Autismus akzeptieren können?


31.08.2023, 01:42

Das einzige, was es irgendwie erträglich macht ist, dass ich vermute, dass sich dieser Mist schon seit möglicherweise 5 Generationen in meiner Familie befindet und ich somit zumindest keine Enttäuschung für meine Blutlinie bin.

3 Antworten

Willkommen im "ach das wird alles gut, auch Autisten können ein normales Leben führen bla bla" Drecksgeschwätz. Ich fands schon immer unnormal ätzend, wenn man sich Leuten öffnet und seine Gedanken und Gefühle einfach discarded werden. Ganz ehrlich, überlege dir sehr gut, ob du jemals Kinder willst. Das wodurch du gerade durch musst wird dein Kind sehr wahrscheinlich auch durchmachen müssen. Dein Beruf muss seeeehr gut überlegt sein. Ich komme mit Öffis überhaupt nicht klar, weshalb mein Job min. überwiegend Homeoffice sein müsste. Richtig gesehen, müsste. Habe mal wieder einen Job verloren, weil ich der komische Autist war und die Tatsache, dass ich auf Arbeit Kopfhörer brauchte (die natürlich meine Arbeit in einem Büro mit 80 anderen Leuten, die alle für sich gearbeitet haben null behindert haben) war wohl unerhört. Auch sehr helle Büros werden dir wahrscheinlich den Ick geben.

Mit mir hast du natürlich ein extrem miserables Beispiel, welches zusätzlich noch ADHS hat (informier dich darüber am besten auch, beide teilen sich viele Symptome und sind keine seltene Kombination). Mein Leben ist einfach sowas von gelaufen, vielleicht wären viele Dinge anders gelaufen, wenn ich meine Diagnose als Teenager bekommen hätte und Stiefvater mich nicht gerade mit 15 rausgeschmissen hätte, wer weiß. Ich konnte keinen Job lange halten, habe keine Ausbildung und kann kein Auto fahren. Hilfe ist sehr eingeschränkt, Therapeuten sind völlig überlastet, Psychiater wollen sich deinen Shite nicht anhören.

Kann natürlich auch sein, dass du kein ADHS und nur high functioning autism hast, dann solltest du das meiste geschissen bekommen aber selbst dann spielst du das Leben dennoch auf Hard Mode. Ich kann dir nur ans Herz legen dir einen Psychotherapeuten zu suchen und dich sehr gut über deine Diagnose zu informieren, was genau deine "Schwächen" sind, wie du diese ausbügeln kannst etc. Um dir ein Beispiel zu geben, ich habe echt Probleme mit impulsiven Käufen auf Amazon, die ich später bereue. Also habe ich eine feste Regel, dass ich Dinge erst bestellen "darf", wenn sie vorher min. 24 Stunden in meinem Warenkorb lagen. Verhaltenstherapie und Psychotherapie wird dir auf jeden Fall helfen, bemüh dich um einen Platz ASAP, je nach dem wo du wohnst kann es ewig dauern, bis du einen Platz kriegst

Bild zum Beitrag

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
 - (Psychologie, Behinderung, Verzweiflung)
damit schwarz auf weiß die schriftliche Garantie zu haben, niemals ein normaler Mensch sein zu können sondern immer der Schwache und Unterlegene zu bleiben.

Auch Menschen im Autismus-Spektrum sind normale Menschen! Es gibt keine unnormalen Menschen.

Da helfen auch meine ganzen Fähigkeiten oder Talente nix, denn ich werde wohl immer ein sozial verkümmertes Individuum sein.

Doch, sie helfen durchaus. Du kannst was aus deinen Talenten machen, statt dich nur in Selbstmitleid zu suhlen. Dabei können wir dir aber nicht helfen, das musst du schon selber machen.

Was es noch schlimmer macht, ist dass ich sehr häufig von vielen verschiedenen Personen durchweg positives Feedback zu meinem Verhalten bzw. Charakter, Ausstrahlung und Aussehen bekomme. Das zeigt mir nämlich, was ich eigentlich für ein Potential haben könnte...

Das ist doch super! Mach da was draus!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilerziehungspflegerin/ Ally der Behindertencommunity

Sieh es mal so:

Asperger-Autismus hat, wie alles andere ja auch, Nachteile UND Vorteile, es hängt alles davon ab wie man es handhabt.

