Betriebserde?

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Es handelt sich tatsächlich um einen Kurzschluss, allerdings kein kurzer Schluss zwischen Phase und Erde, sondern Sternpunkt der Spannungsquelle und Erde.

Der Sternpunkt ist neutral, heißt: Im gesunden Betrieb herrscht dort das elektrische Potential von Null. Das Potential der Erde wird auch als solche behandelt. Deswegen gibt es im gesunden Betrieb zwischen Sternpunkt und Erde keinen Potentialunterschied.

Der Grund, warum man diese Verbindung macht, liegt darin, dass man einpolige Fehler in einem der Außenleiter (L1, L2, L3) durch einen erhöhten Stromfluss erkennen kann. Denn hat eines dieser Leiter z.B. einen Isolationsfehler bzw. Kontakt mit Erde (über den Menschen oder beispielsweise über ein geerdetes Gehäuse), dann ergibt sich ein Pfad für einen Fehlerstrom, nämlich über Phase - Erde - Sternpunkt.

Dieser Strompfad ist dann niederohmig, sodass der Fehlerstrom sehr hoch ist und die Sicherung anregt.

Wäre die Betriebserde nicht da, könntest du z.B. einen der Außenleiter einfach anfassen bzw. würde sich ein Fehler in einem der Außenleiter ohne weiteres nicht bemerkbar machen. Das ist manchmal auch so gewollt. Dafür gibt es die isolierten Netze, weil man in einigen Anwendungsszenarios die Versorgung nicht direkt abschalten möchte. Dort sind dann andere Überwachungsmechanismen einzusetzen, wie z.B. Isolationswächter.


RareDevil  01.02.2023, 17:17
Es handelt sich tatsächlich um einen Kurzschluss

Nein, nur um einen künstlichen niederohmigen Erdschluss. Ein Kurzschluss ist eine niederohmige Verbindung zwischen zwei aktiven Leitern und hat einen unzulässig hohen Strom zur Folge...

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AMG38  01.02.2023, 17:24
@RareDevil

Jein. Kurzschluss ist ein breiter Begriff und steht prinzipiell für eine satte Verbindung zwischen zwei Punkten. Der Kurzschluss zwischen zwei Potentialen hat hohe Ströme zur Folge. Du kannst aber auch einen Widerstand kurzschließen, was im Volksmunde auch "überbrücken" heisst.

Als Erdschluss bezeichnet man einpolige Fehler zwischen Außenleiter und Erde in nicht wirksam geerdeten Netzen, nicht die Erdung des Sternpunktes.

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RareDevil  01.02.2023, 17:30
@AMG38

Die gezeigte Anschaltung ist eine NOSPE (Niederohmige Sternpunkterdung) Das beinhaltet nicht Sternpunktkurzschluss als Wort. Zudem beschreibt ein Kurzschluss eine Verbindung zwischen zwei zueinander spannungsführenden Leiter. Ein Erdschluss ist noch lange kein Kurzschluss. Ein Doppelerdschluss kann kurzschlussartige unzulässige Ströme zur Folge haben, muss aber nicht. Schau Dir mal die genauen Beschreibungen der Fehlerarten an. Niederohmig ist nicht gleich Kurzschluss.

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AMG38  01.02.2023, 17:51
@RareDevil

Du vermischst hier zwei Angelegenheiten, nämlich einmal die Verwendung des Begriffes "Kurzschluss" im Fehlerfall und einmal die Verwendung meinerseits für die Verbindung des Sternpunktes mit Erde. Das habe ich bewusst so gewählt, um den Überlegungen des Fragestellers näher zu kommen.

Die gezeigte Anschaltung ist eine NOPSE (Niederohmige Sternpunkterdung) Das beinhaltet nicht Sternpunktkurzschluss als Wort.

Richtig. Dennoch ist es eine satte Verbindung zwischen Sternpunkt und Erde, was funktional ein Kurzschluss zwischen Sternpunkt und Erde ist.

Ein Erdschluss ist noch lange kein Kurzschluss.

Richtig. Die Erdung des Sternpunktes wird allerdings auch nicht Erdschluss genannt. Etwas zu erden nennt man nicht Erdschluss. Daher das Veto gegen deine Aussage:

Nein, nur um einen künstlichen niederohmigen Erdschluss

Allgemein:

Der Begriff "Erdschluss" wird nur in Verbindung mit einem Fehlerfall verwendet. Der Begriff Kurzschluss hingegen sowohl in als auch außerhalb von Fehlerfällen.

Von einem Erdschluss spricht man dann, wenn es sich um einen einpoligen Erdfehler in nicht wirksam geerdeten Netzen handelt. Dazu zählen isolierte oder kompensierte Netze (OSPE, RESPE). In diesen Netzen gibt es de facto keinen Erdkurzschluss, selbst wenn der Außenleiter einen satten Kontakt mit Erde hat. Erdkurzschlüsse gibt es per Definition nur in wirksam geerdeten Netzen, wozu die NOSPE zählt.

