwas aus der Schule mit, wenn man sich nicht dafür interessiert. Es wird mehr darauf gesetzt, den ganzen Mist auswendig zu lernen, anstatt es zu verstehen. Wenn etwas wichtiges vermittelt wird, geht es oft an den Schülern vorbei. Dabei werden Kinder unnötig unter Druck gestellt, weil Termine nicht sorgfältig geplant werden, oder weil es der Lehrplan so vorsieht. Wenn man privat Stress ausgesetzt ist, dann kommt man nicht in der Schule hinterher - ob Lehrer oder Schüler.

Man hat sehr viel Stress außerhalb der Arbeitszeit, Tests korrigieren, Prüfungsaufgaben stellen (für die man nicht bezahlt wird), Klassenfahrten, Übungen, ...

Es ist noch nicht einmal möglich, für jeden Lehrer einen Arbeitsrechner zur Verfügung zu stellen, aber das ist ja noch Neuland. Ein Lehrer sagte mal, dass die beste Schultechnik diejenige sei, die man selbst mitbringt.

Ein weiteres Problem ist, dass man ein vollständiges Studium für das Fach abschließen muss. Man ist Wissenschaftler in Mathe und Physik und erklärt dann Schülern den Pythagoras. So haben wir sehr viele Ethiklehrer, aber keine Chemielehrer. Oder Musiklehrer. Weil man da ein Instrument studieren muss. Warum? Um Schülern dann die Klaviatur zeigen kann, damit sie wie ich ein bisschen auf den Tasten rumhauen kann. Ich bin ja musikalisch, aber manche haben weder Takt- oder Rhythmusgefühl für irgendein Lied, am besten hören sie noch Rap. Aber hauptsache, man Opern bis ins letzte Detail analysieren. Ja, es ist wichtig, Ahnung vom Fach zu haben - aber in Maßen.

Aber das Sozialproblem verzeihe ich nicht..

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
UmfrageTyp875 
Fragesteller
 13.02.2023, 10:54

Vielen Dank für deinen sehr ausführlichen Kommantar!

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Auf keinen Fall will ich Lehrer werden!

Lehren ist zweifelsohne eine wichtige und notwendige Berufstätigkeit. In der Gegenwart wird der Lehrer immer mehr zum Disziplinsachverwalter gegenüber dem Schüler und hat keine Machtmittel mehr wie einst den "Rohrstock". Die sozialen Ansichten scheinen immer mehr den Schülern und dessen unverantwortlichen Eltern den Rücken zu stärken und entziehen der Lehrerschaft pädagogische Grundlagen.

Zu hoher Anteil an Migranten. Diese Umstand sorgt in immer mehr Schulen für Probleme.

Allgemein wird die Jugend offensichtlich auch immer gewalttätiger oder zumindest rebellischer. Hören also weniger auf Respektpersonen. Dann noch das relativ bescheidene Gehalt für die Leistung die man bringen muss.

gertrudeZ  17.02.2023, 11:06

Leider wirkt es in den Augen von bestimmten Zeitgenossen nicht chic, irgendwelche Erscheinungen des täglichen Zusammenlebens den Migranten zu unterstellen. Dennoch gibt es derartige Schulprobleme in ländlichen Gemeinden Bayerns kaum, auch wenn dort das Kreuz im Klassenzimmer umstritten ist.

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