Die "Inselbegabungen" zum Beispiel. Du hast einige Dinge in denen du nicht gut bist, aber dafür auch ein paar Sachen in denen du eine sehr hohe Begabung ans Tageslicht bringst. Sofern du noch nicht weißt welche das sind, musst du das halt erst noch herausfinden. Das hat den Vorteil, dass du dich besser auf Sachen spezialisieren kannst als der Durchschnitt. Somit kannst du das gut in deine Karriere oder Hobbys einbauen.

Asperger-Kandidaten habe auch meist ein viel stärker verknüpftes neuronales Netzwerk. (Was auch begründet, dass viele Autisten einen viel höheren IQ als der Durchschnitt haben). Das hat den Nachteil, das manche Asperger-Autisten eine Hyperempfindlichkeit für Sinneseindrücke haben - ist aber meist nur bei einer stärkeren Form von Autismus so. Allerdings gibt es auch einen Vorteil, bei dem es keine so starkw Form benötigt. Durch diesen Umstand kannst du nämlich möglicherweise manche Dinge viel schneller lernen als der Durchschnitt, was im Leben wohl eine der größten Vorteile überhaupt ist.

Viele Asperger-Autisten habe das Problem, jemanden nicht lange in die Augen schauen zu können. Das ist zugegebenermaßen immer ein Nachteil, da das oft gebraucht wird. Das kann man aber mit etwas Geduld und ein wenig Willenskraft einfach wegtrainieren.

Die hervorstechenste negative Eigenschaft eines Asperger-Autisten ist wohl, dass er probleme damit hat, die Emotionen anderer Menschen zu erkennen und richtig zu deuten. Das hast du wohl auch mit einem "sozial verkümmerten Individuum" gemeint.

An dieser Stelle kommt die Fähigkeit ins Spiel, Dinge schneller als andere lernen zu können. Man könnte nämlich das gleiche Prinzip wie bei einer lernenden KI anwenden. Je mehr Beispiele eine KI für gewisse Dinge zu Verfügung gestellt bekommt, desto eher und desto besser lernt sie diese Dinge. Du kannst das gleiche Prinzip bis zu einem gewissen Grad bei Emotionen anwenden. Du siehst im Lauf der Zeit immer wieder bei anderen, welche Gesichtsausdrücke/Handlungen/Gestikulierungen bei welcher Emotion benutzt werden. Dementsprechend kann man sich das mit der Zeit merken und selbst lernen bzw. üben.

Asperger-Autisten denken auch oft anders als andere Menschen. Wenn man herausfindet, worin sich das denken bei sich selbst von anderen unterscheidet, kann man dadurch aber auch Dinge erkennen, die "normalen" Menschen verborgen bleiben.

Viele Asperger können auch viel besser mit Zahlen umgehen als der Durchschnitt. Warum das ein Vorteil ist, muss ich dir wohl nicht erklären🙃

Ansonsten gibt es meines Wissens nach keine wirklich nennenswerten Eigenschaften von Asperger-Autismus(da du ja anscheinend keine allzu starke Form hast).

Wie du siehst, kann man alle Eigenschaften entweder in einen Vorteil verwandeln oder wegtrainieren. Und laut deinem Feedback dürftest du einige dieser Dinge ohnehin bereits umgesetzt haben, wenn auch unbewusst. Du hast richtig erkannt, du hast ein riesiges Potenzial!💪 Die Frage ist nur, wie du damit umgehst und wie gut du es verstehst, deine Nachteile in Vorteile zu verwandeln.

Es stimmt zwar, dass du vermutlich nie ein "normaler" Mensch sein kannst, aber du bist definitiv nicht der Schwache oder Unterlegene, im Gegenteil! 😎

Als kleine "Unterstützung" für einige meiner Behauptungen:

Ich (m15) habe selbst Asperger-Autismus, konnte mir aber mit der Hilfe meiner Mutter antrainieren, anderen in die Augen zu schauen. Ich musste bis vor 2-4 Jahren immer nachfragen welche Emotion oder welches Gefühl jemand hat, wenn ich es wissen wollte. Vor einigen Monaten habe ich einen speziellen Test gemacht, der aussagen soll, wie gut man Emotionen wahrnehmen kann - Auf einmal hatte ich auch in dem Bereich einen weit überdurchschnittlichen Wert. Fazit? Durch das ständige Nachfragen, konnte ich unentwegt "für die KI Beispiele zum lernen sammeln." Jetzt hat die KI das Thema Emotion erfolgreich gelernt.

