Trennt ihr generell Werk und Autor oder würdet ihr einen umstrittenen Autor unter bestimmten Umständen nicht mehr lesen?

6 Antworten

Ich lese Bücher die interessant klingen, wer der Autor ist, ist mir dabei vollkommen egal 🤷‍♀️

Woher ich das weiß:Hobby

Mohnbluete901  03.08.2025, 13:41

So ist es es bei mir auch.

Hauptsache der Inhalt der Bücher gefällt mir!

Wie ich festgestellt habe, ist das ein Thema, bei dem die Meinungen weit auseinandergehen.

Ich kann Werk und Autor trennen.

Ich sehe die Sache so: Leute, die Bücher, die sie potenziell interessieren und die ihnen beim Lesen potenziell Freude bereiten würden, nur deshalb nicht lesen, weil der/die Autor(in) irgendetwas gemacht oder eine Meinung hat, die sie nicht gutheißen, schaden sich doch am Ende selbst.
Dem Autor ist es auf gut Deutsch ѕcheіßegal, ob jemand die Bücher, die er (oder jemand anderes) im Regal stehen hat, liest oder nicht. Er hat ja keine Möglichkeit, das zu wissen.
Aber wenn ich nur deswegen, weil der Schriftsteller Scheіße gebaut hat, seine Bücher, die mir Lesespaß bereiten würden, nicht mehr lese, habe doch ich einen Nachteil davon.

Warum also sollte ich die Verfehlungen (welcher Art sie auch immer sein mögen) meinen Lesespaß trüben lassen?
Damit würde ich doch letztlich diesen Autor (indirekt) über mich und mein Leben bestimmen lassen, und warum sollte ich das tun?

Es gibt natürlich Leute, die Geschichten von bestimmten Autoren nicht mehr mit Freude lesen können.
Das ist natürlich bedauerlich (für sie). Aber das ist dann in erster Linie Einstellungssache.

Ein anderer Aspekt ist, ob man diese Autoren mit Käufen unterstützt.
Bei verstorbenen Zeitgenossen habe ich Null Skrupel, deren Bücher zu kaufen; sie haben davon ja eh nichts mehr.
Bei noch lebenden Schriftstellern, die ich absolut nicht unterstützen möchte, muss man halt schauen, ob man ihre Werke auf eine Art lesen kann, die sie am wenigsten unterstützt. Da wäre z.B. ein Gebrauchtkauf oder das Ausleihen eines schon gekauften Exemplars einer Neuerwerbung vorzuziehen.

Wie gesagt ist das am Ende eine persönliche Entscheidung.
Ich habe etliche Bücher von MZB, David & Leigh Eddings und Akif Pirinçci auf meinen Regalen und nur weil diese Damen und Herren abscheuliche Dinge getan haben (im Fall von MZB und den Eddings', die auch alle schon unter der Erde sind) oder widerliche politische und soziale Einstellungen haben (wie im Fall von Pirinçci), werde ich mich nicht davon abhalten lassen, deren Bücher zu lesen.

Interessanterweise denke ich, dass viele Leser, die Autoren jüngeren Semesters ächten, sich im Fall von klassischen Autoren praktisch so verhalten, wie ich.
Es mag noch Leute geben, die HPL aufgrund dessen Rassismus meiden, aber das sind wenige, aber es kann mir keiner erzählen, dass solche klassischen Größen wie Dickens, Goethe oder Schiller, ganz zu schweigen von Shakespeare, Chrétien de Troyes oder sogar Homer auch nur annähernd an moderne Befindlichkeiten heranlangen würden.
Vermutlich haben diese Herren viele Ansichten gehabt, die heute nicht mehr gesellschaftsfähig wären.


Quinnella 
Beitragsersteller
 01.08.2025, 20:50

Einige interessante Punkte. Wobei ich denke, dass man sich nicht unbedingt selbst schadet, wenn einem das Lesen des Autors ein schlechtes Gefühl vermitteln würde.

