Redoxreaktion von K3[Fe(CN)6]?
Hallo,
ich soll die Reaktion von K3[Fe(CN)6] mit O2 zu K2CO3, Fe3O4, CO2 und N2 ausgleichen. Aber ich schaffe es einfach nicht, weil mich zum einen irritiert, dass C und N oxidiert, C auf der Produkt Seite in 2 Summenformeln vorhanden ist und Fe auf der Produktseite als Fe3O4 vorhanden ist und somit Fe 3+ und Fe2+ enthält...
Wäre schön, wenn mir jemand das erklären könnte...
1 Antwort
Ich weiß zwar nicht, ob diese Reaktion funktioniert, aber eine Gleichung kann man dafür schon aufschreiben.
Als erstes die Reduktion, es soll O₂ reduziert werden. Da unter anderem Carbonat rauskommen soll, nehme ich basische Reaktionsbedingungen an. Da sich die Oxidationszahl des O von 0 auf −II ändert, werden zwei Elektronen pro O-Atom umgesetzt.
O₂ + 2 H₂O + 4 e⁻ ⟶ 4 OH⁻
Nun zur Oxidation. Unsere Ausgangssubstanz ist (mit Oxidationszahlen angeschrieben) das Ion [Fe⁺ᴵᴵᴵ(C⁺ᴵᴵN⁻ᴵᴵᴵ)₆], die Produkte sind C⁺ᴵⱽO₂, N⁰₂ und Fe₃O₄, das ist ein Oxid mit gemischter Oxidationszahl, man kann es auch als Fe⁺ᴵᴵᴵ₂O₃ ⋅ Fe⁺ᴵᴵO anschreiben. Wir müssen das Edukt mindestens dreimal einsetzen, wei wir ja drei Fe-Atome fürs Fe₃O₄ brauchen. Das Carbonat ignoriere ich mal fürs erste, weil das C darin auch +IV hat und daher mit dem Kohlendioxid äquivalent ist.
3 [Fe(CN)₆]³⁻ ⟶ Fe₃O₄ + 18 CO₂ + 9 N₂
Die Gleichung braucht noch viel Arbeit. Sie ist bezüglich der Atome Fe, C und N ausgeglichen, aber es fehlen noch der Ladungs- und der O-Ausgleich. Bezüglich der Ladungen sehen wir uns die Oxidationsstufen an: Kohlenstoff (+II→+IV) gibt zwei Elektronen ab (mach insgesamt 36 Elektronen), Stickstoff (−III→0) gibt drei ab (macht 54) und ein einziges Eisenatom nimmt ein Elektron auf (+III→+II), macht also insgesamt 89 Elektronen.
3 [Fe(CN)₆]³⁻ ⟶ Fe₃O₄ + 18 CO₂ + 9 N₂ + 89 e⁻
Jetzt kommt der Sauerstoff dran. Rechts haben wir 40 O-Atome zu viel, die gleichen wir links mit doppelt soviel OH⁻ aus, je zwei davon geben dann ein H₂O und ein O-Atom in die Bilanz
3 [Fe(CN)₆]³⁻ + 80 OH⁻ ⟶ Fe₃O₄ + 18 CO₂ + 9 N₂ + 40 H₂O + 89 e⁻
Wenn wir alles richtig gemacht haben, muß es jetzt stimmen: Links und rechts haben wir je 3 Fe, 18 C, 18 N, 80 O, 80 H und 89 negative Ladungen. Paßt also.
Es verbleibt noch, die Oxidation und die Reduktion zusammenzubasteln. Dazu multiplizieren wir die Oxidation mit 4 und die Reduktion mit 89, damit sich die dann 356 Elektronen ordentlich wegheben (spätestens jetzt ist der Punkt gekommen, an dem mit Kopfrechnen nichts mehr läuft):
12 [Fe(C12)₆]³⁻ + 320 OH⁻ ⟶ 4 Fe₃O₄ + 72 CO₂ + 36 N₂ + 160 H₂O + 356 e⁻
89 O₂ + 178 H₂O + 356 e⁻ ⟶ 356 OH⁻
——————————————————————————————————————————
12 [Fe(C12)₆]³⁻ +89 O₂ + 320 OH⁻ + 178 H₂O ⟶ 4 Fe₃O₄ + 72 CO₂ + 36 N₂ + 356 OH⁻ + 160 H₂O
Immerhin kürzen sich ein paar H₂O und OH⁻ heraus
12 [Fe(CN)₆]³⁻ + 89 O₂ + 18 H₂O ⟶ 4 Fe₃O₄ + 72 CO₂ + 36 N₂ + 36 OH⁻
und da laut Angabe Carbonat entstehen soll, lassen wir auf der rechten Seite ein paar der CO₂-Moleküle mit allen verfügbaren OH⁻ zu Carbonat reagiren, nach der Gleichung CO₂ + 2 OH⁻ ⟶ CO₃²⁻ + H₂O entstehen aus den 36 OH⁻ dabei 18 H₂O-Moleküle, die sich freundlicherweise mit dem Wasser links genau wegheben
12 [Fe(CN)₆]³⁻ + 89 O₂ ⟶ 4 Fe₃O₄ + 54 CO₂ + 18 CO₃²⁻ + 36 N₂
Und natürlich können wir die nutzlosen 36 K⁺-Ionen noch dazuschreiben
12 K₃[Fe(CN)₆] + 89 O₂ ⟶ 4 Fe₃O₄ + 54 CO₂ + 18 K₂CO₃ + 36 N₂
Nach so viel Herumgerechne empfiehlt es sich, am Ende nochmals schön Atomsorten und Ladungen zu checken. Wenn alles paßt, dann paßt die Gleichung.
Im Nachhinein wäre es schlauer gewesen, nicht bereits die Halbgleichungen auszubilanzieren, sondern die rohen Halbgleichungen zu addieren und die große Bilanziererei auf die Endgleichung zu verlagern, dann hätte ich mir das ganze Gemurxe mit OH⁻ und H₂O ersparen können. Aber nachher ist leicht schlau sein, die wirklich Großen Geister™ wären das schon vorher gewesen.
Das wäre grundsätzlich auch denkbar, aber Oxid-Ionen O²⁻ sind sehr basisch, und in wäßriger Lösung gänzlich unmöglich. Da ich zuerst angenommen hatte, die Reaktion würde in alkalischer Lösung ablaufen, war die Wahl von OH⁻ als Reduktionsprodukt naheliegend.
Im Endeffekt war diese Annahme falsch, und die OH⁻ sind sowieso rausgefallen. Wenn man das mit Oxid durchspielt, würde dasselbe rauskommen, weil es ebenfalls mit CO₂ zu CO₃²⁻ reagieren würde. Die Bildung von K₂O wäre ja völlig unrealistisch, wenn das saure CO₂ in der Nähe ist. Für den Redoxcharakter der Reaktion macht es keinen Unterschied, weil Hydroxid und Oxid beide O⁻ᴵᴵ enthalten und daher denselben Elektronenumsatz aus O₂ benötigen.
Erstmal vielen Dank für diese Ausführliche Antwort! Ich hab jetzt nur noch ein dumme Frage und zwar, warum wird bei der Reduktion der O2 zu 4 OH- und nicht nur zu 2 O^2-?