Wärt Ihr gerne Jurist*in geworden und warum?

9 Antworten

Ja,einerseits wäre ich total fasziniert von der intellektuellen Herausforderung. Die Arbeit mit Gesetzen und die Analyse komplexer Fälle, um Gerechtigkeit zu finden, reizt mich sehr. Der Gedanke, mich für die Rechte anderer einzusetzen und vielleicht sogar einen kleinen Beitrag zu einer gerechteren Gesellschaft zu leisten, ist für mich sehr erfüllend.

Andererseits bin ich mir auch der hohen Verantwortung bewusst, die dieser Beruf mit sich bringt. Der Druck und die emotionalen Belastungen, wenn es um das Schicksal anderer Menschen geht, wären sicher eine große Herausforderung für mich.

Unterm Strich glaube ich, dass es ein sehr intensiver Beruf ist, der einen sowohl fordert als auch bereichert. Ich hätte die Chance, meine analytischen Fähigkeiten einzusetzen und gleichzeitig etwas Sinnvolles zu tun – das wäre es mir auf jeden Fall wert.


Bin es geworden, wollte es mehr oder weniger auch, weil ich Frieden und Gerechtigkeit liebe. Als Anwalt oder Staatsanwalt wäre ich aber fehl am Platz, weil ich nicht streitbar genug bin 🕊️.

Nein. Jura ist ein Lernfach und Recht nicht immer logisch, zudem oft genug Auslegungssache. Wie sagte ein Rechtsanwalt zu mir in einer Beratung: "Kommt drauf an an welchen Richter wir geraten, das kann so oder so ausgehen. Zu dem Fall gibt es die unterschiedlichste Rechtsprechung. Lassen Sie lieber die Finger von einem Prozess!"

Ich bin lieber Ingenieur geworden. Ich muss eigentlich nur die Grundlagen breitbandig sicher beherrschen Wenn ich darüber hinaus etwas nicht weiss, ich kann es herleiten oder ausrechnen. Das Ergebnis ist entweder richtig oder falsch. Einen Interpretationsspielraum "kann so oder so ausgehen" gibt es nicht

Mein Lieblingsbeispiel für schlampig gemachte Gesetze ist §242 BGB (treu und Glauben)

Der Paragraph besteht aus einer Zeile, die Kommentare und die Rechtsprechung dazu, mit teilweise widersprüchlichen Auslegungen, füllen Bände in juristischen Bibliotheken

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Nobodyrotz 
Beitragsersteller
 06.09.2025, 09:28

Bravo! Du hast es erfasst

Ich hätte es gekonnt, habe dann aber die Zusage für ein anspruchsvolleres NC-Fach bekommen, als es die ZVS noch gegeben hat. Finanziell wäre es sehr viel luktrativer gewesen, aber menschlich und intellektuell würde ich den Beruf heute wahrscheinlich hassen.


Segler94  06.09.2025, 10:01

Eine Ex-Freundin von mir ist Juristin. Sie ist nach dem zweiten Staatsexamen in einer Kanzlei gestartet, die sich auf "Familienrecht" spezialisiert hat, was in der Realität schmutzige Scheidungs- und Sorgerechtskriege meint.

Sie hat mir Fälle erzählt, wo Mandanten jedem anwältlichen Rat zu einer Kompromisslösung unzugänglich waren und sich lieber selber finanziell zu Grunde richten wollten, Hauptsache der/die Ex kriegt nichts

Nach wenigen Jahren war sie kurz vor der Depression, hat die Reissleine gezogen und gewechselt. Heute ist sie Syndikusanwältin bei einem Industriekonzern und beschäftigt sich mit Produkthaftungsrecht, was ihrer psychischen Gesundheit sehr viel besser bekommt.

Es war mal eine Überlegung, aber ich kann mir schwer vorstellen, die ganzen Gesetzestexte mit Kommentaren, die Urteile der Obergerichte und auch die etwas komplexe juristische Sprache zu verinnerlichen. Daher hab ich mich dagegen entschieden. Und es auch nicht bereut.