Was ist heute links?
Was bedeutet eigentlich „links“? Man hört oft, dass „links“ für Migration, Geschlechterfreiheit oder sogar Klimadiktaturen steht – meist von Kritiker:innen der anderen politischen Seite.
Doch das scheint wenig Sinn zu ergeben: In der Sowjetunion beispielsweise gab es kaum Migration, der Umweltschutz spielte keine zentrale Rolle, und auch die Geschlechterfrage war kein großes Thema.
Im Kern ging es in linken Bewegungen immer um den Klassenkampf – um das Verhältnis von oben und unten, von Ausbeutung und sozialer Gerechtigkeit.
Aber was bedeutet „links“ heute?
Traditionell standen Linke für Arbeitsrechte, soziale Gleichheit und Fortschritt, während Konservative das Alte bewahren wollten.
Wie genau definiert sich die politische Linke in unserer Zeit? Hat sich ihr Fokus verschoben, oder sind die ursprünglichen Ziele noch immer aktuell?
6 Antworten
Im Kern ging es in linken Bewegungen immer um den Klassenkampf – um das Verhältnis von oben und unten, von Ausbeutung und sozialer Gerechtigkeit.
Traditionell standen Linke für Arbeitsrechte, soziale Gleichheit und Fortschritt, während Konservative das Alte bewahren wollten.
Und so ist es auch heute. Nur, dass diese Themen unter anderem durch gesellschaftspolitische und ökologische Themen erweitert wurden.
Zum „konservativen“ Teil der Sozialen Gerechtigkeit kamen auch die Identitätspolitik und der Klimaschutz hinzu.
Der politisch linke Raum versteht sich vor allem als kollektiv und sozial gleich - in nahezu jedem politischen Bereich. Und da Themen wie die Geschlechterforschung, Rassismus und Klimawandel vor 40, 50 Jahren noch weniger erforscht und gesellschaftlich eher irrelevant waren, war dieser Teil über lange Zeit noch gar kein Thema in Politik und Gesellschaft.
Heute sind wir uns gesellschaftlicher Ungleichheiten eher bewusst, kennen uns besser mit Rassismus und Sexismus aus und wissen oben drauf, welchen wahnsinnigen Einfluss unser Konsumverhalten auf die Lebensqualität für alle Menschen auf dem Planeten hat. Wir wissen, dass unsere Ressourcen endlich sind und dem Klima ungemein schaden und wir wissen, dass genau dieses Konsumverhalten in Zukunft verheerende Folgen für unser aller Leben haben wird.
Von daher würde ich behaupten, dass links noch immer für die Arbeiterklasse steht - bloß durch soziologische und ökologische Themen erweitert wurde. Es ist aber in der Tat so, dass die politische Linke über die Jahrzehnte immer mehr zur akademischen Elite wurde und sich daher immer weiter von der arbeitenden Klasse entfernt hat.
Früher waren Arbeiter vor allem sozialdemokratisch. Heute würde ich einem großen Teil der Arbeiter unterstellen, dass sie vor allem nach rechts abgedriftet sind. Die meisten Arbeiter, mit denen ich zu tun habe, stehen entweder stark konservativ oder gar rechtsradikal. Linke Arbeiter habe ich bisher quasi kaum bis gar nicht kennengelernt.
Vollkommen richtig. Dennoch glaube ich, dass sich dieser ursprüngliche Konsens noch immer in linker Politik wiederfindet. Nur muss dieser wieder mehr in den Vordergrund rücken.
Es ist in der Tat so, dass die politische Linke zu stark in die Gesellschaftspolitik abgedriftet ist.
Kurz gesagt: Die eigentliche Linke existiert kaum noch...
Ich finde, dass sich die heutige Linke stark von der ursprünglichen Linken unterscheidet. Ein Beispiel ist das Thema Migration. Historisch betrachtet wurde Migration kaum erforscht, dabei ist sie eigentlich ein kapitalistisches Phänomen. In einem sozialistischen Staat spielt Migration kaum eine Rolle, da ein Fachkräftemangel in einer Planwirtschaft theoretisch nicht existiert. Sozialistische Staaten sind in dieser Hinsicht oft konservativ eingestellt: Sie setzen auf starke Abschottung und eine strikte Regulierung der Einreise.
