aminosäuren können zugesetzte Oxonium- und hydroxid-Ionen abfangen, ohne dass es zu größeren Veränderungen des pH-Wertes kommt.?

3 Antworten

Die Frage ist: Können sie das wirklich? die Antwort hängt davon ab, welchen pH-Bereich (und welche Aminosäure Du betrachtest).

Nehmen wir mal Glycin. Das hat die beiden Säurekonstanten 2.35 und 9.6. Es ist also eine zweibasige Säure:

NH₃⁺–CH₂–COOH + H₂O ⟶ H₃O⁺ + NH₃⁺–CH₂–CO₂⁻
NH₃⁺–CH₂–CO₂⁻ + H₂O ⟶ H₃O⁺ + NH₂–CH₂–CO₂⁻

Die Säureform NH₃⁺–CH₂–COOH ist sowohl an der Amino- als auch an der Carboxyl­grup­pe protoniert. In der ersten Dissoziationsstufe wird das Carboyl-H abgegeben, und es entsteht das amphotere Zwitterion NH₃⁺–CH₂–CO₂⁻. In der zweiten Dis­so­zia­tions­stufe, die ziemlich schwach ist (etwa wie NH₄⁺) wird dann die Aminogruppe de­proto­niert, und es entsteht das Anion NH₂–CH₂–CO₂⁻.

Eine Lösung von Glycin in Wasser hat einen pH≈½(pK₁+pK₂)≈6, was ungefähr dem pH im Körper entspricht. Bei diesem pH-Wert ist die Pufferwirkung minimal, der pH wird also nicht stabilisiert:

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Die Graphik ist kompliziert. Auf der x-Achse ist der pH aufgetragen. Die linke y-Achse be­zieht sich auf die gelbe/orange Kurve und gibt die Pufferkapazität an (orange ist der An­teil, der nur vom Glycin kommt, die gelbe Kurve berücksichtigt auch noch an­de­re Io­nen bei eher extremen pH-Werten). Die schwarze Kurve zeigt, wieviel Base (oder wenn negativ, Säure) Du zugeben mußt, um den pH auf den gewünschten Wert zu ver­schie­ben (Ausgangspunkt ist das Kation). Die Hintergrundfarben geben die Zu­sam­men­setzung der Lösung an; rund um den Neutralpunkt dominiert das Zwitter­ion (violett).

Du siehst, daß die Pufferkapazität am höchsten rund um die beiden pKₐ-Werte ist (so wie das immer der Fall ist), aber im annähernd Neutralen puffert die Lösung gar nicht.

Bei anderen Aminosäuren kann das etwas anders aussehen, als Beispiel die Glut­amin­säure. Die hat zwei COOH-Gruppen und eine NH₂-Gruppe, also gibt es ins­gesamt drei Dissoztionsgleichgewichte und vier Spezies, in vier Farben (Monokation H₃Glu⁺ bis Di­anion Glu²⁻). Wegen der beiden sauren COOH-Gruppen mit pKₐ-Werten von 2.1 und 4.1 gibt es ein breites Puffergebiet im Sauren, aber wieder keine or­dent­li­che Puf­fer­wir­kung im Neutralen:

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Aber es gibt auch noch basische Aminosäuren. Lysin und Arginin bringen nichts (weil der pKₐ-Wert der Seitengruppe irgendwo jenseits von 10 liegt), aber Histidin hat die pKₐ-Werte 1.82, 6.0 und 9.17, das gibt einen Puffer im ungefähr Neutralen:

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Also ist Histidin die einzige Aminosäure, die bei pH-Werten, wie man sie typischer­weise in einer Zelle findet, als Puffer wirksam ist.

Nebenbei gesagt, ist an dieser Erkenntnis absolut nicht Besonderes. Alle Säuren puf­fern in der Nähe ihres pKₐ-Wertes, und die Aminosäuren haben als mehrwertige Säu­ren eben mehrere davon. Im Prinzip verhalten sie sich ganz gleich wie andere mehr­ba­si­ge Säu­ren, z.B. Oxalsäure oder Phosphorsäure bzw. deren Anionen.

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Am jeweiligen "isoelektrischen Punkt" dürften Aminosäuren am besten "puffern" - hier reagieren sie ja gleichstark auf Wassser als Säure und Wasser als Base.

Die Pufferwirkung ist am besten in den pH-Bereichen, die möglichst nahe bei den pKs-Werten der funktionellen Gruppen liegen.