An alle Organisten - Klavier spielen?

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Hallo Regina,

man sagt Organisten allgemein nach, schlechte Klavierspieler zu sein. Das ist kein Vorurteil, sondern recht naheliegend. Organisten und Pianisten sind Tastendrücker, aber die Anforderungen an sie sind nur zum Teil gleich oder ähnlich.

Beide sollten über eine fortgeschrittene Technik verfügen, und beide sollten eine musikalische Vorstellung haben und diese klanglich umsetzen können. Die Tongebung der Instrumente ist jedoch grundlegend verschieden:

Die Orgel ist ein Blasinstrument, und Aufgabe des Organisten ist, die Ansprache und die Absprache der Töne kontrolliert zu vollziehen. Während Pianisten vom 'Anschlag' sprechen, sprechen Organisten vom 'Touché', einem Begriff aus dem Französischen, bekannt durch das Unterrichtswerk von François Couperin 'L'Art de Toucher le Clavecin'. Pianisten haben das nicht gelernt.

Das Klavier ist ein Saiteninstrument, zugleich aber auch ein Schlaginstrument. Töne können (und müssen!) unterschiedlich laut angeschlagen werden. Im Vollzug geschieht das nicht mehr in allen Einzelheiten bewusst, der Vorgang ist komplex und wird über Jahre mehr und mehr geübt. Zuletzt ist die mechanische Differenzierung eingeschliffen. 'Nur-Organisten' fällt es schwer, differenziert dynamisch zu gestalten. Auch eine Tonleiter mit 8 exakt gleich lauten Tönen zu spielen, ist für sie eine Herausforderung. Das haben sie nicht gelernt.

Einen weiteren Unterschied gibt es: Pianisten müssen sehr schnell spielen können, wie man in der virtuosen Klaviermusik beobachten kann. Da Kirchen hallig sind und sehr schnelle Passagen Gefahr laufen, klanglich zu verwischen, sind Organisten diesbezüglich nicht ganz so gefordert.
Dagegen sind die Anforderungen an die Koordination des Organisten höher: Bis zu drei Ebenen muss er vom Notentext bewältigen und klanglich gestalten können. Bei einer Triosonate von Bach z. B. spielt jede Hand auf einem Manual eine Stimme, die Füße spielen auf dem Pedal die Bassstimme - dabei soll jede Stimme eigenständig und sorgfältig artikuliert werden.

Könnt ihr problemlos Klavier spielen? 

Wenn ich mich persönlich angesprochen fühlen soll: Nein, das kann ich nicht. Und ich denke, das liegt nicht an einer geringen Begabung oder mangelhaften Ausbildung.

Ich habe als Kind angefangen, Klavier zu spielen, habe irgendwann auch die anspruchsvollen Werke von Chopin, Liszt, Brahms u. a. gespielt und studiert. Dann bin ich zur Kirchenmusik gewechselt und habe Abschlüsse als Kirchenmusiker und Organist gemacht.
Wenn ich nun im Winter in einer Gemeinde im Gemeindesaal Gottesdienste am Klavier begleiten soll, dann muss ich, da ich kein Klavier mehr besitze, mir eines suchen und mich darauf vorbereiten. Nicht wegen der Fingerfertigkeit, sondern weil das Gefühl für den dynamischen Anschlag nicht mehr in dem Maße verfügbar ist, wie es das damals war.

Fazit: Man muss es gelernt haben und in Übung sein.

LG
Arlecchino

Der Anschlag ei einer Orgel und einem Klavier ist unteschiedlich. Beim Klavier kann man über die Art des Anschlages leise und laut spielen, das geht bei der Orgel nicht. Bei der Orgel gibt es nur ein ein/aus des Tones, je nachdem wie lange man die Taste drückt. Im Allgemeinen entscheiden sich die Musiker, ob sie Organisten oder Pianisten sein wollen. Beide Instrumente wirklich gut zu spielen klappt üblicherweise nicht.

HAllo,

Meines Wissens lernen Organisten midestens 4 Jahre klavier bevor sie sich mit der Orgel und vor allem dem Pedalspiel beschäftigen können. Die komplexe polyphonie ist nicht so einfach zu bewältigen.

LG

Harry

Schwer zu sagen, ich habe lange Zeit beides parallel gemacht. Einige Filialen hatten Harmonilen, die wiederum anders forderten.

Ich spiele seit knapp zwei Jahren Orgel und habe vorher schon sieben Jahre Klavier gespielt; soweit ich weiß ist es die Regel, dass Organist*innen schon einiges an Erfahrung auf dem Klavier haben, wenn sie anfangen, Orgel zu spielen.