Astronomie studieren? Wie und wie lange ..?

3 Antworten

Hallo cocolovesyou,

Astronomie selbst ist streng genommen nur die Katalogisierung des Himmels, also das Erfassen in Sternkarten, sowie ein paar Bahnberechnungen.

Wirklich betrieben wird heute Astrophysik, also die Physik der Himelskörper, bzw. Kosmologie, also die Physik des Universums. Und damit ist auch schon klar, was man studieren muss:

Physik. Ohne Physik geht da gar nichts.

Üblicherweise studiert man allgemeine Physik, zuerst zum Bachelor, dann zum Master of Science. Zum Bachelor sind es üblicherweise 3 Jahre, danach noch einmal 2 - 3 Jahre. Wobei man sagen muss: Der Bachelor bringt nicht viel, wer in dem Gebiet arbeiten möchte, muss zwingend den Master hinterherschieben. Es fehlen sonst einfach zu viele Grundlagen.

Wer danach noch promovieren möchte (also den Dr. rer. nat. machen), der sollte noch mal 3 - 5 Jahre einplanen. Für einen Job an der Uni und damit in der Forschung eigentlich Minimalvoraussetzung.

Das Ganze läuft dann ungefähr so: man studiert im Bachelorstudiengang allgemeine Physik, (also allgemeine Experimentalphysik, theoretische Physik, Praktika,...) wozu auch eine Nebenfächler-Prüfung in Mathe (und ich meine höhere Mathematik: ja, man muss die Beweise lernen...man muss sogar in der Lage sein, selber etwas zu beweisen) und Chemie gehören.

Im Hauptstudium wählt man dann seinem Interesse nach Nebenfächer zu den zwingenden Hauptfächern (theoretische Physik, Festkörperphysik, Teilchenphysik etc). Das wäre dann eine entsprechende Astrophysik-Vorlesung. Das Physikstudium schließt man mit einer Studienarbeit ab, die man mit dem Berufswunsch "Astrophysiker" dann in eben diesem Nebenfach schreibt.

Sehr wenige Universitäten bieten ein eigenes "Astronomie"-Studium an. (Meines Wissens Bonn oder Wien, Google weiß es aber sicher besser) Es lohnt sich aber nicht, für ein sogenanntes Astronomie-Studium extra an diese Universitäten zu wechseln, wenn man das nicht eh aus anderen Gründen machen möchte. Die Unterschiede zum eben beschriebenen Weg - also von der allgemeinen Physik kommend - sind marginal. Der Vorteil ist halt, dass man früher mit der Astrophysik anfängt. Man muss aber genauso nahezu die gesamte Physik lernen - einfach weil man sie braucht. Wie will man Strahlungsdruck und Energietransport, Kernfusion etc in Sternen berechnen ohne Teilchen- und Quantenphysik? Geht nicht.

Mit dem Studium der allgemeinen Physik hast Du hinterher auch mehr Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, weil Du halt als Physiker auftrittst, nicht als Astrophysiker. Man muss sagen, dass 9 von 10 Physiker nicht in der Forschung arbeiten, sondern in der Industrie, nicht selten in der Produkt- oder Softwareentwicklung. Du solltest Dir selbst (denn an der Uni kommt das zu kurz) das Programmieren beibringen. Dann hast Du ein gesichertes Standbein auf dem Arbeitsmarkt.

Studienvoraussetzung ist in aller Regel wirklich nur Abi/Matura, also die allgemeine Hochschulreife. Wenige, besonders beliebte Unis erheben einen lokalen Numerus Clausus (also einen, der nur für den Zugang an dieser Uni gilt), die meisten aber nicht. Mit einem nur durchschnittlichen Abi ist Dir also nicht das Fach verstellt, sondern u.U. nur der Zugang zur Uni Deiner Wahl.

Was solltest Du persönlich mitbringen?

Du solltest analytisch denken können und diszipiliert und ausdauernd arbeiten können. Mathematik sollte Dir Spaß machen, auch - oder besser gerade dann - wenn es abstrackt oder schwierig wird. Mathematik ist die Sprache der Natur. Du solltest Beweise entwickeln können; eine Tafel voller Formeln sollte für Dich einfach "cool" sein.

Es darf Dich nicht entmutigen, mit Aufgaben konfrontiert zu sein, bei denen Du keine Ahnung hast, welchen Lösungsansatz Du am besten probierst. Das ist Standard an der Uni: Die bringen Dir nichts bei. Die zeigen auf, was Du Dir selbst erarbeiten sollst.

Anders als in der Schule geht der Stoff der Übungen und Hausaufgaben weit über den der Vorlesungen hinaus. Du bekommst also nichts vorgekaut, sondern sollst das Gehörte vertiefen und anwenden. Man sollte durchaus damit rechnen, dass man mal 4 - 6 Stunden an einer Aufgabe herumknobelt, nur um hinterher zu wissen, wie es nicht geht...

Man fühlt sich permanent ins kalte Wasser geworfen und überfordert, was viele nicht aushalten und hinschmeißen. Es muss aber so sein: In der Forschung bist Du an der Grenze des Wissens, da kann man niemanden fragen, weil es niemanden gibt, der es schon weiß. Auf dieses Gefühl soll das Studium vorbereiten. Hart ist es trotzdem. Physik hat eine der höchsten Abbrecherquote von allen Studiengängen - und es liegt genau hieran, nicht an Scheinen oder Prüfungen.

Und Du solltest mit realistischen Erwartungen an das Studium gehen: Astrophysiker sitzen nicht nachts am Teleskop unter atemberaubend schönem Sternhimmel. Astrophysiker sitzen tagsüber im Büro vor dem PC, lesen oder schreiben Papers, oder entwickeln komplizierte Simulationsprogramme an Großrechnern. Beobachtungen werden meist deligiert.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
uteausmuenchen

vielen Dank für deine Ehrlichkeit. Ich würde Sie gerne fragen, ob sie Physik speziell auf Astrophysik studiert haben? denn wenn ja hätte ich einige fragen zur Studienwahl

Astronomie ist ein Teilgebiet der Physik. Du kannst Dich während des Physik-Studiums auf Astronomie spezialisieren oder danach in einem Ergänzungsstudium. Zum Physikstudium brauchst Du die allgemeine Hochschulreife.