Deshalb verstehe ich nicht, wie Migration überhaupt zu einem „linken“ Thema wurde. Das Leben in sozialistischen Staaten war nicht sonderlich vielfältig, und kulturelle Homogenität wurde oft als stabilisierend angesehen. In der Geschlechterforschung hat sich zwar einiges getan, aber die ursprüngliche Linke, die einst die sozialen Gegensätze zwischen „oben“ und „unten“ thematisiert hat, hat ihren Fokus stark verändert. Heute konzentrieren sich viele dieser Parteien fast ausschließlich auf den Klimaschutz.
Auch die Bezeichnung der Demokraten in den USA als „links“ führt zu einer Verwirrung der Begriffe. Für mich ist das eine Verwässerung dessen, was „links“ eigentlich bedeutet.
Die Arbeiter sind meiner Meinung nach nicht nach rechts abgedriftet. Früher standen sie klar auf der Seite der Linken. Heute jedoch hat sich die Politik der Linken in eine Richtung entwickelt, die kaum noch etwas mit den Interessen der Arbeiter zu tun hat. Dadurch fühlen sich die Arbeiter nicht mehr angemessen vertreten.
Sozialistische Staaten sind in dieser Hinsicht oft konservativ eingestellt: Sie setzen auf starke Abschottung und eine strikte Regulierung der Einreise.
Das ist mir nicht bekannt. In der Vergangenheit mag das hier und da so gewesen sein, doch halte ich es für anmaßend Länder wie die DDR oder Sowjetunion per se einen Sozialismus zu unterstellen. Aus kapitalistischer Perspektive mag man so argumentieren. Aus sozialistischer oder gar anarchischer Perspektive ist das aber blanker Unsinn. In der Tat sind diese Staaten aber stark homogen gewesen. Und klar ist, dass das Thema Migration in einer geschlossenen, homogenen Gesellschaft gar nicht groß werden kann. Schließlich findet kein Austausch statt. Da wir aber immer globaler und internationaler geworden sind, hat sich auch das verändert. Und das ist zum einen bedingt durch die gesellschaftliche Liberalisierung und zum anderen durch den Kapitalismus selbst, der uns zu einer globalen Marktwirtschaft gebracht und/oder mehr oder weniger gezwungen hat.
Ich weiß nicht, wie genau die Haltung alter Sozialisten oder Kommunisten zur Migration war. Ich weiß aber eben aus der heutigen gesellschaftlichen Perspektive, dass Migration per se nichts negatives ist und kulturell sowie sozial eher bereichert.
Und da wir in einem fortschreitenden Kapitalismus gefangen sind, lässt sich Massenmigration ohnehin nicht vermeiden, da wir durch unseren Konsum alles dafür tun, dass das immer belastender und katastrophaler wird.
aber die ursprüngliche Linke, die einst die sozialen Gegensätze zwischen „oben“ und „unten“ thematisiert hat, hat ihren Fokus stark verändert. Heute konzentrieren sich viele dieser Parteien fast ausschließlich auf den Klimaschutz.
Das mag sein. Das kann zum einen die von mir beschriebene Entfernung vom ursprünglichen Ideal sein. Dann träfe diese Kritik zu. Andererseits wissen wir aber heute eben auch, dass das Klima eines der wichtigsten Themen überhaupt ist und gar nicht erst unterscheidet zwischen „wer hat viel“ und „wer hat wenig“. Dem Klimawandel sind Klassenunterschiede egal. Deshalb kann ich schon verstehen, warum einige Menschen und Parteien dieses Thema als vorerst wichtiger empfinden. Schließlich können wir den Verfall der Erde nicht pausieren oder in der Zukunft angehen. Klar gilt das gleiche für Armut. Trotzdem sind die Konsequenzen des Klimas um ein Vielfaches unkontrollierbarer und gefährlicher. Unter Hunger sterben Millionen Menschen. Durch den Klimawandel werden allerdings ganze Erdteile und vielleicht irgendwann gar ganze Kontinente unbewohnbar.
Auch die Bezeichnung der Demokraten in den USA als „links“ führt zu einer Verwirrung der Begriffe. Für mich ist das eine Verwässerung dessen, was „links“ eigentlich bedeutet.
