An Glaser / Steinmetze / Restauratoren: Sind Glas und Steine formbar / plastisch?


19.07.2023, 12:51

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19.07.23 12:45 Aus der Diskussion entnehme ich die Wahrscheinlichkeit, dass sich Steine unter hohem Druck (Gebirge) und hohen Temperaturen (Erdinneres) plastisch verformen.

  1. Je höher der Druck,
  2. je höher die Temperatur,
  3. je länger die Wirkzeit,

desto wahrscheinlicher.

Wenn Mauersteine so gut wie möglich bearbeitet und fugenlos aufgeschichtet werden, ergeben sich winzige Kontaktstellen an den Steinen, an denen der Druck des darüber liegenden Mauerwerks enorm ist.

Von Zahnbehandlungen kenne ich es selbst, dass mm-Bruchteile zuviel Material zu Druck und Schmerzen führen.

Und die fugenlosen antiken Mauern, in die (angeblich) keine Rasierklinge passt, liegen in klimatisch heißen Regionen. Ich will die paar dutzend Grad Temperaturunterschied zum Südpol nicht überbewerten, aber auch nicht ignorieren.

Oder gibt es bei den Eskimos auch fugenlose antike Mauern?

4 Antworten

Glas und Steine sind nicht plastisch, aber sie können sich unter bestimmten Bedingungen verformen.

Glas ist ein amorpher Festkörper, das heißt, es hat keine feste Kristallstruktur. Das bedeutet, dass die Moleküle in Glas nicht an bestimmten Orten angeordnet sind, sondern sich frei bewegen können. Wenn Glas erhitzt wird, bewegen sich die Moleküle schneller und können sich leichter verformen. Wenn Glas dann wieder abgekühlt wird, verfestigt es sich wieder in seiner neuen Form.

Steine sind auch amorphe Festkörper, aber sie haben eine höhere Schmelztemperatur als Glas. Das bedeutet, dass Steine sich nur bei sehr hohen Temperaturen verformen können. Wenn Steine erhitzt werden, können sie schmelzen und wieder erstarren. Beim Erstarren können sich die Steine verformen und ihre Form ändern.

Beispielsweise können Gletscher Steine und andere Materialien mit sich führen, wenn sie fließen. Dadurch können die Steine ihre Form verändern. Außerdem können Steine durch Erosion verformt werden. Erosion ist ein Prozess, bei dem Steine durch Wind, Wasser und andere Elemente abgetragen werden. Dadurch können die Steine ihre Form verändern.

Auch Mauersteine können sich verformen. Wenn Mauersteine unter starkem Druck stehen, können sie sich verformen und Risse bekommen. Außerdem können Mauersteine durch Frost verformt werden. Frost ist ein Prozess, bei dem Wasser zu Eis gefriert. Wenn Wasser in Rissen in Mauersteinen gefriert, kann es die Steine verformen und Risse vergrößern.

Insgesamt sind Glas und Steine nicht plastisch, aber sie können sich unter bestimmten Bedingungen verformen. Die Verformung von Glas und Steinen kann durch Hitze, Druck und Erosion verursacht werden.


10tel 
Fragesteller
 19.07.2023, 12:35
aber sie können sich unter bestimmten Bedingungen verformen.

Du zählst Erosion zur Plastizität? Das ist doch keine Verformung im gefragten Sinn, sondern Materialabtrag.

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mineralixx  19.07.2023, 17:00

"Steine" (z.B. Granit, Sandstein, Kalkstein, Mergel) sind keine "amprphen Festkörper" sondern bestehen als (unterschiedlich großen) Mineralien, die allesamt kristallin sind. Im Falle vom Granti sind das Feldspat, Quarz und Glimmer, beim Sandstein meist Quarzkörnchen, beim Mergel feine Tonmineralteilchen und Calcit. Beim Erhitzen haben die Bestandteile unterschiedliche Schmelzpunkte. Bevor das Gestein aufschmilzt, geht es in einen plastischen Zustand über. Bimsgestein besteht allerdings aus amorpher vulkanischer Glasmasse.