Bei dem Punkt mit den Käufen bin ich wiederum ganz bei dir. Ich würde im Zweifel zwar noch die Bücher lesen, die ich schon habe, aber den Autor bei Neuerscheinungen nicht mehr mit Käufen unterstützen. Wobei das nur gilt, wenn es etwas für mich wirklich schwerwiegendes ist, also nicht nur weil ich vielleicht eine vergleichsweise harmlose Meinung nicht teile oder so. Neulich gab es ja sogar einen Aufruhr gegen die Autorin Ali Hazelwood, weil sie gesagt hat, dass sie Gale aus den Tributen von Panem besser findet als Peeta, bei so was kann ich nur mit dem Kopf schütteln - es geht um eine fiktive Figur!

JensR77  02.08.2025, 12:39
@Quinnella
Wobei ich denke, dass man sich nicht unbedingt selbst schadet, wenn einem das Lesen des Autors ein schlechtes Gefühl vermitteln würde.

Wenn du das so verstanden hast, habe ich mich schlecht ausgedrückt.
Man kann es ja nicht unbedingt kontrollieren, dass man sich beim Lesen unwohl fühlt. (Vielleicht könnte man sich präventiv von jeglicher Info über den entsprechenden Autoren fernhalten, aber das ist dann ein bisschen ein anderes Thema.)
Wenn einem beim Lesen unwohl ist, dann ist das eben so.

Das mit dem "sich selbst schaden" habe ich so gemeint: Wenn es Bücher gibt, die einem eigentlich gefallen würden, die man dann aber aus Prinzip nicht liest, weil sie von Autor XYZ stammen, dann hat da niemand etwas davon. Aber man selbst beraubt sich einer guten Lektüre.

Ich sehe das momentan mit Neil Gaiman.
Da gibt es etliche, die sagen, jetzt können sie seine Bücher nicht mehr lesen. Oder andere, die sagen, dass sie Bücher von ihm toll fanden, diese nun aber nicht mehr empfehlen können (und so andere womöglich von derselben positiven Leseerfahrung fernhalten).

Ich finde es daher auch problematisch, wenn z.B. auf Reddit bei Buchempfehlungen von bestimmten Autoren manche Leute wie aus einem pavlovschen Reflex heraus einen Kommentar schreiben müssen, dass dieser Autor aber ein schlechter Mensch sei.
Ich habe es schon gesehen, dass dann manche Leute nachfragen, weil sie von den jeweiligen "Untaten" noch keine Kenntnis hatten und dann etwas in der Art von "oh, jetzt kann ich diese Bücher nicht mehr lesen" geschrieben haben.
Hätte man sie die Bücher einfach lesen lassen, hätte ihnen die Lektüre vermutlich Freude bereitet, aber aufgrund dieser Kommentare hat man ihnen dann den Spaß verdorben.

Was deinen zweiten Punkt betrifft, stimme ich dir vollkommen zu.
Ich finde, dass manche Leute es echt übertreiben.
Das mit Ali Hazelwood wusste ich nicht, das ist ja komplett hirnverbrannt.

Ich werde die Romane von J.K. Rowling auch weiterhin lesen.

Manchmal ist das Werk tatsächlich weit von dem entfernt, wie man einen Autor in der Realität wahrnimmt.

Man könnte bei manchen sogar meinen, dass die Bücher von einem "besseren" Selbst geschrieben wurden. Das macht vielleicht die Kunst aus.
In einem solchen Fall würde ich die Bücher durchaus lesen.

Wenn ich aber die, in meinen Augen, negative Denkweise darin wiederfinden würde, dann nicht.

Wenn das Ausmaß nicht zu extrem ist, sind beide Seiten getrennte Welten für mich. Ein extremes Ausmaß wäre für mich z. B., wenn der Autor Dinge unterstützt, die die Fortschritte auf der Welt völlig in die falsche Richtung lenken. Das Geld, dass ich dafür ausgebe, wäre mir dann zu schade.

MfG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Buchautor

Quinnella 
Beitragsersteller
 01.08.2025, 19:34

Sehe ich ähnlich. Wenn ich wüsste, dass der Autor Dinge unterstützt, die meinen Werten diametral entgegenstehen, würde ich nicht wollen, dass er an mir verdient und nichts mehr von ihm kaufen.