Anhand, aber auf Grund und an Stelle?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ja, du hast schon recht. Die Unterscheidung in der Getrennt- und Zusammenschreibung ist nur noch bedingt nachvollziehbar.

Dass z.B. bei mit Hilfe/mithilfe beide Schreibweisen akzeptiert werden, ist darauf zurückzuführen, dass man mit Hilfe/mithilfe als Zusammensetzung oder als Wortgruppe ansehen kann. Die nominalen Bestandteile sind semantisch noch nicht verblasst und ihre ursprüngliche Bedeutung noch nicht verloren: Ich mache etwas mit der zusätzlichen Hilfe von x.

Für Wörter wie infolge gilt das offensichtlich nicht mehr: "Bei den Zusammensetzungen wie z.B. infolge oder zuliebe gelten die nominalen Bestandteile Folge und Liebe als verblasst. Damit ist gemeint, dass das Nomen seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat und man diese nicht mehr wahrnimmt." (Quelle unten) Das Nomen wird in diesen Fügungen nicht mehr als eigenständiges Nomen wahrgenommen.

Ich schätze mal, dass zukünftig dann auch mithilfe nur noch als einzige Schreibweise gültig sein wird.

Quelle: https://sprachekulturkommunikation.com/mithilfe-oder-mit-hilfe/

possim 
Fragesteller
 09.08.2022, 08:39

Danke!

Ich schätze mal, dass zukünftig dann auch mithilfe nur noch als einzige Schreibweise gültig sein wird.

Aber wie kommst du darauf? Viel wahrscheinlicher ist, dass - wie schon immer - beide Schreibweisen als korrekt akzeptiert werden.

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Floflix  09.08.2022, 08:47
@possim

Das könnte natürlich auch möglich sein, je nachdem welche Prioritäten die Rechtschreibreformer setzen: Wollen Sie für Zweifelsfälle beide Schreibweisen gelten lassen oder folgen sie eher dem semantischen "Verblassungskonzept".

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possim 
Fragesteller
 09.08.2022, 09:01
@Floflix

Oder aber sie sind davon überzeugt, dass es sich eindeutig um eine Verbindung aus Verhältnis- und Hauptwort handelt. Somit würde nur noch die Getrenntschreibung akzeptiert.

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Keine Ahnung.

Der Sinn der Rechtschreibreform bleibt mir ein Rätsel, zumal sie denen, die schwere Rechtschreibprobleme haben, überhaupt nichts bringt. Wer zwar "heute" und "Leute" korrekt schreiben kann, jedoch nicht "weis, wie so die Gloken nicht Leuten order weshalp die meuse vorder Katze außreisen", dem ist mit der Rechtschreibreform nicht geholfen.

Insgesamt hat die Rechtschreibreform nur für Durcheinander gesorgt und dazu beigetragen, dass Leute, die früher die Orthografie und Zeichensetzung einwandfrei beherrschten (von minimalen Fehlern mal abgesehen), nun auch Fehler machen oder dauernd nachschauen müssen, was die Rechtschreibreformer für richtig oder falsch befinden. Bei vielen Änderungen ist leider die eigentliche Bedeutung verlorengegangen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Bis 1996 waren " sitzen bleiben" und "sitzenbleiben" Verben mit unterschiedlicher Bedeutung: Sie ist sitzen geblieben. (wörtlich) = Sie ist nicht aufgestanden. Aber: Sie ist sitzengeblieben. (figurativ) = a. Sie ist nicht in die nächste Klasse versetzt worden. b. Sie ist beim Tanzen nicht aufgefordert worden c. Niemand hat sie geheiratet. (Anmerkung: Die Arme, sie hatte wohl einfach Pech im Leben.😢) Heute schreibt man das Verb in wörtlicher Bedeutung - wie früher auch - getrennt, aber in figurativer Bedeutung sind beide Schreibweisen erlaubt. Der Duden empfiehlt jedoch die Getrenntschreibung (dsgl. bei sitzen lassen/sitzenlassen). Schaut man bei "korrekturen.de, dem Portal für Rechtschreibung" nach, so weicht dieses bei der übertragenen Bedeutung vom Duden ab und empfiehlt die Schreibung in einem Wort.

Wer soll sich da noch zurechtfinden? (🤯 Oder "zurecht finden"?🤣 Vielleicht gar "zu Recht finden"?)