Da stimme ich zu 100% zu. Die US-Demokraten sind alles andere als links. Ein Bernie Sanders ist es. Aber sicher weder eine Kamala Harris, ein Barack Obama oder ein Joe Biden. Diese sind allesamt vielleicht gesellschaftspolitisch eher „links“, aber wirtschaftlich aller höchstens neoliberal.
Die Sowjetunion war zweifellos sozialistisch, zumindest in ihrer Ideologie und ihrem Anspruch. Unter Lenin erreichte der Sozialismus einen Höhepunkt, da er die Prinzipien der Klassenlosigkeit, der Verstaatlichung und der Arbeiterherrschaft konsequent umsetzen wollte. Doch bereits nach Lenin begann eine Abweichung von diesen Grundsätzen, und der Sozialismus wurde zunehmend durch Machtkämpfe und autoritäre Strukturen geprägt.
Das, was heute im Westen als „links“ verstanden wird, hat sich massiv von diesen ursprünglichen Idealen entfernt. Es handelt sich oft um eine Umdeutung des Begriffs, die kaum noch etwas mit Klassenkampf, Arbeiterrechten oder der Überwindung kapitalistischer Strukturen zu tun hat. Stattdessen wurden neue Themen wie Identitätspolitik oder kulturelle Diversität in den Vordergrund gestellt. Für viele stellt das eine Misshandlung des Begriffs „links“ dar, da die ursprüngliche Bedeutung von Solidarität und sozialer Gerechtigkeit dadurch verwässert wurde.
Das was sich verändert hat, ist welche Leute sich als links bezeichnen. Mittlerweile sind das ja häufig Personen, die (bewusst oder unbewusst) die Eliten verteidigen und die Bevölkerung bekämpfen. Das ist sicher kein Zufall. Man hat durch u.a. mediale Beeinflussung die politische Linke verkleinert und gezähmt. Aber generell hat man ja alles auf den Kopf gestellt. Links ist rechts, rechts ist links, Krieg ist Frieden, Frieden ist Krieg,...
Genau, alles wurde grundlegend verändert. Es wurden Parteien geschaffen, die kaum noch etwas mit Sozialismus, Klassenkampf oder Arbeiterrechten zu tun haben. Die eigentliche politische Linke wurde schon vor langer Zeit zerschlagen. Was heute von ihr übrig ist, existiert nur noch in den Köpfen der Menschen – jedoch unter einem völlig falschen Bild, das mit den ursprünglichen Zielen und Idealen nichts mehr gemein hat.
Es gibt keine Mitte mehr.
Ich wurde als Grüne-Wählerin kürzlich hier als Linksterroristin beschimpft. Dreimal darfst du raten, von wem.
Grüne wären nicht links, meiner Meinung nach. Es wäre eine Klimaschutz Partei, aber links ist für mich was anderes.
Vielen nennen die Demokraten in den USA links, meiner Meinung nach, sind die alle eher konservativ. Links ist dort keiner.
Grüne wären nicht links, meiner Meinung nach. Es wäre eine Klimaschutz Partei
Das ist nur Fassade. Ihre Kriegs- und Rüstungspolitik ist mit Klimaschutz unvereinbar.
Ich werfe mal einen Artikel aus dem Jahr 1963 in die Runde.
Autor war Gehard Stoltenberg, Historiker, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein und mehrfacher Bundesminister und stellvertretender Vorsitzender der CDU.
https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/archiv/526612/was-heisst-heute-eigentlich-links/
Zugegeben heute ist nicht 1963 aber es hat sich an dieser Einschätzung bis heute eigentlich wenig geändert.
Die Linke in D ist aktuell die Nachfolge der SED , mit Superstrar Wagenknecht dazu !
Teile der derzeitigen SPD trollt auch noch sozialistisch . Brandt /Schröder Linie .
Man muss nicht einwandererfreundlich, queer oder anderen modernen Idealen entsprechen, um links zu sein. Die heutige Linke ist von ihrem ursprünglichen Weg abgedriftet. Arbeiter müssen nicht unbedingt für Klimaschutz oder ähnliche Themen eintreten, um links zu sein. Das war nie der Kern der linken Ideologie. Ursprünglich ging es vor allem um die Vertretung der Arbeiterklasse, soziale Gerechtigkeit und die Überwindung von Klassenunterschieden – nicht um eine bestimmte kulturelle oder moralische Agenda.