Eltern verpulvern Familienvermögen
Guten Morgen zusammen,
ich wende mich heute an euch, weil ich mit einer Situation in unserer Familie nicht mehr weiterweiß und gerne einen externen Blick darauf hätte.
Wir stehen aktuell vor einem echten Dilemma: Meine Eltern – klassische Vertreter der Babyboomer-Generation – scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, das über Generationen aufgebaute Familienvermögen Schritt für Schritt aufzulösen. Und ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wie ich damit umgehen soll.
Zur Ausgangslage: Wir sind drei Geschwister mit insgesamt acht Kindern. Unsere Großeltern sind alle sehr alt geworden – weit über 95 – und haben einen Großteil ihres Vermögens in die Pflege gesteckt. Trotzdem blieb einiges übrig.
Auf der väterlichen Seite gab es mehrere Eigentumswohnungen und zwei Häuser in guten Lagen – eines wurde bis zuletzt selbst bewohnt, das andere war vermietet. Die mütterliche Linie stammt aus einer alten Bauernfamilie mit viel Grundbesitz, Hof, Äckern und Wald, teils noch verpachtet, teils verkauft. Auch durch die Betriebsauflösung kam noch Kapital hinzu.
Nun haben meine Eltern beschlossen, in ihrer Rente nach und nach alles zu verkaufen und das Geld für – aus unserer Sicht – sehr fragwürdige Dinge auszugeben. Ihre Begründung: Sie wollen ihr Leben jetzt genießen, solange sie es noch können. Grundsätzlich gönne ich ihnen das von Herzen – mein Vater hat viel gearbeitet, meine Mutter hat uns drei großgezogen (was sicher auch anstrengend war). Aber muss dafür wirklich das ganze familiäre Erbe aufgegeben werden?
Zuletzt wurden zwei Baugrundstücke verkauft. Mit dem Erlös wurden unter anderem mehrere teure Autos und ein Wohnmobil angeschafft – letzteres wird kaum genutzt, da sie lieber in ihren eigenen Betten schlafen. Außerdem haben sie eine aus unserer Sicht völlig überteuerte 50 m²-Wohnung in einer teuren Gegend gekauft – sie wollen „vielleicht mal hinziehen“, aktuell steht sie leer.
Zusätzlich hat mein Vater sich einen absurd teuren „Bunker“ bzw. Panikraum in den Garten bauen lassen. Ständig werden neue technische Geräte angeschafft – iPads („der Speicher ist voll“), Macs, Fernseher, Spielkonsolen, Schmuck – man verliert den Überblick. Die Autos werden aufbereitet, versiegelt und foliert, obwohl sie kaum gefahren werden. Und meine Mutter zahlt 350 € pro Stunde für Lebensberatung und kauft „energetische Heilgeräte“.
Mein Bruder und ich sind finanziell unabhängig und nicht auf das Geld angewiesen. Unsere Schwester – nach einer Scheidung mit Unterhalt – lebt finanziell nicht ganz so stabil, pflegt aber dennoch einen gehobenen Lebensstil.
Ich weiß, das alles klingt nach Luxusproblemen. Und theoretisch könnte es mir auch egal sein. Aber es schmerzt zu sehen, wie Dinge verloren gehen, die Generationen vor uns mit viel Mühe aufgebaut haben.
Der Satz „Der Hof ist ja sowieso kaum was wert“ war für mich besonders hart. Ich habe dort als Kind viel Zeit mit meinen Großeltern verbracht, Spargel gestochen, Traktor gefahren. Ich verbinde sehr viel damit – und hätte den Hof auch gerne zum Marktpreis gekauft. Doch das wurde abgelehnt: „In der Familie macht man sowas nicht.“
Wir haben versucht, sachlich zu argumentieren – in unsicheren Zeiten sei es klug, etwas zu behalten. Wir haben es emotional versucht – die Enkelkinder könnten irgendwann etwas damit anfangen. Wir haben sogar angeboten, Flächen oder Immobilien abzukaufen – wurde alles abgelehnt. Stattdessen hören wir Sätze wie: „Dann muss halt der Wald auch noch weg, der bringt ja nix.“
Und ja, ich weiß, wir sind privilegiert. Vielleicht wird auch noch etwas übrig bleiben. Vielleicht auch nicht, wenn es so weitergeht. Aber wir suchen einfach einen Weg, wie wir zumindest einen Teil der Familientradition bewahren können – sei es ideell oder materiell.