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Unter richtig hohem Druck, ja. Aber nicht der Druck eines Bauwerks. Der Druck eines Gebirges.

Unter 1000den Metern Gestein werden über hohe Druck von allen Seiten, gerichtete Drücke plastisch. Das Gestein beginnt sich zu verformen. Das merkt man auch an den tiefsten Minen, die sich über Jahrhunderte verändern, ohne zusammenzubrechen.

Unter 10 000en Metern und einigen hundert Grad wird Gestein dann richtig plastisch. Daher sieht man an freigelegt, früher in größerer Tiefe befindlichen Gesteinen unglaubliche Biegungen und Faltungen. Daher fließen Gebirge richtig gehend auseinander, daher drücken Gletscher die Kruste tiefer, usw...

Aber Erdbeben zeigen, dass es nicht immer gemütlich plastisch geht.

In 100 - 1000 km Tiefe ist das Gestein so heiß, dass es an der Oberfläche Dünn flüssige Lava wäre, unter dem enormen Druck ist es aber fest. Und dennoch fließt der Erdmantel mit Konvektionsströmungen. Nur halt langsamer, als wenn er flüssig wäre.


10tel 
Fragesteller
 19.07.2023, 11:49
tiefsten Minen, die sich über Jahrhunderte verändern, ohne zusammenzubrechen.

Danke, interessanter Hinweis.

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Zumindest zu Glas kann ich etwas sagen. Glas ist amorph bzw. eine unterkühlte Schmelze. Deswegen kann es auch bei Raumtemperatur fließen. Diese Fließfähigkeit ist aber temperaturabhängig und bei Raumtemperatur so gering, dass die Zeit für einen merklichen Fließprozess in der Größenordnung von Millionen Jahren liegt. Damit ist auch der bekannte Mythos, dass Kirchenfenster wegen Fließprozessen unten dicker sind eben auch nur ein Mythos.

Druck beeinflusst die Fließbewegung ebenfalls. Allerdings sind dazu sehr hohe Drücke nötig. Fraglich, ob menschlich erzeugte dafür ausreichen. Bei Bauwerken kann man das quasi ausschließen.

Bei wirklich kristallinen Gesteinen ist das Fließen bei Raumtemperatur nochmal um viele Größenordnungen langsamer als bei Glas. Das kann man also vergessen. Bei Prozessen im Erdmantel mit extremen Temperaturen und Drücken geht das allerdings.

Magmatites Gestein war mal flüssig. Glas besteht wahrscheinlich nur aus magmatiten Mineralien. Kaltes Glas fließt. Das hat man festgestellt bei stehenden Glasscheiben, die nach vielen Jahren unten minimal dicker sind als oben.


10tel 
Fragesteller
 19.07.2023, 11:40
unten minimal dicker sind als oben

Weißt du Näheres? Ich kenne diese Behauptung, die sich auf Kirchenfenster bezieht. Gegenrede ist, dass die Glaser schon beim Zusammensetzen des Mosaiks die dickeren Seiten nach unten packen.

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Morfi655  19.07.2023, 11:41

Nein, tut mir leid, Glas fließt bei Raumtemperatur und Normaldruck nicht, nicht mal ein bisschen, es ist so fest wie etwas nur fest sein kann. Das einzige was es tut ist auf Nanoskalen auskristallisieren, es wird also ganz langsam weniger amorph. Das hat aber nur in geologischen Zeitskalen Relevanz oder für höchste technische Anforderungen.
Bei Glaskeramik ist z.B. bekannt, dass sie über einige Jahre noch im Bereich von Nanometern schrumpfen kann, und für z.B. astronomische Spiegel kann es deswegen Sinn machen das Material nach der Herstellung erstmal "abzulagern" bis ein Großteil der "Setzungseffekte" abgeschlossen sind.

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Schreifrizz  19.07.2023, 11:44
@Morfi655

Stimmt. Das dachte man, als man alte Kirchenfenster gemessen hat. Der verschiedenen Stärken kamen von der Mundbläsertechnik. Der Eisengehalt von Spinat entstand auch durch einen Kommafehler.

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