Der Doppelerdschluss ist der einpolige Erdfehler von zwei Außenleitern, die ihre Fehler nicht an der gleichen Stelle haben. Bei OSPE und RESPE nennt man diese Fehlerfälle auch weiterhin Doppelerdschluss, bei NOSPE hingegen Doppelerdkurzschluss. Wie man das Kind nennt, hat nichts damit zu tun, wie hoch die Ströme in jenen Fehlerfällen sind. Die Struktur ist das entscheidende.

Und wie ist die Struktur zwischen einem satt (bedeutet nahezu widerstandslos) geerdeten Sternpunkt? Richtig. Es ist ein Sternpunkt, der mit Erdpotential kurzgeschlossen ist. Nur darum habe ich dieses Wort verwendet. Nicht, weil ich die Fehlerfälle nicht unterscheiden kann.

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RareDevil  01.02.2023, 18:10
@AMG38
Du vermischst hier zwei Angelegenheiten, nämlich einmal die Verwendung des Begriffes "Kurzschluss" im Fehlerfall und einmal die Verwendung meinerseits für die Verbindung des Sternpunktes mit Erde. Das habe ich bewusst so gewählt, um den Überlegungen des Fragestellers näher zu kommen.

Das ist aber mehr irreführend wie meine Aussage:

einen künstlichen niederohmigen Erdschluss

Denn ein Kurzschluss ist per Definition eine leitende niederohmige Verbindung im Stromkries ohne Nutzwiderstand, die einen hohen Fehlerstrom zur Folge hat. Das trifft bei der Grundschaltung nicht zu. Der geerdete Trafosternpunkt löst KEINEN hohen Fehlerstrom aus, solange kein zweiter Fehlerpunkt hinzu kommt. Also ist es KEIN Kurzschluss, nur eine bewusste niederohmige Verbindnung zur Erde. Also wird defakto ein Erdschluss künstlich nahgearmt, damit das Netz nicht mehr isoliert ist, ohne dass es hierdurch direkt zu hohen Fehlerströmen kommt. Würde es sich hier um ein IT-Netz handeln, wo es einen Erdschluss am Trafosternpunkt geben würde, wäre es die gleiche Situation mit den gleichen Folgen.

Letztlich beschreiben Erdschluss und Kurzschluss NUR Fehlerzustände, aber nicht den gezeigten geerdeten Zustand. In sofern sind beide Aussagen falsch, aber ich bin der Meinung, dass ein "künstlicher Erdschluss" die Situation näher beschreibt, wie ein "Kurzschluss", denn es ist kein kurz geschlossener Stromkreis dadurch entstanden... 😉

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AMG38  01.02.2023, 18:35
@RareDevil

Da liegst du leider falsch. Kurzschluss als Begriff wird nicht nur in Verbindung mit einem Fehlerfall verwendet. Auch hat der "Kreis" damit nichts zu tun. Aber wir brauchen hierbei nicht weiter korintenkacken, denke wir kommen hier nicht auf den gemeinsamen Nenner. Frieden :) Auf den Rest will ich nicht mehr eingehen. Ich traue da mehr meiner sehr gut bewerteten Masterarbeit zu diesem Thema.

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RareDevil  01.02.2023, 18:52
@AMG38
Ich traue da mehr meiner sehr gut bewerteten Masterarbeit zu diesem Thema.

Oha, da bin ich als Elektromeister im Energieversorgungsbereich (Nieder/Mittel/Hochspannungtechnik und Fachbereich Schutztechnik) wohl das kleinere Licht mit meiner Praxiserfahrung der Fehlerarten und gebe freiwillig gegen deine "theoretische Masterweisheit" auf... Habe wohl unsere Schutzgeräte nach falschen Fehlerarten geprüft und bewertet. Wer so auf seinen Master setzt, dem will ich gar nicht weiter entgegen treten... Entschuldige die Störung.

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Darius08 
Fragesteller
 01.02.2023, 22:50

Ich bin Geselle auf Fortbildung. Ich habe mir die Freiheit genommen, mir aus jeder einzelnen Erklärung, Klarheit zu verschaffen und eure Antworten für mich zusammenzufassen. Ein Kurzschluss in dem Sinne eines Fehlerstromes ist es nicht, deswegen auch künstlicher Erdschluss genannt.

Weil die Phasen 120 Grad verschoben sind, heben sie sich auf, sodass im Sternpunkt ein Spannungspotential (im gesunden Betriebszustand) von 0 Volt herrscht(Potential, das das Erdreich auch hat), sodass die Verbindung von Erde mit Sternpunkt zulässig ist. Dies hat der Zweck, dass wenn es tatsächlich zu einem Kurzschluss im Sinne eines Fehlerstromes kommt (z.B: zwischen Außenleiter und Erde), fließt der Fehlerstrom über den gezeigten Weg.

Ich hoffe, dass diese für mich durch eure Antworten Klarstellung richtig ist, und vielen lieben Dank für die Erklärungen!

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