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig Selbstvertrauen und Hoffnung zurückgeben😉

LG, David😁

Woher ich das weiß:Hobby – Analysiere verhaltensw. u. Entscheidungen anderer
Zitruseulchen  06.09.2023, 11:40

Die allerwenigsten Autisten (ich bin selber Autistin) haben Inselbegabungen. Aber viele von uns haben Spezialinteressen, welche eventuell, für Außenstehende, wie Inselbegabungen aussehen können, sehr selten welche sind.

Inselbegabungen sind etwas, was nur Savants haben. Es sollen circa die Hälfte aller Savants auch Autisten sein. Jetzt liegt es erstmal nahe, zu denken, dass dementsprechend auch die meisten Autisten Savant-Skills/Inselbegungen haben. Doch weltweit gibt es nur etwa 100-150/200 Savants. Das Savant-Syndrom ist extrem selten. Nicht nur das: Es ist nicht immer etwas wirklich Hilfreiches. Eine Inselbegabung kann man in allen Bereichen haben. In Mathematik, Kunst, Musik, ... aber es kann auch sowas sein, wie ... das Telefonbuch sofort auswendig aufsagen können.

Noch dazu kann man sich, meines Wissens nach, seine Inselbegabung nicht aussuchen. Damit wird man geboren. Seine Spezialinteressen jedoch, sucht man sich aus. Im Gegensatz zu einer Inselbegabung muss man für seine Spezialinteressen auch lernen/üben. Eine Inselbegabung ist ein extrem außergewöhnlich intensives Talent für eine Sache, für die man nie lernen musste. Mit diesem Talent wurde man geboren.

Aber ich wurde beispielsweise nicht mit meinem Wissen über Autismus geboren oder meine Faszination für Vögel. Ich musste mir das Wissen selber beibringen. Ich hab auch keine Inselbegabung fürs Backen, obwohl Backen mein mitunter größtes Hobby ist. Ich habe das irgendwann angefangen und werde Stück für Stück besser, durchs Üben.

Noch dazu können sich Spezialinteressen abwechseln. Man kann mehrere auf einmal haben, nur eins, mal keins, man kann sie ein Leben lang haben, mehrere Jahre, nur ein paar Monate ... Das ist bei Inselbegabungen nicht der Fall.

Außerdem müssen wir uns anschauen, wie viele Autisten es weltweit gibt. Vergleichen wir diese Zahl mit den 100 bis maximal 200 Savants weltweit, merken wir schnell, dass nur ein extrem kleiner Bruchteil von Autisten eine echte Inselbegabung hat.

Du hast das Wort "Inselbegabungen" jedoch in Anführungsstrichen gesetzt, also vielleicht wusstest du nur noch nichts von dem Wort "Spezialinteressen" ...?

(Was auch begründet, dass viele Autisten einen viel höheren IQ als der Durchschnitt haben)

Der IQ hat nichts mit Autismus zu tun. Der ist genauso divers wie bei neurotypischen Menschen. Meiner z.B. ist auch nur zwischen 80-100.

Das hat den Nachteil, das manche Asperger-Autisten eine Hyperempfindlichkeit für Sinneseindrücke haben - ist aber meist nur bei einer stärkeren Form von Autismus so.

Was soll eine "stärkere Form" von Autismus sein?

Es gibt keinen starken oder schwachen Autismus, sondern nur Autismus. Das Spektrum ist wie ein Kreis, nicht linear. Ich frage bei dieser Behauptung immer gerne: Ist eine Erdbeere mehr Beere als eine Brombeere? Ist eine Fichtenmeise mehr Meise als eine Lasurmeise? Oder ist ein Riesentagschläfer mehr Vogel als ein Sattelstorch? Wahrscheinlich nicht.

Der Artikel könnte dich interessieren: https://neuroclastic.com/its-a-spectrum-doesnt-mean-what-you-think/

Ich bin auch selber hypersensibel was z.B. Geräusche, Lichter, Schmerzen etc. angeht und ich glaube nicht, dass ich deiner Definition von "starkem" Autismus entspreche. (Kann sprechen, mir Essen machen, mich alleine anziehen, duschen, Zähneputzen, haue nicht meinen Kopf gegen die Wand usw.) Viele - so gut wie alle - Autisten sind entweder hyper- oder hyposensibel, wenn es um Sinneseindrücke sind. Das ist eines der - wenn nicht sogar das - größten Bestandteile der Autismus-Spektrum-Störung.

Viele Asperger-Autisten habe das Problem, jemanden nicht lange in die Augen schauen zu können. Das ist zugegebenermaßen immer ein Nachteil, da das oft gebraucht wird. Das kann man aber mit etwas Geduld und ein wenig Willenskraft einfach wegtrainieren.