Was deine Frage betrifft, ich schreibe

  • "aufgrund, anhand, mithilfe und ... zuliebe", weil ich diese als Präpositionen in der Bedeutung von "wegen, mittels und für" sehe. Da läuft kein Schiff konkret auf Grund, da geht auch kein Kind an meiner Hand. Bei "aus (meiner) Liebe/Zuneigung zu dir" und "mit der Hilfe/Unterstützung eines Lehrers", da sieht das natürlich anders aus.
  • "anstelle" genauso wie "anstatt" oder "statt". Auch diese sind Präpositionen, etwa in der Bedeutung von "als Ersatz für". Anders sieht es aus bei einer Aussage wie: "An der Stelle von Maria/An Marias Stelle/An ihrer Stelle würde ich Pharmazie studieren." (= Wenn ich an Marias Stelle wäre, ...)
  • "infolgedessen" und "aufgrunddessen" in einem Wort, weil ich diese als einfache Hauptsatz-Konjunktionen betrachte wie "deshalb, darum". Bei "aufgrunddessen" ziehe ich mir sicher Onkel Dudens Zorn zu, aber ich schreibe trotzdem so, da ich konsequent bin und er m. E. nicht, wenn er seltsamerweise nur folgende Schreibungen zulässt: "aufgrund dessen" und "auf Grund dessen".
possim 
Fragesteller
 09.08.2022, 12:12
Der Sinn der Rechtschreibreform bleibt mir ein Rätsel

Sie hat Sprache logischer und verständlicher gemacht.

Keiner konnte vor 1996 erklären, warum aus einem Schiff und einer Fahrt eine Schiffahrt und keine Schiff-Fahrt wurde. Lustigerweise gab es die Sauerstoffflasche aber auch schon vor 1996.

Und wie man von wissen auf wußte und gewußt kam, stand auch in den Sternen.

jedoch nicht "weis, wie so die Gloken nicht Leuten order weshalp die meuse vorder Katze außreisen"

Solche Grauen erregenden Sätze sah man eher noch vor 26 Jahren. Ich möchte nur an plazieren, Greuel und belemmert erinnern. Genauso gruselig war (und leider ist) auch aufwendig.

nun auch Fehler machen oder dauernd nachschauen müssen, was die Rechtschreibreformer für richtig oder falsch befinden.

Das machen die allermeisten mit Absicht, weil sie noch mit der alten Rechtschreibung liebäugeln.

Insgesamt hat die Rechtschreibreform nur für Durcheinander gesorgt und dazu beigetragen

Solch ein Humbug. Die Rechtschreibreform, insbesondere die von 2004/2006, hat wesentlich dazu beigetragen, Sprache vielfältiger zu machen. Neben traditionellen Schreibweisen (Portemonnaie) haben nun auch eingedeutschte Varianten (Portmonee) eine Daseinsberechtigung. Viele fremdsprachliche Begriffe wurden nämlich falsch geschrieben, so hieß es oft Portmonnaie an Stelle von Portemonnaie. Seit 2004 hat man zudem häufig die Wahl zwischen Getrennt- und Zusammenschreibung. Wer weit gehende Forderungen stellt, kann somit auch auf das ältere weitgehend zurückgreifen.

Der Duden empfiehlt jedoch die Getrenntschreibung

Das liegt daran, dass heute kaum noch zwischen der eigentlichen und bildlichen Bedeutung unterschieden wird. Der Metaphern-Wahn der älteren Rechtschreibung hat nun ein Ende.

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spanferkel14  09.08.2022, 15:24
@possim

In einem Punkt gebe ich dir absolut, in einem weiteren teilweise recht:

  • Auch wenn die Schreibung von "ß" und "ss" für mich nie ein Problem darstellte, finde ich die Vereinfachung der Regel sehr gut. Vor allem für Ausländer, die ja nun wirklich nicht alle Germanistik studieren, ist es eine große Erleichterung.
  • Schiffahrt / Sauerstoffflasche, Ballettanz / Balletttruppe: Die frühere Begründung (nachfolgender Konsonant!) für 3 Konsonanten war für mich an den Haaren herbeigezogen, auch wenn es natürlich logisch war, 3 Konsonanten zu schreiben. Ich dagegen habe immer mit nur 2 Konsonanten geliebäugelt, auch wenn ja ein eigentlich korrekter Konsonant einfach abgeschossen wurde: Es sieht für mich bei allen Wörtern einfach schöner aus mit nur 2 gleichen Konsonanten. Man hat dann nicht das Gefühl, dass der Schreiber einen im Tee hat. Oh ja, auch so ein schlimmes Wort: Teeei. Wie sieht das denn aus? Unmöglich!

In allem anderen stimme ich dir nicht zu. Lachen musste ich bei deinem Kommentar zu meinem Satz mit dem "Glokengeleut". Ne, vor 26 Jahren haben nicht so viele Deutsche in der Rechtschreibung versagt wie heute. Das kalte Grausen packt mich ja immer hier auf GF. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Menschen derart schlecht in der Orthografie sind, und auch nicht, dass so viele deutsche Muttersprachler derart viele Grammatikfehler machen wie hier. Wenn ich lese "Ich hab ein Lehrer, der mir es gesagt hat", dann schüttelt es mich. Und Metaphern-Wahn? Wie schade, dass so viele Feinheiten unserer Muttersprache durch die heutige Rechtschreibung gar nicht mehr sichtbar werden!