Habt ihr Ideen, wie man Eltern in so einer Situation noch erreichen kann?
12 Antworten
Also deine Eltern haben formal jedes Recht, ihr Vermögen nach ihrem Gusto auszugeben. Würde Gespräche mit ihnen nie mit Kritik beginnen sondern eher Gefühle beschreiben, zB dass es dich traurig macht, anstatt Vorwürfe.
Vielleicht lassen sich deine Eltern nicht mit Argumenten über „Werterhalt“ oder „Sicherheit“ erreichen. Aber ggf sind sie offener, wenn man Tradition, Geschichte, Familie und Erinnerung betont.
Ich würde meinen Eltern dieses Leben gönnen.
Das klingt schon bei dir nach warten aufs Erbe. Wie und ob deine Eltern ihr Geld ausgeben,geht dich nichts an.
Um es mal ganz klar zu sagen: deine Eltern haben das von ihren Eltern geerbt und können damit machen, was sie wollen. Sie können und dürfen es komplett für aus deiner Sicht sinnlose Dinge ausgeben. Es ist ihr Geld und ihr Leben. Sie sind erwachsene Menschen.
eine echt blöde Situation, aber da eure Eltern das Geld geerbt haben ist es ihr Besitz und sie können damit machen was sie wollen.
Ironischerweise wird bei vielen Familien, die vermögend sind, nicht viel über Geld gesprochen, bzw. wie man das Geld vermehrt, für sich arbeiten lässt, klug investiert etc. Da kommt es in der Situation, wo es zum "Geldsegen" kommt, zum reinen verprassen. Immobilien, die niemand bewohnt und teure Autos, die sofort Wertverlust haben, teure Elektronik, die sofort veraltet etc. :/
Hallo,
ich kann dich sehr gut verstehen. Natürlich gibt es juristisch keine Möglichkeit, da etwas zu machen. Und menschlich habt ihr ja schon fast alles versucht, oder?
Mir fiele da noch eine Mediation ein. Dass ihr euch also alle trefft – Eltern und erwachsene Kinder – und ein Mediator/Mediatorin versucht, die unterschiedlichen Standpunkte zusammenzubringen. Das kann sehr hilfreich sein, weil das Ganze dann sachlich bleibt und kein Streit entsteht. Man kann sich gegenseitig besser zuhören, wenn jemand Außenstehendes Ruhe hineinbringt, als wenn man als Verwandte immer im eigenen Saft und denselben Vorwürfen und Rechtfertigungen kocht.
Aber dafür müssten deine Eltern (und auch deine Geschwister) natürlich zu einem oder mehreren solcher Termine bereit sein und auch kommen. Vielleicht gibt es einen unter euch Geschwistern, der mit den Eltern besonders gut kann. Sie oder er könnte die Eltern von einer Vermittlung überzeugen. Das klappt natürlich nur, wenn eure Eltern beim Vorschlagen einer Mediation keine unterschwelligen Vorwürfe mithören nach dem Motto: Da kommt jemand, der euch zur Vernunft bringen soll. Dann werden sie abblocken.
Sagt den Eltern stattdessen, dass ihr sie liebhabt. Dass es aber, wie sie ja wissen, Dinge gibt, die euch Kindern Sorgen machen. Und dass ihr darüber gern mithilfe einer neutralen Person (das Neutrale sehr betonen, sonst denken sie, sie sollen übervorteilt werden) besprechen möchtet.
Generell muss man sagen, dass es natürlich schön ist, wenn Eltern an die nächste Generation denken. Dass Eltern aber auch das Recht haben, weniger zu hinterlassen und viel für sich selbst auszugeben. Was angesammelt wurde, muss nicht unangetastet weitergereicht werden. Jede Generation entscheidet neu, was damit geschehen soll.
Ich würde das mit der Mediation ruhig mehrere Male vorschlagen, auch wenn deine Eltern beim ersten Mal sofort blocken. Manchmal muss man sich an neue Gedanken und Ideen erstmal gewöhnen, also ruhig am Ball bleiben. Familienmediatoren (oft in psychologischer Praxis) mit guten Bewertungen und Erfahrung findet man über Google.
Ich wünsche euch, dass beide Seiten am Ende halbwegs zufrieden sind. Die Eltern, weil sie in vollen Zügen leben können, und ihr, weil doch noch einiges übrig bleibt.
LG
Mediation? Weil Leute mit ihrem Geld machen können, was sie wollen? Sinnfrei ...