Für was soll intensiver Augenkontakt benötigt werden? Für rein gar nichts. Man kann sich auch verbal/schriftlich o.Ä. verständigen. Einfach sagen, was man denkt und nicht versuchen, irgendetwas an den Augen abzulesen. Mir, als Autistin, würde es null bringen, wenn ich Leuten in die Augen schauen könnte. Ich könnte dort nichts erkennen. Nur Augen. Aha, braune Augen, interessant. Das war's. Das ist ein Skill, das mir persönlich nichts bringen würde.

Außerdem empfiehlst du hier Masking: https://www.healthline.com/health/autism/autism-masking

Ansonsten gibt es meines Wissens nach keine wirklich nennenswerten Eigenschaften von Asperger-Autismus(da du ja anscheinend keine allzu starke Form hast).

Es gibt einen ganzen Haufen an potenziellen Eigenschaften/Anzeichen für Autismus, die ich dir nun aus dem Stehgreif auflisten könnte. Aber die Satzzeichen reichen dafür nicht aus.

Na gut, das war mir wichtig, zu korrigieren. Ich muss das leider oft mehrmals wöchentlich korrigieren ... Man, ich hab langsam echt keine Lust mehr, aber wenn ich es nicht korrigiere, fühle ich mich auch mies. Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel. Ich wusste das alles damals, mit 15, auch noch nicht.

2
DamerSenju42  06.09.2023, 12:46
@Zitruseulchen

Zuerst einmal möchte ich mich für deinen sehr ausführlichen Kommentar bedanken. Vor allem weil du das schon so oft gemacht hast und trotzdem weiterhin machst.

Ich habe ein bisschen darüber recherchiert. Es scheint als hätte ich was verwechselt. Viele Inselbegabte sind Autisten, und nicht umgekehrt, wie du ohnehin bereits erwähnt hast.

Inselbegabungen könnne nutzlos sein, allerdings haben diejenigen dann größere Probleme. Sofern es stimmt, hat der durchschnittliche Savant einen IQ von unter 70, was probleme wie z. B. sich selbst nicht anziehen zu können, mit sich bringt.

Inselbegabungen kann man sich selbstverständlich nicht aussuchen. Wie "Talentiert" man in etwas ist ja auch nicht. Ich binn mir der Definition einer Inselbegabung durchaus im Klaren🙃.

Von Spezialinteressen als Fachbegriff höre ich aber tatsächlich zum ersten Mal. Danke für den Input.

Der IQ ist zwar auch da unterschiedlich, aber es gibt durchaus stark abweichende tendenzen. Der durchschnittliche IQ liegt bei Asperger-Autisten nicht etwa bei 100, sondern bei 112,6. Allerdings gibt es nach oben extreme abweichungen. Der Autist mit dem höchsten IQ war auch gleichzeitig der Mensch mit dem höchsten IQ allerzeiten. William James Sidis hatte keinen Asperger-Autismus, aber Hyperlexie(eine Form von Autismus) und einen IQ von 250.

"Das Spektrum ist wie ein Kreis, nicht linear. "

Das stimmt, aber man im kreis auch weiter nach außen oder eher in der mitte sein. Es gibt natürlich unterschiedlich starke Ausprägungen. Auch menschen ohne diagnostizierten Autismus können autistische Züge aufweisen.

Bezüglich der hyper/hyposensibilität habe ich anscheinend wirklich blödsinn gelabert. Das tut mir Leid.

Man muss nichts aus den Augen ablesen können, um einen Vorteil aus Augenkontakt ziehen zu können. Der Gegenüber kann das im Normalfall nämlich sehr wohl. Außerdem kann ständiges Wegschauen von anderen Menschen mit Unsicherheit, einem Mangel an Selbstbewusstsein, Desinteresse, Verlegenheit und sogar Anitpathie in Verbindung gebracht werden, ist also ein Nachteil.

Es gibt sehr viele potenzielle Eigenschaften von Autismus, aber es ist, wie du schon gesagt hast, unmöglich, alle Aufzuzählen. Aus diesem Grund habe ich die Eigenschaften erwähnt, die meiner Meinung nach am ausschlaggebensten und wichtigsten sind und die der Fragesteller womöglich haben könnte.

Nochmals vielen Dank dass du dir die Zeit genommen hast, diesen Kommentar zu schreiben. Da ich selbst immer versuche etwas richtigzustellen, werde ich dir wahrscheinlich in Zukunft automatisch helfen, andere diesbezüglich zu korrigieren.(und diesmal richtig😁)

2