Zum Glück muss ich mich dem nicht anpassen. Ich picke mir das heraus, was ich für gut befinde, und den Rest ignoriere ich einfach. Portmonee, wie grauenvoll! Da weiß man ja gar nicht mehr, was das sein soll. Wer Portemonnaie nicht schreiben kann, der soll doch einfach auf Geldbörse ausweichen. 🤣

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possim 
Fragesteller
 10.08.2022, 04:43
@spanferkel14
Es sieht für mich bei allen Wörtern einfach schöner aus mit nur 2 gleichen Konsonanten. Man hat dann nicht das Gefühl, dass der Schreiber einen im Tee hat. Oh ja, auch so ein schlimmes Wort: Teeei. Wie sieht das denn aus? Unmöglich!

Genau dafür hat die Reform 2004 eine Lösung geschaffen: Man gebraucht einen Bindestrich. Dann ist das Wort sowohl orthographisch korrekt geschrieben wie auch leicht lesbar.

Tee-Ei. Miss-Stand. Schiff-Fahrt. Oder Fall-Laub.

Wer Portemonnaie nicht schreiben kann, der soll doch einfach auf Geldbörse ausweichen. 🤣

Wenn das so einfach wäre. Und wer bei Chicorée versagt, schreibt dann einfach Salat an Stelle von Schikoree? Keine optimale Lösung.

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spanferkel14  10.08.2022, 09:48
@possim

Wenn er sich selbst ne Einkaufsliste schreibt, kann er ja ruhig Schikoree oder noch besser Schicko-Reh schreiben. 😂

In puncto Ästhetik gehen unsere Geschmäcker völlig auseinander. Ich finde nichts scheußlicher als diese Bindestriche: Tee-Ei, das lasse ich mir ja noch gefallen, aber Miss-Stand und Fall-Laub? Ne! 😢

Por-te-mon-na-i-e konnte ich schon als kleines Kind schreiben. Ich wusste zwar nicht, was es wortwörtlich bedeutet, aber ich habe es so zerhackt wie hier und mir dann vorgesprochen. So gelang mir die korrekte Schreibung. Meine Mutter war so gerührt, dass sie einen Zettel aufbewahrt hat, den ich ihr in die Geldbörse gelegt hatte: "Ich habe mir 50 Pfennig aus deinem Portemonnaie genommen." Den Zettel habe ich heute noch. Schikoree? Ne! Dann muss man halt mal nachschauen. Ich stelle mir gerade eine Speisekarte in derart entstellter Schreibweise vor. Wenn ein Inschenjör mit einer Grafickdiseinerin essen geht, gibt es z. B. auf der Speisekarte: Pott-o-fö, Steek Tata, Schatobriang und Filee Mienjong, zu trinken fieleicht Schato-nöff-dü-paap Wienjong Blang. Die haben ja Bauchschmerzen, bevor's mit dem Essen losgeht.🥴

Mach's gut! Schönes Wetter, ich muss jetzt raus. Tschüss!🐷

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possim 
Fragesteller
 10.08.2022, 10:22
@spanferkel14
Wenn ein Inschenjör mit einer Grafickdiseinerin essen geht, gibt es z. B. auf der Speisekarte: Pott-o-fö, Steek Tata, Schatobriang und Filee Mienjong, zu trinken fieleicht Schato-nöff-dü-paap Wienjong Blang.

Das ist im Gegensatz zu Schikoree aber unzumutbar. ;)

Lebe wohl - genieße die Sonne!

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RLandolt  10.08.2022, 20:12

@spanferkel14: «Leute, die früher die Orthografie und Zeichensetzung einwandfrei beherrschten» sollte heissen: «Leute, die nach eigener einschätzung die ortografie und die zeichensetzung einwandfrei beherrschten». Wenn man eine norm wirklich beherrscht – was nur eine kleine minderheit von sich behaupten kann –, kann eine änderung im einstelligen prozentbereich keine grossen auswirkungen haben.

Zu «sitzen bleiben» und ähnlichem: Wie unterscheidet man das beim sprechen? Konrad Duden: «Denn wie kann man von der Schrift verlangen, daſs ſie genauer ſei als die Sprache, daſs ſie unterſcheide, was die Sprache nicht unterſcheidet!» Wenn sitzen bleiben ein problem wäre, wäre kein mensch auf die idee gekommen, die zwei wörter in einer anderen bedeutung zu brauchen als in der ursprünglichen. Es ist ja gerade das uneindeutige, das uns die möglichkeit gibt, eine nichtversetzung in die höhere klasse oder ein weibliches ledigbleiben nicht im klartext anzusprechen. Was veranlasst uns, Kohle, im Dunkeln tappen, schwarzes Schaf (alte und neue schreibung!), den Löffel abgeben, das Zeitliche segnen zu sagen, wenn wir unzweideutig Geld, nichts wissen, Aussenseiter und sterben sagen könnten? (Ausführlich: https://ortografie.ch/stellungnahmen/StGallerTb[2015917].php)

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